"Krone"-Interview

Haben Sie Rachegefühle, Herr Hirzer?

Tierecke
24.05.2014 16:00
Dackel "Trux" ist tot. Zwei Burschen haben den kleinen Hund nach einem Disco-Besuch bespuckt, getreten, mit einer Axt erschlagen und anschließend in den Straßengraben geworfen. Im Interview mit Conny Bischofberger sprechen Walter und Josefa Hirzer über eine Tat, die sehr, sehr wütend macht.

Wilfersdorf, 25 Minuten östlich von Graz. Sein schmuckes Haus steht auf einer Anhöhe am Waldesrand. "Da drüben liegt er!" Walter Hirzer führt uns zu einer Stelle im Garten, über die noch kein Gras gewachsen ist. Hier ist, zwischen zwei Jasminsträuchen, sein Dackel begraben. Oder das, was von ihm übrig gebieben ist. "Dass es so etwas Schiaches geben kann...", murmelt der 75-jährige pensionierte Postbeamte, Imker und Jäger.

Drinnen in der Stube, mit vielen Rehbock-Trophäen, einem Dachsfell und Fuchsschwänzen an der Wand, hat seine Frau Josefine eine Thermoskanne mit Kaffee auf den Tisch gestellt. Gemeinsam sind sie 151 Jahre alt. "Nächstes Jahr feiern wir Goldene Hochzeit, aber so etwas Böses ist uns das ganze Leben lang nicht passiert."

Der Dackelmord von Wilfersdorf: Es fällt Walter Hirzer noch immer schwer, darüber zu sprechen. Auch, weil zwei Bekannte seiner Enkelin Melanie Trux auf dem Gewissen haben. In sinnloser Wut und betrunkenem Zustand sollen die Burschen (16 und 18 Jahre alt) das Tier zu Tode gefoltert haben.

"Krone": Herr Hirzer, was ist am 22. März genau passiert?
Walter Hirzer: Die Melanie und ein Freund von ihr haben zwei Bekannten erlaubt, bei uns in der Mansarde zu übernachten. Die waren vorher aus in Graz. Um sechs bin ich aufgestanden und rufe den Hund. Er ist nicht da. Ich bin auch vor die Tür gegangen und hab' draußen gerufen. Fix noch amal, hab' ich zu meiner Frau gesagt, der Hund kann doch nicht verschwunden sein. Die Tür war ja abgesperrt.

"Krone": Haben Sie einen Verdacht geschöpft?
Hirzer: Ja, weil die zwei Burschen nur gegrinst haben, als ich wissen wollte, wo der Trux ist. Wahrscheinlich ist er fortgelaufen, haben sie gesagt und gelacht. Der wird schon wieder kommen! Die Melanie hat bestätigt, dass der Hund in seinem Körberl gelegen ist, als sie schlafen gegangen sind. Deswegen habe ich Alarm geschlagen bei der Polizei und beim Tierschutz. Am nächsten Tag ist uns aufgefallen, dass die Hacke im Keller weg ist.

"Krone": Wie sind Sie draufgekommen, was mit Ihrem Dackel passiert ist?
Hirzer: Die zwei Burschen haben herumerzählt, dass der Hund dort unten in der Kurve liegt, im Straßengraben. Melanies Bekannter hat dann nachgeschaut und ihn am Abend nach Hause gebracht.

"Krone": Was war das für ein Moment?
Hirzer: Das war ganz schiach, den toten Hund zu sehen. Ich hab' sofort gemerkt, dass da etwas nicht stimmt. Er hatte mehrere Schnittwunden am Hals. Da ist uns natürlich sofort die Hacke eingefallen. Aber zugegeben haben die zwei Burschen es erst letzten Sonntag. Sie müssen ihn traktiert haben, die Kellerstiege runtergehaut, getreten, angeblich haben sie ihn auch angespuckt. Er muss geweint haben, aber wir haben es leider nicht gehört. Danach haben sie ihn über den Zaun geschmissen, da muss er noch gelebt haben. Und schließlich mit der Axt erschlagen. Was der Hund für Schmerzen gehabt haben muss... Es ist unausstehlich. Ich hätte ihm so gern geholfen.

"Krone": Warum? Quält Sie diese Frage?
Hirzer: Ja, sicher. Er war ja ein ganz freundliches Viecherl, das war vielleicht sein Problem. Er war auch noch jung und hat nie eine schlechte Erfahrung gemacht. Warum machen Menschen so was? Ich glaube, die haben meinen Hund aus Lust getötet, sie waren rauschig, aus purer Lust. Das müssen Sadisten gewesen sein. Jemand hat gesagt: Das sind die Massenmörder der Zukunft. Wenn man vor dem Töten eines Tieres nicht zurückschreckt, dann ist es zum Menschen nimmer so weit.

"Krone": Haben Sie mittlerweile mit den beiden Kontakt gehabt?
Hirzer: Mit denen möchte ich nichts mehr zu tun haben. Nein, es hat keinen Kontakt gegeben. Den wird's wahrscheinlich erst geben, wenn sie erfahren, wie viel so ein Hund wert ist. Trux vom Lindnergrund, mein Dackel war ein Rassehund. 750 Euro kostet so ein Exemplar.

"Krone": Haben Sie Rachegefühle?
Hirzer: Ich glaube, ich hätt's zerschmissen, die Buben, wenn ich sie noch einmal getroffen hätte. Ich kenne ja ihre Namen, aber ich darf sie nicht sagen. Da heißt es immer, es gilt die Unschuldsvermutung. Am Ende mach' ICH mich noch strafbar...

"Krone": Kann Ihnen Ihre Enkeltochter noch in die Augen schauen?
Hirzer: Die Melanie kann nichts dafür. Wer denkt schon an so was! Sie wusste auch nicht, dass der eine Bursche schon vorbestraft war. Man kann in Menschen nicht hineinschauen.

"Krone": Was ist größer, die Trauer oder die Wut?
Hirzer: Es ist immer beides da. Meine Frau und ich, wir haben tagelang um das Viecherl geweint. Und nächtelang nicht geschlafen. Er ist ja ein Familienmitglied, er hat ja alles verstanden, was man zu ihm gesagt hat. Er war auch so feinfühlig und herzig, hat sogar mit uns gefrühstückt. Von meiner Frau hat er immer ein Stückerl Butterbrot bekommen... Das hat er gern gehabt.

"Krone": Wer hat Sie getröstet?
Hirzer: Ganz viele Leute. Vor allem Dackelbesitzer. Eine Frau hat angerufen und gemeint, sie will mir einen Dackel schenken. Auch die Polizei war sehr nett. 90 Prozent der Jugendlichen sind in Ordnung, haben sie gemeint, und zehn Prozent sind leider gewaltbereit.

"Krone": Was soll den mutmaßlichen Tätern passieren?
Hirzer: Sie sollen eine gerechte Strafe kriegen. Laut österreichischem Gesetz ist ja das Tier eine Sache. Aber auf Quälerei, hat mir die Polizei gesagt, kann es schon Gefängnis geben. Ich werde jedenfalls beim Prozess dabei sein. Und es genießen, wenn die Zwei ihre gerechte Strafe kassieren.

"Krone": Wenn Sie sich jetzt etwas wünschen könnten, was wäre es?
Hirzer: Den Trux möchte ich zurückhaben. Hier auf dem Schoß, da ist er immer gelegen und ich hab' ihn gestreichelt. Nach einem Bandscheibenvorfall konnte ich mich nicht mehr runterbücken zu ihm, und das hat er ausgenützt.

"Krone": Werden Sie sich denn wieder einen Dackel zulegen oder muss man eine Zeit lang trauern?
Hirzer: Nein, im Gegenteil. Man muss so schnell wie möglich wieder einen Hund finden. Ich habe herumtelefoniert in ganz Österreich und Deutschland und bin fündig geworden. Es wird wieder ein Rauhaardackel, er ist schon auf der Welt. Und er wird im selben Körberl schlafen wie unser verstorbener Trux. Ich kann's kaum derwarten. Obwohl mich der Gedanke beschäftigt, dass mich das Viecherl überlebt und dann arm ist. Ich werde mit der Züchterin reden. Ich möchte die Sicherheit haben, dass er in gute Hände kommt, sollte ich einmal nicht mehr da sein.

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