EU-Wasserregelung

Große Sorge um Ausverkauf vom “weißen Gold”

Wirtschaft
24.01.2013 18:22
Eine umstrittene EU-Konzessionsrichtlinie, in der Kritiker einen Versuch zur Privatisierung der Wasserversorgung über die Hintertüre sehen, hat im Europaparlament eine wichtige Hürde genommen. Im Binnenmarktausschuss stimmten am Donnerstag 28 von 40 Abgeordneten für den Vorschlag der EU-Kommission. In Österreich reagierten SPÖ und sämtliche Oppositionsparteien zutiefst empört und wollen nun in seltener Einhelligkeit das heimische "weiße Gold" vor der Union schützen.

Im EU-Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz fand sich eine deutliche Mehrheit für den Vorschlag der EU-Kommission: 28 Mandatare stimmten dafür, zehn dagegen, zwei enthielten sich. Über die Richtlinie entscheiden die EU-Staaten und das Europaparlament, Letzteres soll bereits im März darüber abstimmen.

Kritiker sehen in dem Entwurf einen Versuch der Kommission, die kommunale Wasserversorgung für private Konzerne zu öffnen. Vor allem in Deutschland und Österreich hat der Vorschlag für Aufsehen gesorgt. In dem Richtlinienentwurf aus dem Jahr 2011 wird eine Marktöffnung ausdrücklich angestrebt, aber keine Zwangsprivatisierung der Wasserressourcen vorgeschlagen.

Abstimmung in der Infobox: Fürchtest du den Ausverkauf unseres Wassers?

Kommissar: "Bewusste Fehlinterpretation der Richtlinie"
Die EU-Kommission wies Kritik zurück, wonach sie eine Privatisierung der Wasserversorgung in der Union anstrebe. Dies sei "eine bewusste Fehlinterpretation der Richtlinie", erklärte Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Donnerstag. "Der Richtlinienvorschlag beeinträchtigt in keiner Weise die Autonomie der Gebietskörperschaften bei der Organisation der Wasserversorgung. Er enthält keine Verpflichtung zur Vergabe dieser Leistungen am Markt. In Wirklichkeit tut die Richtlinie genau das Gegenteil: Sie verpflichtet Gebietskörperschaften, ein faires und transparentes Verfahren durchzuführen, wenn sie im Rahmen ihrer Autonomie die Entscheidung getroffen haben, die Wasserversorgung am Markt zu vergeben oder zu privatisieren", so Barnier.

Empörung bei SPÖ, FPÖ, Grünen, BZÖ und Team Stronach
Trotz der Einwände von Barnier laufen in Österreich sowohl SPÖ als auch die Oppositionsparteien Sturm gegen die vermeintlichen Pläne zur Wasser-Privatisierung. Der SP-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer wies Barniers Aussagen zurück, wonach die Richtlinie bewusst fehlinterpretiert werde. "Es stimmt, dass die Richtlinie zu keiner automatischen Privatisierungspflicht für öffentliche Dienstleistungen führt", so Weidenholzer. Aber "als Konsequenz einer Konzessionenrichtlinie müssten Gemeinden und Städte europaweit ausschreiben - zum Vorteil privater Konzerne, aber zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger". Außerdem sei es ein "Mythos", dass die Richtlinie zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit führe.

SPÖ: EU versucht den Markt über die Hintertür zu öffnen
"Konservative Kräfte in der EU-Kommission und im Europäischen Parlament versuchen, einen Hunderte Milliarden Euro großen Markt für private Konzerne über die Hintertür zu öffnen", kritisierte Weidenholzer. Demnach sollen ab einem Vertragsvolumen von mehr als fünf Millionen Euro Gemeinden dazu verpflichtet sein, ihre Wasserversorgung gegenüber allen europäischen Konzernen verpflichtend auszuschreiben. Die Sozialdemokraten würden dies ablehnen.

FPÖ: Global agierende Großunternehmen als Gewinner
FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache befürchtet, dass bei EU-weiten Ausschreibungen von Versorgungskonzessionen global agierende Großunternehmen die kommunalen Versorger mit Dumpingpreisen ausbooten könnten. Auch der freiheitliche EU-Mandatar Franz Obermayr erklärte: "Hier übt die Kommission durch die Hintertüre einen enormen Privatisierungsdruck in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge, wie der Wasserversorgung, auf die Kommunen aus." Die Gewinner dabei wären global agierende Großkonzerne.

Grüne: EU-Kommissar erhöht Druck zur Privatisierung
Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig räumte ein, die geplante Richtlinie zwinge zwar niemanden zur Privatisierung der Wasserversorgung, sie dränge aber viele Kommunen dazu, ihre Wasserkonzessionen künftig europaweit auszuschreiben. Die grüne Europasprecherin und Abgeordnete Ulrike Lunacek kritisierte: "Der verbissene Kampf von Barnier um die Konzessionsrichtlinie macht nur dann Sinn, wenn er entgegen seinen Behauptungen den Wassermarkt öffnen und den Druck zur Privatisierung vor allem des Wassers erhöhen will."

BZÖ fürchtet deutliche Preiserhöhungen für Konsumenten
Das BZÖ warnte eindringlich vor der "Begehrlichkeit von Konzernen", sich auf Österreichs "weißes Gold" zu stürzen. "Eine Liberalisierung der Trinkwasserversorgung darf es nicht geben", forderte Bündnisöbmann Josef Bucher. Die Folgen wären "unumkehrbar" und würden deutliche Preiserhöhungen für die Konsumenten bringen. Die Tragweite der Pläne der EU-Kommission seien "nicht zu unterschätzen", viele österreichische Gemeinden wären betroffen. Das BZÖ möchte das Thema auch in der Nationalratssitzung kommende Woche aufs Tapet bringen. Ziel sei ein "hoffentlich einstimmiger" Entschließungsantrag gegen jegliche Privatisierungspläne.

Team Stronach: "Österreichs Wasser ist für die EU tabu"
Auch das Team Stronach misstraut der EU-Kommission und schlägt kämpferische Töne an: "Es reicht mit der Überreglementierung der EU", erklärte Klubobmann Robert Lugar. "Österreichs Wasser ist für die EU tabu."

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele