Beweise gefälscht

“Graf Ali” kommt mit zwei Monaten bedingt davon

Österreich
17.01.2013 13:00
Alfons Mensdorff-Pouilly ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht vom Vorwurf der Geldwäsche freigesprochen worden. Richter Stefan Apostol sah es nicht als erwiesen an, dass der "Graf" vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems 12,6 Millionen Euro zu Bestechungszwecken erhalten und die Gelder dazu eingesetzt hatte, um Beschaffungsvorgänge in Zentral- und Osteuropa zugunsten des Konzerns zu beeinflussen. Immerhin wegen Beweismittelfälschung erhielt Mensdorff zwei Monate bedingt. Der Staatsanwalt meldete Berufung an, das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.

Nach Verlesungen aus dem Akt und den Schlussvorträgen von Staatsanwalt und Verteidigern vor dem überschaubaren Publikum - der Große Schwurgerichtssaal war spärlich besetzt, die Zuhörer setzten sich im Wesentlichen aus Medienvertretern zusammen - meinte Richter Apostol: "Die Sache stinkt, sie stinkt sehr, aber sie stinkt nicht genug."

Mensdorff hatten bis zu fünf Jahre Haft gedroht. Auch der mitangeklagte Kurt D., Geschäftspartner des "Grafen", wurde von der ihm angelasteten Geldwäsche freigesprochen.

Richter: "Ein mehr als unbefriedigendes Ergebnis"
Wer diesen Prozess aufmerksam beobachtet habe, werde vom Urteil nicht sonderlich überrascht sein, so Apostol. Es habe nicht ausreichend Beweise gegeben, um eine Schuld festzumachen. Der Richter nannte den Verfahrensausgang "ein mehr als unbefriedigendes Ergebnis" und sprach von "moralisch bedenklichen Geschäftspraktiken". Das Verfahren habe einen "special smell, den Sie nicht loswerden werden", bemerkte Apostol in Anspielung auf den Lobbyisten-Prozess gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser in Richtung Mensdorff. Der Freispruch sei "kein Persilschein".

Auch wenn angesichts dessen, dass Hunderttausende Euro in Briefkuverts verschoben wurden, etwas möglich und vielleicht wahrscheinlich erscheine, gehe es in einem Strafverfahren darum, eine Schuld festzumachen. Dies sei aber aufgrund der Faktenlage nicht möglich gewesen. Die – wenn auch nicht anklagegegenständliche Aussage – eines Zeugen, der im Hinblick auf ein Projekt in Ungarn gemeint hatte, Mensdorff sei "die richtige Adresse" in Sachen Bestechung gewesen, spreche für sich, so der Richter. Ob das Verhalten des Lobbyisten "moralisch vertretbar" sei und "Sie sich noch in den Spiegel schauen können, müssen Sie mit sich selbst ausmachen", sagte Apostol zum freigesprochenen Angeklagten.

"Es ist ganz klar bewiesen, dass Sie gelogen haben"
Es sei jedenfalls "ganz klar bewiesen, dass Sie gelogen haben", so der Richter zu Mensdorff. Dieser habe von BAE Systems stammende Gelder übernommen, "aber wir wissen nicht, in welcher Funktion". Möglicherweise habe der "Graf" Teile davon tatsächlich, wie er selbst behauptet, für seinen Mentor Timothy Landon veranlagt. Mensdorff sei zwar "ein relativ kleines Rädchen" und nicht "die Zentralfigur" gewesen, es stehe aber fest, dass er "Gelder für unbekannte Zwecke an Dritte weitergegeben" habe.

Der Staatsanwalt habe sich in "einer denkbar schlechten Position" befunden, hielt Apostol fest. Nachdem sich BAE Systems in England durch Bußzahlungen einem Bestechungsverfahren entzogen hatte und die BAE-Manager nicht mit der heimischen Justiz kooperiert hatten, sei der Ankläger "auf verlorenem Posten" gestanden: "Aus Topfen kann man keine Butter mehr machen."

Von Vorwurf der falschen Zeugenaussage freigesprochen
Außer der Geldwäsche und der Beweismittelfälschung wurde dem Ehemann der früheren ÖVP-Umwelt- und Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat noch falsche Zeugenaussage in zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen angekreidet. Von diesem Vorwurf wurde Mensdorff ebenfalls freigesprochen. Der Richter fand keinen Beweis für die Anklagepunkte, denen zufolge Mensdorff in den U-Ausschüssen falsch ausgesagt haben soll.

Der Lobbyist hatte damals bestritten, Eigentümer der Brodmann Business S.A. zu sein bzw. hinter dieser Gesellschaft zu stehen, über die die von der Staatsanwaltschaft angenommenen BAE-Schmiergelder geflossen sein sollen. Laut Apostol war ihm die Wahrheitswidrigkeit dieser Aussage ebenso wenig nachzuweisen wie seine Angaben im Eurofighter-U-Ausschuss, wo der "Graf" 2007 behauptet hatte, er habe BAE Systems keine Informationen über den Eurofighter-Beschaffungsvorgang geliefert.

Bedingte Strafe wegen Beweismittelfälschung "angemessen"
Den Schuldspruch wegen Beweismittelfälschung gegen Mensdorff wiederum stützte Apostol auf die Aussagen zweier Zeugen. Der Lobbyist hatte behauptet, 4,67 Millionen Euro der BAE-Gelder in ein Projekt in Dubai investiert zu haben. Ein von Mensdorffs Verteidiger Harald Schuster vorgelegtes Fax, das diesen Geldfluss belegen sollte, stufte der Richter allerdings als Fälschung ein - wobei es gemäß Strafgesetzbuch keine Rolle spielte, ob der Angeklagte das nicht authentische Dokument selbst hergestellt hatte oder nicht. "Diese Geschichte ist jedenfalls erlogen", konstatierte Apostol. Und wenn sie falsch sei, "müssen Sie auch bei Vorlage des Dokuments wissen, dass das, was dort behauptet wird, so nicht sein kann".

"Eine Geldstrafe wäre bei Ihnen kein adäquates Mittel"
Bei der Strafbemessung - die Fälschung eines Beweismittels ist mit maximal einem Jahr bedroht - wertete Apostol den "bisher ordentlichen Lebenswandel" des "Grafen" als mildernd, schränkte aber ein, dass er im vorliegenden Fall mit dieser Formulierung Probleme habe. Der Gesetzgeber meine damit jedenfalls, dass jemand nicht vorbestraft sei. Mildernd war weiters "die überlange Verfahrensdauer". Erschwerungsgründe fand der Richter keine, sodass er zwei Monate bedingt für "angemessen" hielt. Eine Geldstrafe "wäre bei Ihnen kein adäquates Mittel", sagte Apostol. Formal waren Mensdorff die fünf Wochen Untersuchungshaft anzurechnen, die er vom 27. Februar bis zum 3. April 2009 in der Justizanstalt Josefstadt verbracht hatte.

Wortloser Abgang des "Grafen" über eine Hintertür
Mendsorff gab zu dem aus seiner Sicht durchaus erfreulichen Ausgang des Strafverfahrens keine Stellungnahme ab und entschwand durch eine Hintertür. Auch sein Verteidiger meldete sich nicht zu Wort - dem Vernehmen nach soll ihn sein Mandant im Vorfeld mit einem "Interview-Verbot" belegt haben.

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