Justiz uneins:

Freispruch für “Friedrich Müller”-Betreiber

Österreich
24.11.2014 14:55
Mit einem Freispruch im Zweifel ist am Montag im Wiener Landesgericht ein zweiter Prozess wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs gegen Gerhard Bruckberger zu Ende gegangen, der unter der Marke "Friedrich Müller" europaweit Gewinnspiele veranstaltet hatte. Während Bruckberger Tränen der Erleichterung und Genugtuung vergoss, legte Staatsanwältin Susanne Cortella umgehend Nichtigkeitsbeschwerde ein.

Der Freispruch kam für Außenstehende insofern überraschend, als Bruckberger vor knapp sechs Wochen im Grauen Haus für Vorgänge zwischen August und Dezember 2008 vier Jahre unbedingte Haft ausgefasst hatte. Für jenen Senat war es erwiesen, dass der Geschäftsmann zahlreiche Kunden um 760.000 Euro betrogen hatte, indem er ihnen per Postwurf fixe Gewinne vormachte, diese Zusagen jedoch mit Express- oder Bearbeitungsgebühren verknüpfte und Konsumenten dazu brachte, ihm jeweils eine Gebühr in Höhe von zehn bis 100 Euro zu überweisen.

Das Gericht ging obendrein in seinem nicht rechtskräftigen Schuldspruch von Manipulationen beim "Millionenspiel" - einer Sonderform, bei der ein Gewinn in Höhe von einer Million Euro suggeriert wurde - aus.

"Haarscharf am Rande des Gesetzes"
Ein anderer Senat, der eine bereits am 6. September 2007 eingebrachte Anklageschrift mit angeblichen Betrügereien beim "Jackpot"-Gewinnspiel im Zeitraum 2000 bis 2004 zu beurteilen hatte, stellte nun nach mehrwöchiger Verhandlung dagegen fest, Bruckberger könne ein betrügerisches Vorgehen "nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden", wie die vorsitzende Richterin Eva Brandtstetter formulierte.

Bruckberger habe sich womöglich "haarscharf am Rande des Gesetzes" verhalten, im Zweifel könne man "aber nicht sagen, dass er schlechtgläubig war", so Brandstetter. Die Richterin verwies diesbezüglich auf den Umstand, dass sich der "Friedrich Müller"-Macher auf Gutachten renommierter Rechtsexperten gestützt und sich insofern entsprechend abgesichert hätte. Er habe sich sogar an den Verein für Konsumenteninformation gewandt und diesen um Prüfung der inkriminierten Gewinnbestätigungen gebeten, bemerkte Brandstetter.

2,99 Euro pro Minute für Anruf kassiert
"Friedrich Müller" hatte vorwiegend ältere Personen brieflich von angeblichen Gewinnen verständigt und in weiterer Folge teilweise sogar Terminvereinbarungen mit einem ominösen "Gewinn-Juror" getroffen, der den Glücklichen den "Jackpot" vorbeibringen sollte. Als der Geldsegen ausblieb, wählten etliche Verbraucher die in den Schreiben angegebene Telefonnummer - und durchschauten laut Staatsanwaltschaft nicht, dass ein Anruf 2,99 Euro pro Minute kostete und am anderen Ende der Leitung nur ein Band lief, mit dessen Hilfe das Telefonat künstlich in die Länge gezogen worden sei.

Während für die Anklagebehörde sowohl Täuschungsabsicht als auch Bereicherungsvorsatz vorlagen - die Kosten für die über Mehrwert-Nummern abgewickelten Gespräche bescherten "Friedrich Müller" stattliche Einkünfte -, verneinte das Gericht beides. Das Vorgehen möge ethisch oder moralisch bedenklich sein, eine Täuschung sei aber "nicht feststellbar", sagte Brandstetter. Es sei auch nicht nachweisbar, "dass Gewinne nicht ausbezahlt worden wären".

Mitangeklagte freigesprochen
Freigesprochen wurden auch die beiden Mitangeklagten: Ein 69-jähriger Onkel Bruckbergers, der bis Mai 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats der "Friedrich Müller"-Gruppe war, sowie ein mittlerweile pensionierter Wachmann, der nebenbei für "Friedrich Müller" als "ehrenwerter Gewinn-Juror", wie er in den Werbe-Prospekten genannt wurde, in Erscheinung getreten war.

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