Fragwürdige Praxis

Firma kassiert für Spinde an den Schulen

Österreich
23.08.2016 07:33

Bücher, Schuhe, Jacken, Wertsachen - die verschließbaren Kästchen sind für die Schüler kaum mehr wegzudenken, wollen sie nicht die gesamte Last mit sich schleppen. Die Spinde stellen in der Regel die Schulen bereit, doch es ist eine mehr als fragwürdige Begleiterscheinung des Privatisierungswahns, der sich österreichweit in Schulen abspielt - offenbar vorbei am Bildungsministerium und an den Landesschulräten.

Kann oder will die Schule wegen finanzieller Nöte alte wie beschädigte Spinde nicht mehr austauschen oder erneuern, wird immer häufiger auf private Anbieter zurückgegriffen, die die Kästchen bereit stellen und direkt von den Eltern die Miete kassieren. "Outsourcen" nennt sich das dann im Wirtschaftsjargon.

Dabei tritt vor allem die Firma UPECO mit Sitz in Bad Ischl in Erscheinung, die nach eigenen Angaben bereits mehr als 100 Schulen mit 15.000 Spinden ausstattet. Die Gebühr pendelt zwischen 36,90 Euro und 60 Euro pro Jahr.

"Preise sind unterschiedlich"
Ins Rollen gebracht hat die Causa der Nationalratsabgeordnete Harald Walser (Grüne), der eine Anfrage an das Ministerium stellte. Dort gab man sich noch ahnungslos, die Vermietungspraxis wird aber nun in allen Bundesländern geprüft, in Wien soll es dazu auch noch eine ausdrückliche Empfehlung des Stadtschulrates gegeben haben: "Schüler oder deren Eltern melden sich auf der Website von UPECO an. Informationen über die Miete gibt es erst im Laufe des Anmeldevorgangs. Warum, habe ich erst bei meiner Scheinanmeldung begriffen, denn die Preise sind unterschiedlich. Zudem erfolgt die Anmeldung ohne Hinweis über Umleitung auf die externe Seite schließfaecher.de, die dasselbe Geschäftsmodell für Deutschland betreibt", sagt Walser.

In Wien und Graz ist Modell bereits Usus
In Wien und Graz ist das Modell bereits Usus, in Salzburg taucht nun das BRG Hallein auf: Der Direktor verschickte 2015 per Newsletter an die Eltern die geplante Umstellung auf die kostenpflichtigen Schließfächer. Die Schule klinkt sich damit aus und hat auch keine Kosten mehr zu tragen. Der Elternverein will nun aktuell im September abstimmen, die Zustimmung ist noch offen.

In Salzburgs Landesschulrat gibt man sich überrascht, die Statuten sind eindeutig - Zitat: "Unzulässig ist das Vermieten von Spind- oder Garderobenplätzen. Für Anlagen dieser Art hat der Schulerhalter zu sorgen." Man kenne die Firma nicht, "aber es kann niemand verpflichtet werden, Spinde zu mieten", sagt Landesschulratsprecher Roland Bieber. Dass Schulen aber vom Bund finanziell ausgehungert werden, sei allgemein bekannt.

Spinde geleast und abbezahlt
Einen ähnlichen Fall gab es übrigens schon vor Jahren am BRG Akademiestraße, damals unter Leitung von Gunter Bittner, der nunmehr Landesschulinspektor ist: "Es waren keine Bundesmittel für Schließfächer aufzutreiben, daraufhin haben wir die Spinde geleast und mit den Eltern eine Zahlung von sechs Euro pro Jahr ausgemacht, bis die Spinde abbezahlt waren." Die Schule war im Gegensatz zum Modell von UPECO aber immer involviert.

"Nicht zu akzeptieren"
Der grüne Nationalratsabgeordnete Walser will jetzt Aufklärung.

"Krone": Sie kritisieren das Geschäftsmodell der Firma, warum?
Harald Walser: Es ist eindeutig Aufgabe des Schulerhalters, das Schulmobiliar zu stellen und Kosten nicht an die Eltern abzuwälzen. Zudem ist es aus juristischer Sicht sehr fragwürdig, wenn private Firmen auf dem Schulareal Geschäfte machen und Verträge mit den Erziehungsberechtigten abschließen, ohne dass die Schule damit zu tun hat. Zudem weiß niemand, was mit den Daten der Erziehungsberechtigten und der Schüler, die im Mietvertrag anzugeben sind, passiert. Zumindest sind auf der Website der Firma UPECO keine diesbezüglichen Hinweise zu finden.

"Krone": Das Bildungsministerium weiß offenbar von nichts, was hat es Ihnen geantwortet?
Walser: Noch nichts, denn die Frist für die Anfragebeantwortung läuft erst im Oktober ab. Ich hoffe, dass das Bildungsministerium noch vor Schulbeginn eindeutig reagiert, denn jetzt schließen Eltern wieder neue Verträge ab.

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