Im Bad erhängt

Ex-Botschafter Aliyev tot in Zelle gefunden

Österreich
24.02.2015 11:38
Der frühere kasachische Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, ist tot. Der einstige Schwiegersohn von Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajev, der seit Juni in der Justizanstalt Josefstadt in Untersuchungshaft saß, hat sich in der Nacht auf Dienstag in seiner Einzelzelle erhängt, teilte die Vollzugsdirektion mit.

Die Leiche des wegen Mordes angeklagten Aliyev wurde um 7.20 Uhr entdeckt. Aliyev habe sich in der Nasszelle erhängt, so Peter Prechtl, der Leiter der Vollzugsdirektion. Am Dienstagvormittag wurde die Zelle von einer Tatortgruppe des Landeskriminalamts untersucht. Um die Frage zu klären, was sich in Aliyevs Haftraum abgespielt hat, wurden erste Einvernahmen durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft ordnete außerdem die Obduktion des Leichnams an.

Der Ex-Diplomat befand sich auf eigenen Wunsch in einer Einzelzelle der Sonderkrankenanstalt in der Justizanstalt Josefstadt. "Er galt nicht als selbstmordgefährdet", sagte Prechtl. Im internen System lief Aliyev unter "Grün", was bedeutet, dass er ohne Bedenken alleine in einer Zelle liegen durfte.

Mit Mullbinden an Kleiderhaken erhängt
"Er dürfte viel an seinen Akten gearbeitet haben", erklärte Prechtl. Die Zelle Aliyevs wurde regelmäßig kontrolliert, allerdings ist die Nasszelle samt WC und Dusche dabei nicht einsehbar. In dieser habe sich der frühere Botschafter mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt.

Aliyevs Anwalt Klaus Ainedter, der den 52-Jährigen gemeinsam mit seinem Vater Manfred in den vergangenen Jahren strafrechtlich vertreten hatte, äußerte in einem Telefonat mit der "Krone" Zweifel an der offiziellen Darstellung: "Ich habe gestern (Montag) noch zwei Stunden mit Aliyev gesprochen. Da war keine Spur von Suizidgefahr zu bemerken - ganz im Gegenteil. Wir haben erhebliche Zweifel an der Selbstmordtheorie und vertrauen auf eine gründliche Untersuchung der Todesursache."

Ex-Botschafter wurde Doppelmord vorgeworfen
Aliyev wurde eine Entführung und ein Doppelmord in seiner Heimat Kasachstan vorgeworfen. Der frühere Botschafter in Wien (2002 bis 2005 sowie 2007) hatte die Vorwürfe, er habe Anfang 2007 zwei Bankmanager ermordet, stets als Intrige seines Ex-Schwiegervaters, Kasachstans Machthaber Nasarbajev, zurückgewiesen und bezeichnete das Verfahren als politisch motiviert. Die österreichische Justiz lehnte seine Auslieferung mehrmals mit Blick auf die Menschenrechtsverletzungen in Kasachstan ab, erst Mitte 2011 wurden gegen Aliyev eigene Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet.

In Kasachstan wurde Aliyev, der inzwischen den Namen seiner  Ehefrau angenommen hatte und sich Shoraz nannte, 2008 wegen Mordes und Erpressung in Abwesenheit zu 40 Jahren Haft verurteilt.

Sollte am Dienstag gegen Mithäftlinge aussagen
Am Dienstag hätte Aliyev gegen zwei Mithäftlinge aussagen sollen, die laut Anklage den Ex-Botschafter erpresst haben sollen. Demnach drohten sie Aliyev, wenn er überleben wolle, müsse er 3.000 Euro bezahlen, ansonsten könne ihn jemand während des Waschens im Duschraum umbringen und dies wie einen Selbstmord aussehen lassen.

Derart in Furcht und Unruhe versetzt, soll Aliyev in weiterer Folge über seinen Anwalt tatsächlich 1.000 Euro bezahlt haben, indem er eine entsprechende Überweisung auf das Konto des älteren Mitgefangenen veranlasste. Die angeblichen Schutzgeld-Erpresser weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe entschieden zurück.

Justizminister Brandstetter einst Anwalt von Aliyev
Der Fall Aliyev hat auch eine innenpolitische Dimension. So hatte Justizminister Wolfgang Brandstetter den Geschäftsmann in den beiden Auslieferungsverfahren, die 2007 und 2011 beendet wurden, vertreten. Von kasachischer Seite war der österreichischen Justiz mehrfach Untätigkeit in der Causa vorgeworfen worden.

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