Bildungsreform

Es kommen neun “gemeinsame Bund-Länder-Behörden”

Österreich
17.11.2015 12:39
Die Kompetenzfrage bei der Bildungsreform ist von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit einem Kompromiss gelöst worden: Die neuen Bildungsdirektionen werden als "gemeinsame Bund-Länder-Behörde" eingerichtet. Der Bildungsdirektor wird ein Bundesbediensteter sein, der auf Vorschlag des Landeshauptmanns bestellt wird. In Sachen gemeinsamer Schule dürfen die Länder eingeschränkt Modellregionen einrichten.

In allen Bundesländern sollen Bildungsdirektionen errichtet werden, die die bisherigen Landesschulräte (Bundesbehörden) und Schulabteilungen der Landesregierung (Länderbehörden) ablösen. An der Spitze steht ein Direktor, der auf Vorschlag der jeweiligen Landeshauptleute vom Bildungsminister, der auch "oberste Schulbehörde" ist, auf fünf Jahre befristet bestellt wird. Die neue Behörde verwaltet sowohl Bundes- als auch Landeslehrer, das Bundesverwaltungspersonal sowie die Schulaufsicht. Die bisherigen amtsführenden Präsidenten, Vizepräsidenten und Kollegien der Landesschulräte werden abgeschafft, was Einsparungen von sechs Millionen Euro bringen soll.

Kompromiss bei Streit um Gesamtschule
Im Streit über die Gesamtschule, die gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen, gibt es ebenfalls einen Kompromiss: Die Bundesländer können Modellregionen einrichten, solange sie "klaren Kriterien genügen, wissenschaftlich begleitet und anschließend evaluiert werden". Einschränkung: Die Gesamtzahl der Standorte in den Modellregionen darf aber in keinem Bundesland 15 Prozent aller Standorte der jeweiligen Schulart (Volksschule, Sonderschule, NMS, AHS) sowie 15 Prozent aller Schüler der jeweiligen Schulart überschreiten.

Offenbar müssen die betroffenen Schulen aber nicht zustimmen - außer Privatschulen: Bei diesen wird nämlich explizit erwähnt, dass sie nicht betroffen sind, außer wenn sie freiwillig mitmachen wollen. Weitere Einschränkung: Der Bund wird die Modellregionen nicht zusätzlich finanzieren, womit keine Mehrkosten entstehen.

Mehr Freiheiten beim Unterrichten
Weitere Details des Papiers: Lehrer sollen mehr Freiheiten beim Unterrichten erhalten. Lehrplanabweichungen sind in der Volksschule zu fünf Prozent möglich, im Gymnasium bis zu 33 Prozent. Zum Vergleich: Derzeit beträgt dieser "Autonomiegrad" laut nationalem Bildungsbericht je nach Schule zwischen fünf und zehn Prozent. Jede Schule kann in Abstimmung mit den Schulpartnern selbst ihre Öffnungszeiten sowie Unterrichtsbeginn und Ende festlegen. Das war mit ein paar Einschränkungen schon bisher möglich. Einmal jährlich muss sie einen "Qualitätsbericht" erstellen.

Aufgewertet wird die Rolle der künftig auf fünf Jahre befristet bestellten Direktoren: Sie können entscheiden, welche neuen Lehrer an ihrer Schule eingestellt werden bzw. welche Pädagogen nicht weiter verlängert werden. Einschränkung: Auswählen müssen sie die Lehrer aus einem Pool an Junglehrern bzw. Lehrern mit befristeten Verträgen, etwa aus bestehenden Lehrerdatenbänken wie "Get your teacher". Gleichzeitig erhalten sie ein Vetorecht, wenn ihnen ein Lehrer von der Behörde zugeteilt wird. Darüber hinaus können die Direktoren je nach Bedarf entscheiden, ob sie an ihrem Standort statt Lehrern lieber Psychologen, Sozialarbeiter, IT-Experten oder "Talente-Spezialisten" engagieren wollen. Außerdem dürfen sie das Globalbudget der Schule selbst verwalten - was dort hineinfällt, wird nicht ausgeführt.

Zweites "verpflichtendes" Kindergartenjahr
Weitere Eckpunkte: Es wird ein zweites "verpflichtendes" Kindergartenjahr eingeführt, allerdings mit einer Opt-Out-Möglichkeit für Kinder ohne Förderbedarf. Dafür wird für alle Kinder ab 3,5 Jahren ein "individueller Bildungskompass" mit verpflichtenden Sprach- und Entwicklungsscreenings eingeführt.

Eine "Qualitätsoffensive", allerdings keine Akademisierung soll die Ausbildung in der Kindergartenpädagogik erfahren. Diese verbleibt an den Bundesanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP) und erhält einen Fokus auf Sprach- sowie Talente- und Begabtenförderung. Kindergarten-Helfer bzw. -Helferinnen erhalten eine einheitliche Mindestausbildung, die Leitungen eine ebenfalls bundeseinheitliche pädagogische Zusatzausbildung.

Schnelles Internet und WLAN für alle Schulen
Außerdem soll jede Schule bis 2020 mit High-Speed-Internet und WLAN ausgestattet werden. Analog zur Nationalstiftung für Forschung wird ab 2017 eine "Bildungsstiftung" eingerichtet, die vom Bund jährlich mit einem Fixbetrag ausgestattet wird und durch private spendenbegünstigte Zuwendungen noch höher dotiert werden kann. Unterstützt werden sollen daraus "innovative Digitalisierungsprojekte bzw. pädagogische Konzepte".

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