Nach Justizskandal

Eine Häfnliebe mit Happy End

Österreich
18.10.2015 08:15
Viele Jahre war Sandra O. Wachebeamtin in der Justizanstalt Krems-Stein. Dann ging sie mit einem Häftling eine Beziehung ein. Und bekam von ihm ein Kind. Jetzt die Heirat der beiden. "Unsere Zukunft wird wunderbar", sagen sie im "Krone"-Interview.

Ein schmuckes Reihenhaus in einem niederösterreichischen Dorf. Helle Parkettböden, frisch gestrichene Wände. Hochglanzmöbel. Im Wohnzimmer eine große, gemütliche Eck-Couch. Viele Pölster, viele Kuscheldecken.

Und überall, auf den Regalen, den Kästen, stehen sorgsam eingerahmte Fotos. Von einem durchtrainierten Mann mit Bürstenhaarschnitt. Von einer Frau mit sanften braunen Augen. Von einem hübschen Mädchen im Teenageralter. Und von einem Kleinkind.

Ein Justizskandal und ein Prozess
"Wir sind endlich in der Normalität angekommen", sagt Sandra O. "Nichts und niemand kann uns auseinanderbringen", sagt Sufjan A. "Alles ist wunderbar, jetzt", sagen beide. So bestimmt, als müssten sie sich selbst davon überzeugen, dass nur Gutes vor ihnen liegt. Und davon, dass der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt tatsächlich "der Richtige" für Sandra O. ist. Dass sie ihre Entscheidung, für ihn ihr altes Leben hinter sich zu lassen und mit ihm völlig neu zu beginnen, nie bereuen wird.

Die Geschichte von Sandra O. (36) und Sufjan A. (32) hat einst für einen Justizskandal gesorgt. Die Frau - geschieden, ein Kind aus erster Ehe, lange Zeit hindurch eine "brave, unauffällige" Wachebeamtin in Krems-Stein - hatte 2012 mit dem Mann, einem Insassen der Anstalt, eine intime Beziehung begonnen. Und war schließlich während einer seiner Freigänge von ihm schwanger geworden.

Im Oktober 2013 brachte Sandra O. ein Mädchen - Alissa - zur Welt. Kurze Zeit später standen sie und der Vater des Kindes vor Gericht - nicht bloß wegen ihrer "verbotenen Liebe", sondern auch wegen des Verdachts, für Handyschmuggel-Aktionen hinter Gittern verantwortlich gewesen zu sein. Der Prozess endete mit Schuldsprüchen.

Die Folge: Sandra O. wurde unehrenhaft aus dem Dienst entlassen, Sufjan A.s Haft verlängert. Und danach? Da besuchte die Frau den Mann, so oft es ihr erlaubt war, im Gefängnis, baute für sich und ihre kleine Familie eine neue Existenz auf. Sie zog mit ihren zwei Töchtern um, weg aus der Beamtenwohnung, wo ehemalige Kollegen, "die mich verachteten", ihre Nachbarn waren. Ließ sich zur Wimperndesignerin umschulen. Und wartete sehnsüchtig auf den Moment, an dem Sufjan A. freikommen würde.

"Eine Hochzeit - nur für uns beide"
Seit Monaten bereits ist er im gelockerten Vollzug, verbringt mittlerweile sogar Wochenenden bei ihr, in ihrem neuen Zuhause, das bald auch seines sein wird. "Noch vor meiner Haftentlassung im November", erklärt der 32-Jährige, "werden wir heiraten." Standesamtlich, zu einem "geheimen Termin". Keine Gäste sind zu der Hochzeit geladen, "wir möchten an diesem besonderen Tag ganz für uns alleine sein. Und uns bei einer Flasche Sekt noch einmal daran zurückerinnern, wie alles begonnen hat."

Was war der Anfang? "Wir fühlten uns magisch voneinander angezogen, von der Sekunde an, in der wir uns zum ersten Mal in Stein begegnet sind und ein paar belanglose Worte austauschten", sagt er. "Das stimmt nicht", behauptet sie, "ich fand Sufjan zunächst - einfach nur nett."

Echte Empfindungen für ihn seien erst später entstanden, "als ich begriff, dass wir ähnliche Schicksale haben. Beide sind wir nämlich von früheren Partnern sehr enttäuscht worden." Sandra O., weil ihr Ex-Mann sie mit anderen Frauen betrogen und nach der Scheidung "mit einem Berg Schulden" zurückgelassen hatte. Sufjan A., weil seine erste Gattin ihn angeblich "durch ständige finanzielle Forderungen so stark in die Enge getrieben" habe, "dass ich mich letztlich verlor. Und einen bewaffneten Raubüberfall beging."

Eine Tat, die er sehr bereue, wie er gleich beteuert, "für die ich viele Jahre im Gefängnis büßen musste". "Sufjan ist in Wahrheit kein Krimineller", so die ehemalige Justizwachebeamtin, "mit jedem weiteren Gespräch, das wir damals, hinter Gittern, miteinander führten, spürte ich das mehr." Nur deshalb sei es möglich gewesen, "dass ich mich in ihn verliebte", zu einem Zeitpunkt, "an dem ich mich längst damit abgefunden hatte, für immer ein Single zu bleiben".

"Wir wollen ein Geschäft eröffnen"
Und nun - was sind die Pläne des Paars? Der 32-Jährige will nach seiner Freilassung "sofort viele Spezialkurse machen", um in seinem erlernten Beruf, Friseur, "schon bald groß Fuß fassen zu können". Sandra O. ist dabei, sich zur Kosmetikerin und Visagistin ausbilden zu lassen. "Denn es ist unser Ziel, irgendwann zusammen einen Beauty-Salon zu eröffnen, erfolgreiche Geschäftsleute zu werden - und ein friedliches Dasein zu führen."

"Aber nicht auf dem Land. Ich möchte nach Wien. Dorthin, wo das Leben pulsiert", sagt der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt. "Ich fühle mich in der Großstadt unwohl", sagt die Frau mit den sanften braunen Augen. "Wir werden einen gemeinsamen Weg finden", sagen beide.

Wohin dieser wirklich führen wird? Darüber wollen Sandra O. und Sufjan A. heute nicht nachdenken. Sondern bloß den Abend genießen. Gemeinsam kochen, essen. Danach ein bisschen fernsehen. Später, eng aneinander gekuschelt, in ihrem Doppelbett im ersten Stock ihres schmucken Einfamilienhauses einschlafen. Und träumen - "von einem wundervollen Morgen".

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