Der Schöffensenat sei nach dem Beweisverfahren überzeugt davon, dass sich der Tschetschene in Syrien einer bewaffneten Gruppierung angeschlossen hatte, hieß es in der Urteilsbegründung. Sowohl der Verteidiger des Russen, Wolfgang Blaschitz, der auf Freispruch plädiert hatte, als auch die Staatsanwältin meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Somit ist die Entscheidung nicht rechtskräftig.
Bei Terrorgruppe Kampfausbildung absolviert
Das Verfahren hatte im Jänner begonnen. Der tschetschenische Asylwerber, der sich eingangs nicht schuldig bekannt und bis zuletzt beteuert hatte, kein Terrorist zu sein, war Ende 2013 aus Syrien, wo er nach seinen Angaben Flüchtlingen helfen wollte, nach Österreich gekommen - laut Anklage, um hier seine Sehschwäche korrigieren zu lassen, nachdem er sich in Syrien einer Untergruppe der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen und eine Kampfausbildung absolviert habe. Im vergangenen Sommer wurde er in seiner Unterkunft in Heidenreichstein im Waldviertel festgenommen. Die Staatsanwaltschaft stützte ihre Vorwürfe auf Zigtausende auf den Mobiltelefonen des Mannes sichergestellte Dateien.
Am dritten und letzten Verhandlungstag wurden per Videokonferenz und mithilfe von Russisch- und Tschetschenisch-Dolmetscherinnen stundenlang tschetschenische Wegbegleiter befragt. Unisono erklärten sie, ihr Ziel sei Flüchtlingshilfe im syrisch-türkischen Grenzgebiet gewesen. Eingeräumt wurde die Existenz der Gruppierung Ansar al-Sham, gekämpft habe man selbst aber nicht, hieß es. Er habe auch nicht wahrgenommen, dass der Angeklagte an Kampfhandlungen teilgenommen hätte, sagte ein Zeuge.
Verteidiger Blaschitz verwies in seinem Schlussplädoyer darauf, dass Ansar al-Sham nicht auf der Terrorismusliste des US-amerikanischen Außenministeriums oder der Vereinten Nationen stehe. Den IS habe es 2013 allenfalls im Irak gegeben.
Selfies aus Syrien am Handy
Auskunft gab weiters eine Beamtin, die das auf den elektronischen Geräten des Angeklagten gesicherte Material geprüft hatte. Es waren unzählige Bilder vorhanden, unter anderem, wenn auch gelöscht, diverse Selfies aus Syrien. Die - ebenfalls angeklagten - Porno-Dateien seien gelöscht gewesen. Der Mann habe sich im Internet unter anderem über Abhörsysteme und Überwachungskameras sowie "Wanzen" informiert, aber auch nach Fernzündern gesucht, so die Zeugin. "Time for the big bang" war der Titel eines der den Schöffen vorgeführten Videos.
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