Johanna Mikl-Leitner

Die eiserne “Hanni” im “Krone”-Interview

Österreich
09.08.2014 17:00
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (50) kämpft derzeit an vielen Fronten. Wer ist die Frau, die durch Wortgewalt und Modemut auffällt, wirklich?

Zack, zack, zack eilt die Innenministerin in lila Lackleder-Heels mit großen Schritten durchs Büro. Schon von Weitem leuchtet sie uns von Kopf bis Fuß in Pink entgegen. Der Zipp am Rücken ist mit unzähligen glitzernden Strasssteinchen gesäumt. Doch zu ihrem Modemut kommen wir später.

Keine Verschnaufpause in ihrem Ressort
Johanna Mikl-Leitner hat jetzt wirklich Wichtigeres zu tun, keine Verschnaufpause in ihrem Ressort. Meningitis-Alarm in Traiskirchen, das Lager ist heillos überbelegt. Aufnahmestopp und Quartier-Engpass. Dazu Zores mit Bundesländern, die ihre Flüchtlingsquoten nicht erfüllen, und dann auch noch eine nicht ganz glücklich verlaufene Hausräumung in der Vorwoche, die einige Kritiker eher an die Polizeisatire "Kottan" erinnerte: 1.700 Polizisten gegen 19 Punks. Beim Burschenschafterball Anfang des Jahres war es genau umgekehrt: Da waren wiederum zu wenige Einsatzkräfte vor Ort. Die Lage eskalierte, es hagelte Kritik.

Aus der Ruhe bringen lässt sich die Ministerin durch die üblichen Vorwürfe schon lange nicht mehr: "Wie man es macht, macht man es nie allen recht", winkt sie ab.

"Hanni" hat "schöne Füß"
Freunde und Kollegen nennen sie "Hanni", was fast ein bisschen zu niedlich klingt für eine aus ihrem Holz. Die Hanni lacht gern und viel. Und laut. Das sagt sie selbst. Auf die Frage nach ihrer Verbindung zu Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, den viele als ihren Mentor sehen, kommt es geschossen: "Er hat einen lauten Lacher, und ich auch." Für private Treffen mit ihm fehlt die Zeit, aber kürzlich hat sie ihn zufällig auf der Straße getroffen. Er war mit seinen Enkelkindern unterwegs.

Mikl-Leitner nimmt zum Interview Platz. Der Pressesprecher bittet den "Krone"-Fotografen, dass auf den Bildern nicht zu viel Bein zu sehen sein soll. Die Chefin kontert schlagfertig: "Ich hab' doch schöne Füß!" Ihr robustes Naturell hilft ihr durch Unwegsamkeiten des Amtsalltags. Wegbegleiter beschreiben sie als patenten Kerl. Sie sei eine g'standene Frau, die einsteht, wenn alle anderen umfallen. Sie selbst sagt: "Ich bin ein positiver Mensch. An den Druck hab' ich mich gewöhnt." Über drei Jahre ist sie nun im Amt, nachdem sie Maria Fekter in dieser Position im Zuge der Regierungsumbildung nach Josef Prölls Rücktritt nachfolgte.

Schreckschraube der Regierung?
Gern wird ihr die Rolle der Schreckschraube in der Regierung zugewiesen. Sie sei zu hart, zu harsch, zu unnachgiebig. Diese Vorhaltungen kennt sie: "Wenn sich Männer durchsetzen, sind sie entscheidungsstark, wenn Frauen das tun, sind sie Schreckschrauben." Ihre knackige Forderung "Her mit dem Zaster, her mit der Marie!" vom Amtsantritt als ÖAAB-Chefin 2011 ist noch in lebhafter Erinnerung: "Das würde ich heute anders sagen. Aber für Börsespekulanten hab' ich kein Verständnis", erklärt sie die Heftigkeit ihrer Wortwahl von damals.

Ihre Familie gibt der Ministerin Kraft
Ihre Kraftquelle ist die Familie: Die 50-Jährige ist mit Andreas Mikl verheiratet. Er ist im Gesundheits-Controlling tätig und Hobbymaler. Das Bild im Foyer des Ministeriums stammt von ihm. Es heißt "Der Wirbelwind" und soll seine Frau darstellen. Viel Orange, viel Blau und etwas, das aussieht wie Stacheldraht. Das will sie aber nicht so sehen.

Kennengelernt hat Frau Leitner Herrn Mikl auf einer Party, das war 1988 bei der Promotion eines gemeinsamen Freundes. Ihr Zukünftiger war als DJ am Turntable. Das ist er heute noch daheim. Denn er ist es, der sich mehrheitlich um die Betreuung der beiden noch relativ kleinen Töchter Larissa (9) und Anna (13) kümmert: "Mein Mann leistet Großartiges. Dafür bin ich ihm sehr dankbar! Anders könnte ich meinen Job so gar nicht machen." Die Sorgen einer Mutter kennt sie: Wenn ein Kind krank wird, Probleme hat oder von der Schaukel fällt, ist doch eher noch die Mama gefragt. Dann müssen schon auch einmal schnell Termine kurzfristigst umorganisiert werden. Nach der Geburt der Jüngeren musste sie 48 Stunden lang um das Wohl der Kleinen bangen. Es war sehr knapp. Doch dann gottlob die Entwarnung: Das Baby war gesund. Aber die Sorge hat etwas in ihr verändert. Prioritäten haben sich verschoben. Auch sei "die Hanni sowieso viel weicher, als viele glauben", meint eine Freundin.

Aufgewachsen ist Mikl-Leitner in Großharras bei Mistelbach. Die Eltern hatten ein Kaufhaus, das später zu einem Fachgeschäft für Haustechnik ausgebaut wurde. Sie ist das jüngste von vier Kindern und hat eine Zwillingsschwester, "die Nelli", die heute wie sie in Klosterneuburg wohnt. Nach dem Wirtschaftsstudium verschlägt es sie zur Industriellenvereinigung. Ihre politische Erweckung erfährt sie bei einem Abend in der Waldschenke im Wienerwald. Das war 1992. Erwin Pröll hatte zur Buchpräsentation geladen. Kurz drauf beginnt sie in der Landesgeschäftsstelle unter Ernst Strasser, zu dem sie aber keinen Kontakt mehr hat.

"Mode ist mir wichtig. Kleider machen Leute"
Und die Mode, ja. Sehr markant und von der Aufwändigkeit fast ein bisschen wie Lady Di. "Mode ist mir wichtig. Kleider machen Leute", lacht die Fashionista. Ihren Stil erklärt sie: klare Schnitte ohne Schnickschnack. Nachsatz: "Schnickschnack sind eher meine Ketten und Ohrringe. Diese hier ist zum Beispiel von meinen Töchtern, die violette Kugel kann man abnehmen und wechseln. Die hab ich auch noch in Rot, Türkis, Gelb. So passt immer alles zusammen. Fertig."

Die Wurzel des Faibles scheint leicht erklärt: "Ich war das Überraschungskind. Meine Mama ist mit nur einem Strampler ins Spital. Als ich kam, hatte ihn bereits meine Schwester an. Ich bekam ein Notgewand. Auch später war Kleidung bei uns immer knapp." Als Kind schneidert sie für Puppen oder die Schwester, später Sakkos und Hemden für ihren Mann. "Dafür hab' ich jetzt aber leider keine Zeit mehr." Den viel zu kleinen Kasten daheim teilt sie redlich mit ihm: "Mein Mann ist ja sehr groß und korpulent. Da braucht er Platz."

Minister sieht sich als Frauenförderin
Die Frau Minister sieht sich als Frauenförderin: Zwei Führungspositionen in der Polizei seien bereits weiblich besetzt. Den Frauenanteil will sie von 15% auf 20% heben. Die Bundeshymne singt sie schon von Amts wegen mit den Töchtern. Aber mit dem Binnen-I kann man es auch übertreiben, findet sie die Diskussion unnötig: "Es gibt Wichtigeres."

Natürlich wäre die Zeit längst reif für die erste Frau im Kanzleramt. Oder in der Präsidentschaftskanzlei. "Das wäre gut vorstellbar", wenngleich vorerst nicht für sie. So bleiben die Queen und Angela Merkel in der obersten Riege staatlicher Mode-Ikonen bis auf Weiteres konkurrenzlos.

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