"Krone"-Analyse

Der "Pröll-Faktor" wird für Koalition entscheidend

Österreich
19.01.2017 16:50

Mit dem Abschied von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll kommt Bewegung in die politische Landschaft. Vorerst naturgemäß nur in der ÖVP. Dort hat Vizekanzler und Parteichef Reinhold Mitterlehner zunächst Zeit gewonnen, bis die Ablösedebatte um ihn erneut beginnt. Zuvor wird sich jedoch entscheiden, ob die Koalition bis zum Sommer überlebt.

Spätestens bis zur ersten Februarwoche soll sich entscheiden, ob die Regierung weitermacht oder ob vorzeitig gewählt werden muss. Denn bis dahin wird sich gezeigt haben, ob sich SPÖ und ÖVP auf die Umsetzung einiger Teile des "A-Plans" von Bundeskanzler Christian Kern einigen und diese auch im nächsten Finanzrahmenplan berücksichtigen können. Die SPÖ hat jedenfalls schon einmal ihren für Mai geplanten Parteitag abgesagt, um sich für eventuelle Neuwahlen nicht zu blockieren.

Am Donnerstag haben bereits Spekulationen über eine Umbildung des ÖVP-Teams die Runde gemacht. Dabei ist von der Auswechslung einiger Minister und auch von einem Ressorttausch zwischen SPÖ und ÖVP die Rede. Wer dabei bei der ÖVP im Hintergrund die Fäden zieht, ist nach dem Rückzug von Erwin Pröll jedoch unklar.

Der "Pröll-Faktor" ist für die Koalition jedoch maßgebend. Wie gut oder schlecht es in der Regierung läuft, was die ÖVP auf Bundesebene befürwortet oder ablehnt, hat bei wichtigen Themen stets auch mit Pröll abgesprochen werden müssen.

Steirischer Landeshauptmann könnte wichtiger werden
Der "Pröll-Faktor" könnte in Zukunft nun von dem bundespolitisch bisher eher kaum in Erscheinung getretenen steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer übernommen werden. Gewicht fiele auch Schützenhöfers oberösterreichischem Amtskollegen Josef Pühringer zu. Allerdings heißt es von Pühringer, dass auch er seinen Job als Landeshauptmann im Frühjahr aufgeben werde.

Bei dieser Machtverschiebung geht es vor allem darum, wie lange Mitterlehner noch in seinem Amt bleibt. Bleibt Mitterlehner, wird die ÖVP auf Zeit spielen, um möglichst spät zu wählen. Kommt hingegen Sebastian Kurz, würden die Zeichen schnell auf Neuwahlen gestellt sein.

Der "Pröll-Faktor" im "Krone"-Überblick:

Bundespolitisch ist der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer noch ein unbeschriebenes Blatt. Das könnte sich nach Erwin Prölls Abgang ändern.

Trumpf-Ass und Publikumsliebling: An Außenminister Sebastian Kurz führt kein Weg vorbei, wenn die ÖVP bei den Wahlen eine Chance auf den ersten Platz haben will.

Mit dem Abgang von Pröll hat ReinholdMitterlehner (im Bild links) vorerst wieder mehr Einfluss in seiner eigenen Partei gewonnen. Als stabilisierende Faktoren wirken dabei vor allem Finanzminister Hans Jörg Schelling (Bildmitte) und Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (im Bild rechts) als ruhige Stimme der Vernunft. Wie lange diese Ruhe anhält, kann in der ÖVP allerdings keiner vorhersagen. Störende Kräfte wie ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, über den Pröll immer wieder seine schützende Hand gehalten hat, werden ihre Aktivitäten sicher recht rasch wieder aufnehmen.

Wie groß die Rolle von Johanna Mikl-Leitner (Bildmitte) in der ÖVP ist, wird sich frühestens nach ihrer ersten Landtagswahlen im Frühjahr 2018 zeigen. Bis dahin gilt sie vor allem einmal nur als Nachfolgerin von Erwin Pröll. Durchaus eine starke Position könnte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (im Bild links) einnehmen. Neben seinem steirischen Amtskollegen Schützenhöfer zählt Pühringer zu den Landespolitikern vom alten Schlag, die auch in der Bundespartei den Ton angeben können. Also etwa, wann Vizekanzler und Parteichef Mitterlehner von Kurz abgelöst wird. Allerdings heißt es, dass Pühringer sein Amt bald abgeben werde. Das schwächt seine Position. Als Innenminister konnte sich Wolfgang Sobotka (im Bild rechts) profilieren. In der ÖVP ist der Niederösterreicher, der selbst gerne Landeshauptmann geworden wäre, aber (noch) kein Schwergewicht.

Ein wichtiges Amt zu besetzen bedeutet noch lange nicht, Einfluss in der ÖVP zu besitzen. Aber der Reihenfolge der Bilder von links nach rechts: Als Experte ohne Machtbasis arbeitet Justizminister Wolfgang Brandstetter die Akten ordentlich ab. Familienministerin Sophie Karmasin kämpft seit dem Rücktritt von Michael Spindelegger vor mehr als zwei Jahren eigentlich nur um ihr politisches Überleben. Tirols Landeshauptmann Günther Platter wird von der Parteizentrale durchaus geschätzt. Vor allem, weil er sich kaum in die Bundespolitik einzumischen versucht. Anders verhält es sich mit Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, der vor drei Jahren mit hohen Erwartungen von Brüssel nach Wien gekommen ist. Mittlerweile übt Rupprechter seine Funktion mit viel Sachwissen und geringer Wirkung aus. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl kommentiert fast alle Vorgänge in der ÖVP, das aber zumeist folgenlos.

Claus Pándi, Kronen Zeitung

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