Hohe Gewinne

Das Milliardengeschäft der Schmuggelmafia

Österreich
03.05.2014 16:50
Hochkonjunktur bei den Schwarzhändlern: Gewaltige Unterschiede bei den Steuersätzen innerhalb der EU "beleben" den illegalen Markt - bis die Deals tödlich enden.

Das eine ist eines der ältesten Wirtschaftsverbrechen der Welt, das andere eines der ältesten Mordmotive der Welt: der Schmuggel und die Gier. Beides kann sich auf so furchtbare Weise entladen wie am 11. Jänner in der Odoakergasse im Wiener Bezirk Ottakring: Eine Handgranate explodiert in einem BMW X5. Die beiden Insassen - SP-Politiker Zlatko N. und Waldemar W. - überleben die Detonation nicht. Wir alle kennen mittlerweile ihre Gesichter und ihre Geschichten. Es geht um Schulden, Schmuggel von Dieselkraftstoff, um Schüsse, drei Festnahmen und um die Konkurrenz, die dieses Geschäft belebt.

Dieses Geschäft, das ist der Schmuggel von Waren aller Art, von Zigaretten, Alkohol oder eben von Diesel. Von Rotterdam aus soll Waldemar W. den Treibstoff nach Österreich gebracht, aber weder Umsatz- noch Mineralölsteuer abgeführt haben. Somit kam ihm der Liter Diesel um 49 Prozent billiger.

"Hohe Gewinne durch das Preisgefälle"
Die Polizei war den Schwarzhändlern vor dem Mordkomplott bereits auf den Fersen. Und das ist bei der Größe der Schmuggelblase fast ein Wunder. Dieses Delikt wird immer mehr zur europaweiten Katastrophe, das Geschwür verbreitet sich in der Union und wächst unaufhörlich weiter.

Ganz unschuldig daran ist die EU nicht. Unterschiedliche Steuersätze erleichtern den Tätern die kriminelle Arbeit nicht nur, sie sind schon eine Motivation für Betrug. "Das erhebliche Preisgefälle innerhalb der EU ermöglicht hohe erzielbare Gewinne", heißt es in einem Bericht des deutschen Zollkriminalamts. Bestes Beispiel ist der "Alko-Skandal" in Deutschland: Im Raum Karlsruhe flog im Jänner eine Bande auf, die Bier aus Frankreich orderte. In Wirklichkeit landete das Gebräu in Großbritannien, wo die Steuer auf den Gerstensaft zehnmal so hoch ist wie in der Bundesrepublik. Gewinn: vier Millionen Euro.

EMCS-System als Schmuggelhilfe
Auch das elektronische EMCS-System (Excise Movement and Control System), das zur Beschleunigung der Warenströme dient, ist mitunter eine Art Schmuggelhilfe. Die Container werden im EU-Güterverkehr kaum noch von Zöllnern aus Fleisch und Blut kontrolliert, sondern gehen selbstständig auf Reisen. Wie ein Zugfahrer, der nie von einem Schaffner überprüft wird und dessen Ticket nie entwertet wird.

Und so verdient die Mafia weiterhin Milliarden, auch dank des Fehlers im Steuersystem. Alleine 2013 wurden am Flughafen Wien-Schwechat fast eine Million Zigaretten beschlagnahmt, 2,5 Millionen Euro in bar und 40.000 Arzneimittel. Dann wäre da noch der Wiener Hafen. Er ist wie ein lebender Organismus. Zwölf Millionen Tonnen Güter werden dort jedes Jahr umgeschlagen, und das sorgt auf 3,5 Millionen Quadratmetern für eine ständige Zellerneuerung - mitsamt den Risiken krankhafter Wucherungen. Es ist unmöglich, jede Fracht zu überprüfen, jede Kiste einzeln zu kontrollieren. Hier sitzt das Geschwür besonders tief.

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