Kontrollverlust

Betrug in Wien: Acht Jahre Mietbeihilfe ergaunert

Österreich
18.02.2017 14:01

Noch mehr Fakten aus dem Rohbericht des Rechnungshofs zu Wiens Sozialsystem: Die Prüfer deckten zusätzlich zu den bereits bekannten Fällen an Kontrollversagen auch auf, dass ein Mindestsicherungsbezieher acht Jahre lang Mietbeihilfe erhielt, obwohl er eine 280.000-Euro-Wohnung besaß. Er kassierte illegal 8800 Euro. "Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs", sagt dazu der Whistleblower aus der MA40.

Sozialgeld trotz eigener Wohnung kassiert
In dem 123 Seiten dicken Dossier findet sich aber noch ein weiteres spannendes Kapitel über den offensichtlichen Kontrollverlust bei der Auszahlung der Mindestsicherung: Als die Rechnungshofprüfer 13 (von Tausenden) Akten über die Vergabe der Mietbeihilfe kontrollierten, entdeckten sie etwa sofort einen Fall, bei dem ein Sozialgeldbezieher 8800 Euro Steuergeld kassiert hat, obwohl er Miteigentümer einer Wohnung im Wert von 280.000 Euro war. Die Beamten der MA40 (Soziales) hatten vor den Auszahlungen einfach die Grundbuchabfrage unterlassen. Allein dieser Krimi kostete die Steuerzahler 5900 Euro, 2900 Euro konnten noch zurückgefordert werden.

Insider: "Amt war auf RH-Prüfung vorbereitet"
"Das sind aber alles keine Einzelfälle, der Rechnungshof hat doch nur die Spitze des Eisbergs gefunden", meldete sich bei der "Krone" erneut jener Whistleblower, der bereits im Herbst derartige Fakten enthüllt hat. Der Beamte aus der MA40: "Allein ich habe in meinem Servicezentrum 20 Akten, bei denen Familien auf mehr als 3000 Euro Mindestsicherung kommen. Mit der Familienbeihilfe erhalten diese Personen monatlich bis zu 5400 Euro Steuergeld."

Auf die Frage, warum dann der Rechnungshof bloß zwei "Bedarfsgemeinschaften" entdeckt hat, die mehr als 3000 Euro Mindestsicherung beziehen, antwortet der Amts-Insider: "Die Rechnungshofprüfung war angekündigt. Die Prüfer erhielten nur vorausgewählte Akten - zumindest war das in unserer Abteilung so."

"Kripo sollte Razzia in Sozialzentren machen"
Sein Ratschlag, wie wirklich Belege für Betrügereien oder auch für wiederholten Amtsmissbrauch aufgedeckt werden könnten: "Die Staatsanwaltschaft müsste mit einer Kompanie an Betrugsermittlern absolut überraschend eine Razzia in allen Wiener Sozialzentren durchziehen."

Akten von Mindestsicherungsbeziehern sind "unauffindbar"
Ein interessanter Versuch eines Dementis kam als Reaktion auf den "Krone"-Exklusivbericht über das Rechnungshof-Dossier aus dem Büro von Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ): Ihre Mitarbeiter meinten, es seien "keine Akten verschwunden". "Die Presse" übernahm diese Aussage ohne Gegencheck. Hier die wörtliche Kritik des Rechnungshofs auf Seite 77 des Berichts:

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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