"NYT"-Bericht

Auch Österreich finanziert Terror mit Lösegeldern

Österreich
30.07.2014 13:47
Europäische Regierungen stützen laut einem Bericht der "New York Times" indirekt das Terrornetzwerk Al-Kaida, indem sie in Entführungsfällen Lösegelder in Millionenhöhe zahlen. Die Terroristen hätten seit 2008 Lösegeld in Höhe von insgesamt mindestens 125 Millionen Dollar (rund 94 Millionen Euro) eingenommen, so die "NYT" unter Berufung auf eigene Recherchen. Auch Österreich wird in dem Artikel erwähnt, das Außenministerium dementierte allerdings am Mittwoch die Angaben in dem Bericht.

Wie die "NYT" berichtete, betrugen 2013 die Zahlungen europäischer Regierungen an Al-Kaida bzw. Al-Kaida nahestehenden Terrororganisationen 66 Millionen Dollar. Gemäß Verlautbarungen des US-Finanzministeriums seien seit 2008 sogar 165 Millionen Dollar Lösegeld bezahlt worden. Dieses sei teilweise unter dem Titel "Entwicklungshilfe" geflossen und durch Mittelsmänner gezahlt worden. Als Quellen nennt die "NYT" Verhandler, Ex-Geiseln, Regierungsvertreter, und Diplomaten.

Wien: "In keiner Art und Weise Lösegeld bezahlt"
So habe Die Regierung in Wien 2008 für die Freilassung von zwei im Norden Malis festgehaltenen Österreicher zwei Millionen Euro bezahlt, schrieb die "NYT" unter Berufung auf einen Parlamentarier aus Mali, der in die Verhandlungen involviert gewesen sei. Der Sprecher des Außenministeriums in Wien, Martin Weiss, dementierte dies am Mittwoch und bekräftigte, dass Österreich "in keiner Art und Weise" Lösegeld bezahle.

Österreich lasse sich nicht erpressen, so Weiss. Die österreichische Regierung habe auch nicht andere gebeten, "Lösegeld in unserem Namen zu bezahlen". Österreich habe, so wie andere Regierungen auch, die Pflicht, seine Bürger zu schützen, was aber nie die Zahlung von Lösegeld umfasse, betonte der Sprecher.

Regierungen betonen stets kein Lösegeld zu zahlen
Allerdings muss angemerkt werden, dass Regierungen stets behaupten, mit Entführern nicht zu verhandeln, und erst recht betonen, niemals Lösegeld zu zahlen. So hatte Österreich nicht nur im Fall der beiden Entführten in Mali 2008 sondern zuletzt auch bei der Freilassung einer Geisel im Jemen im Jahr 2012 betont, kein Lösegeld bezahlt zu haben. Damals war der Österreicher Dominik N. gemeinsam mit einem finnischen Ehepaar in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa entführt worden.

Der deutsche Terror-Experte Rolf Tophoven hielt es damals für wahrscheinlich, dass Jemens Nachbarstaat Oman den Geld-Transfer im Auftrag Österreichs und Finnlands an die Entführer abwickelte. "Regierungen können grundsätzlich nie zugeben, dass sie mit Terroristen verhandeln", so Tophoven. So gab es in der Vergangenheit auch immer wieder Berichte über die Finanzierung von Terrornetzwerken durch Lösegeldzahlungen der US-Regierung - was Washington ebenfalls stets dementierte.

"NYT": "Nur USA und GB weigern sich beharrlich, zu zahlen"
Denn kein Lösegeld für entführte US-Amerikaner zu zahlen gilt schließlich seit Jahren als Prinzip der US-amerikanischen Außenpolitik. Nur die USA und Großbritannien weigerten sich beharrlich, Lösegeld zu bezahlen, was oft zur Ermordung von Geiseln aus diesen Ländern führe, merkte die "NYT" dazu an. Andererseits würden aus demselben Grund aber auch weniger Amerikaner und Briten entführt.

Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "News" soll das Weiße Haus diesen Kein-Lösegeld-Grundsatz in den letzten Jahren auch gegenüber Österreich zumindest zweimal durchgesetzt haben. Im Fall Dominik N. im Jemen und im Fall des 2006 im Irak entführten Bert Nussbaumer soll die Position der Vereinigten Staaten die Verhandlungen zur Freilassung der Österreicher erschwert haben, hatte das Magazin im Vorjahr berichtet.

Im Fall von Bert Nussbaumer, dessen Leiche Anfang 2008 gefunden wurde, zitierte "News" aus einem Aktenvermerk zu einem Arbeitsgespräch zwischen Innenministerium und Heeresnachrichtenamt im Juli 2007. Darin ist von dem "erschwerenden Umstand" die Rede, dass Nussbaumer "gemeinsam mit vier US-Bürgern entführt wurde und die USA ja nicht bereit sind auf finanzielle Forderungen einzugehen". Verfasst wurde die Notiz laut dem Bericht von Erich Zwettler, einstigem Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes und heutigem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz.

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