Islam-Diskussion

Auch Muzicant für mehr Moscheen – aber ohne Minarette

Österreich
08.09.2010 07:34
Ariel Muzicant, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), wünscht sich nicht nur mehr Juden in Österreich - Ziel ist es, die Zahl der Juden in Österreich langfristig von 15.000 auf 20.000 bis 25.000 zu erhöhen -, sondern unterstützt auch Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, in seiner Forderung nach mehr Moscheen in Österreich (siehe Infobox). Allerdings, wie Muzicant betont, ohne Minarette.

"Ich finde, überall dort, wo Menschen für Bethäuser einen Bedarf haben, sollte es Bethäuser geben", gesteht Muzicant den Muslimen durchaus mehr Moscheen zu. "Nur müssen die Menschen dafür sorgen, dass diese Bethäuser gebaut werden. Das hat zwei Konsequenzen: Erstens müssen sie das Geld aufbringen und zweitens müssen sie dafür sorgen, dass sie Bethäuser bauen, die in das Land passen, wo sie gebaut werden." Außerdem sieht der IKG-Präsident keine Notwendigkeit für Minarette. "Wo steht geschrieben, dass Bethaus-Architektur 'importiert' sein muss? Bethäuser sind Bethäuser, sie müssen die religiösen Grundlagen einer Religionsgemeinschaft erfüllen", meint Muzicant.

Aber: "Für Minarette ist im Zeitalter des Handys und des SMS kein Bedarf." Es müsse auch möglich sein, muslimische Architekten zu finden, die eine eigene mitteleuropäische Moschee-Architektur entwickeln. Sonst müsse man sich den Vorwurf gefallen lassen, aus Saudi-Arabien oder Istanbul "fremdgesteuert" zu sein. Auch Anas Schakfeh wünscht sich einen europäischen Stil beim Moschee-Bau, doch auf Minarette hat er bislang immer bestanden.

Muzicant fordert "respektvolle Islam-Diskussion"
"Was derzeit abläuft, wird immer wieder zu Konflikten führen", meint Muzicant und empfiehlt der Islamischen Glaubensgemeinschaft eine "vernünftige und respektvolle Diskussion, damit sich der Islam in Österreich weiterentwickeln kann". Der IKG-Präsident glaubt nicht, "dass man in Österreich Parallelgesellschaften akzeptieren kann, weder in der jüdischen noch in der muslimischen Gemeinde". Und weiter: "Wenn es Leute gibt, die sich nicht integrieren lassen wollen, dann haben sie in Österreich nichts verloren."

IKG plant Zuwanderungsoffensive
Muzicant fordert allerdings, die vielen Integrationswilligen nicht unfair zu behandeln. Ein Beispiel dafür sieht er im mittlerweile vom Netz genommenen "idiotischen, lächerlichen und kindischen" Anti-Minarettspiel der FPÖ Steiermark "Moschee Ba Ba" (siehe Infobox). Auch ein Integrations-Staatssekretariat verlangt Muzicant weiterhin und sieht in der Deutsch-Pflicht vor der Zuwanderung nur "eine Komponente" vieler notwendiger Maßnahmen. Die Israelitische Kultusgemeinde selbst bereitet derzeit eine Zuwanderungsoffensive vor. Ziel ist es, die Zahl der Juden in Österreich langfristig von 15.000 auf 20.000 bis 25.000 zu erhöhen, weswegen Verhandlungen mit der Politik anstehen.

"Das ist eine Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und der jüdischen Gemeinde, die da nicht einfach die Leute kommen lässt, sondern dafür sorgt, dass diese Menschen wertvolle Mitglieder der österreichischen Gesellschaft werden." Muzicant spricht von Fachkräften, Handwerkern aber auch Kulturschaffenden. Widerstand fürchtet er nicht: "Wir legen Wert darauf, dass das Leute sind, die integrierbar sind. Das ist ein Gewinn für Österreich."

Neubau des Jüdischen Museums in Wien
Außerdem empfiehlt Ariel Muzicant der Stadt Wien einen Neubau des Jüdischen Museums in der Bundeshauptstadt. Er schlägt vor, den Standort in der Dorotheergasse zu verkaufen und einen Neubau am Morzinplatz zu errichten. Laut Muzicant sei der Platz im Haus viel zu klein. Außerdem könne er sich vorstellen, daneben ein Simon-Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien zu errichten.

2012 will Muzicant sich zurückziehen
Gespannt erwartet Muzicant auch die ab November anstehenden Wahlen in der Islamischen Glaubensgemeinschaft. "Schauen wir einmal mit Respekt, was da rauskommt, ob es eine repräsentative Wahl ist." Die Befürchtung von Innenministerin Maria Fekter, der türkische Staat könnte danach Einfluss auf die Muslime in Österreich bekommen, teilt er. "Die Gefahr ist, dass die türkische Mehrheit von der türkischen Regierung oder von der AKP, also von einer türkischen Partei gelenkt wird." 2012 will sich der amtierende IKG-Präsident übrigens aus seiner Funktion zurückziehen.

Mittlerweile hat es die IKG auch geschafft, schuldenfrei zu werden (mit Ausnahme der Investitionsschulden) und jährlich ausgeglichen zu budgetieren. Vorangegangen ist dem ein harter Sparkurs. Bis zur Neuwahl in der Kultusgemeinde dauert es noch mehr als zwei Jahre, Muzicant will dann nicht mehr kandidieren. "Ich möchte nach 40 Jahren auch irgendwann einmal etwas anderes machen und Jüngeren die Möglichkeit geben, sich einzubringen."

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