Akuter Atemnotfall

17-Jähriger starb vor Disco: Kein Strafprozess

Österreich
25.09.2017 12:39

Keinen Strafprozess dürfte es im Fall jenes 17-Jährigen aus Wien geben, der in der Nacht auf den 12. Februar vor einer Diskothek im niederösterreichischen Vösendorf starb. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat einem 19 Jahre alten Burschen, der dem um zwei Jahre Jüngeren einen Faustschlag verpasst hatte, eine diversionelle Erledigung angeboten. Bei den Hinterbliebenen sorgt das jedoch für Empörung.

Ursprünglich war gegen den Lehrling wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang ermittelt worden. Ein gerichtsmedizinisches Gutachten klärte jedoch in weiterer Folge, dass der Faustschlag nicht kausal für den Todeseintritt war. Demnach starb der 17-Jährige an einem akuten Atemnotanfall, der zu Atem- und Kreislaufversagen führte. Der Jugendliche litt seit Längerem an chronischem Asthma, außerdem war er zum Todeszeitpunkt stark alkoholisiert.

Diversion angeboten
"Aufgrund der Ermittlungsergebnisse war zuletzt nur mehr von einfacher Körperverletzung im Sinne des Paragrafen 83 StGB auszugehen", erklärte Markus Bauer, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, am Montag. Der Sachverhalt sei hinreichend geklärt, der Verdächtige habe den Faustschlag zugegeben und damit Verantwortung übernommen, weshalb ihm eine Diversion angeboten wurde, sagte Bauer. Falls der Lehrling 350 Euro bezahlt - die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Summe bemisst sich an seinem Einkommen, als Tagsatz wurden vier Euro angenommen -, erspart er sich einen Prozess, eine allfällige Verurteilung und eine Vorstrafe.

Empörung bei Hinterbliebenen
Bei den Hinterbliebenen sorgt das Vorgehen der Anklagebehörde für Empörung. "Die Diversions-Voraussetzungen liegen nicht vor, da das Strafverfahren bis zuletzt wegen Paragraf 86 StGB geführt wurde. Aus dem Akt geht nicht hervor, dass die in diese Richtung laufenden Ermittlungen eingestellt wurden. Abgesehen davon ist der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt. Damit ist keine Diversion möglich", so Philipp Wolm, der Rechtsvertreter der Angehörigen. "Wir werden dieses Vorgehen auf jeden Fall von der Oberstaatsanwaltschaft Wien überprüfen lassen", kündigte der Anwalt an.

"Sicherungen durchgebrannt"
Der 17-Jährige war auf dem Weg von der Disco zur Bushaltestelle in eine Auseinandersetzung mit anderen Jugendlichen geraten. Er wurde von einem 1,95 Meter großen, kräftigen 19-Jährigen niedergeschlagen, nachdem er dessen Freundin beschimpft und nach dessen Bruder getreten habe. Die Polizei, die ursprünglich von einem Drogentod ausgegangen war, konnte den Verdächtigen ausforschen. Ihm wären "die Sicherungen durchgebrannt", gab der 19-Jährige in seiner polizeilichen Einvernahme zu Protokoll. Wie ein Zeuge schilderte, war der 17-Jährige auf den Schlag hin "wie ein Stück Holz" umgefallen.

Eine chemische Untersuchung der Leiche ergab, dass der 17-Jährige vor seinem Ableben den Wirkstoff Salbutamol - ein Spray, der bei Asthma Bronchiale oder chronischer Bronchitis verschrieben wird - und geringe Mengen an Suchtmitteln konsumiert hatte. Der vom Gerichtsmediziner beigezogene Chemiker ging davon aus, dass der 17-Jährige zeitnahe eine Konsumeinheit MDMA - sprich: eine Ecstacsy-Tablette - eingenommen und einige Zeit davor Cannabis geraucht hatte. Diese Substanzen dürften bei dem Burschen allerdings keine große Wirkung entfaltet haben. Von einer THC-bedingten Beeinträchtigung sei "nicht zwingend auszugehen", legte der Chemiker dar.

1,81 Promille Alkohol im Blut
Demgegenüber war der Bursch stark alkoholisiert. Im Blut ließ sich noch ein Wert von 1,81 Promille nachweisen. Ausschlaggebend für den unmittelbaren Todeseintritt war laut Gerichtsmediziner ein akuter Atemnotanfall "bei vorbestehenden, asthmatisch-entzündlichen Veränderungen der Atemwege". Ein "Erregungszustand im Rahmen der tätlichen Auseinandersetzung" könne "das Auftreten eines Atemnotanfalls begünstigt und die Kreislaufbelastung nach Einnahme zentral stimulierender Medikamente weiter gesteigert, somit zum Todeseintritt beigetragen haben".

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