Serie von Suiziden

Mordverdächtiger erhängt sich in Linz in Gefängniszelle

Oberösterreich
27.10.2011 09:55
Ein 48-jähriger Oberösterreicher, der - wie berichtet - im Juli einen 65-jährigen Rumänen erschossen sowie dessen Frau und Sohn lebensgefährlich verletzt haben soll, hat sich am Mittwochabend in seiner Zelle in der Justizanstalt Linz erhängt. Das berichtete Anstaltsleiter Josef Pühringer am Donnerstag. In Oberösterreich gab es in den vergangenen Monaten eine regelrechte Serie an Suiziden von Straf- oder Untersuchungshäftlingen.

Der U-Häftling hatte sich in der Zellentoilette mit einem Gürtel erhängt, berichtete Pühringer. Als er sich bei den regelmäßigen Kontrollen nicht meldete, hätten Mitarbeiter nachgesehen und den Toten gefunden. Eine Obduktion wurde routinemäßig angeordnet, es sei aber eindeutig ein Suizid. Es habe keinerlei Anzeichen im Vorfeld gegeben, so der Anstaltsleiter, der Mann habe auch keine psychischen Probleme gehabt.

Banaler Streit als Auslöser für Gewehr- und Messerattacke
Der 48-Jährige soll am 22. Juli eine rumänische Familie, die in seiner Nachbarschaft in Traun (Bezirk Linz-Land) Verwandte besucht hatte, mit einem Kleinkalibergewehr attackiert haben. Der 65-jährige Großvater wurde von drei Projektilen getötet, seine 63-jährige Frau ebenfalls angeschossen.

Der 37-jährige Sohn des Paares versuchte seinen Eltern zu Hilfe zu kommen und entriss dem Schützen die Waffe. Daraufhin zog der Angreifer ein Messer und fügte ihm einen lebensgefährlichen Bauchstich zu. Die beiden Enkelkinder, Mädchen im Volksschulalter, mussten die Tat vom Auto aus mit ansehen. Als Motiv wird ein Jahre zurückliegender, banaler Streit vermutet.

Serie von Selbstmorden und -versuchen in Justizanstalten
In oberösterreichischen Justizanstalten gab es zuletzt eine ganze Reihe von Selbstmorden, vor allem in Wels: Im Februar 2010 erhängte sich dort ein 30-jähriger Türke, der seine 28-jährige Ex-Frau bei einem Streit um das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn umgebracht haben soll, in seiner Zelle. Der Untersuchungshäftling dürfte bereits vor der Bluttat psychische Probleme gehabt haben.

Im Februar dieses Jahres strangulierte sich ein 45-jähriger, der verdächtigt wurde, wenige Tage zuvor im Streit einen Wirt erstochen zu haben. Im Juli erhängte sich ein 20-Jähriger mit seinem Gürtel, während in derselben Nacht ein 37-Jähriger erfolglos versuchte, sich mit einem Besteckmesser zu töten. Beide Häftlinge verbüßten Strafen wegen Eigentumsdelikten. Vor eineinhalb Wochen nahm sich der Hauptverdächtige im Mordfall Paulina, der Stiefvater der getöteten 14-Jährigen, mit der Kordel eines Wäschesachsacks das Leben (siehe Infobox).

Zwei kritische Zeitpunkte für Häftlingssuizid
Im Schnitt nehmen sich zehn Häftlinge pro Jahr in österreichischen Gefängnissen das Leben. "Das Risiko ist nicht mathematisch ausrechenbar. Es ist ein Kampf, den man im Einzelfall nicht immer gewinnen kann", sagte Karl Drexler, Leiter der Vollzugsdirektion. Einen Rückgang der Suizidrate hinter Gittern brachte die Einführung des sogenannten Viennese Instrument for Suicidality in Correctional Institutions, kurz VISCI.

Dieses Präventivsystem beinhaltet ein Formular mit 20 Fragen, die die Vollzugsbeamten gleich bei der Einführung für eine mögliche Gefährdung des Häftlings sensibilisieren sollen. Laut Drexler gibt es zwei kritische Zeitpunkte für den Selbstmord eines Häftlings: die ersten Tage in Untersuchungshaft - hier setzt VISCI an - sowie die Zeit rund um die Urteilsverhängung.

Eine ständige Überwachung der Häftlinge sei nicht möglich "und rechtlich wohl auch nicht zulässig", meinte der Vollzugsdirektor. Aus demselben Grund werden Vorsorgemaßnahmen, wie den Gefängnisinsassen alle Dinge wegzunehmen, mit denen man sich zu Tode bringen könnte, nur in Akutfällen und kurzfristig gesetzt.

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