Zu wenige Beweise

Freisprüche nach Überfall auf Unternehmer-Paar

Österreich
15.12.2014 14:48
Nach einem bewaffneten Überfall auf ein Innviertler Unternehmer-Ehepaar in dessen Haus sind am Montag im Landesgericht Ried ein 29-jähriger Mazedonier und ein 33-jähriger Kosovare im Zweifel freigesprochen worden. Die Anklage hatte sich über weite Strecken auf eine Rufdatenauswertung gestützt. Bei dem Coup wurden Goldbarren, Schmuck und Bargeld im Wert von 770.000 Euro erbeutet. Die Freisprüche sind nicht rechtskräftig.

Laut Anklage waren in der Nacht auf den 11. Juni 2013 drei maskierte Männer in die Villa der Seniorchefs einer Firma in Ried eingedrungen, während ein Vierter Schmiere stand. Sie holten den 73-Jährigen und seine 64-jährige Frau aus dem Bett, setzten dem Mann eine Pistole an den Kopf sowie ein Messer an den Hals und zwangen ihn, die Tresore zu öffnen. Dann sperrten sie die beiden ins WC und flüchteten.

Keine Fingerabdrücke, keine DNA-Spuren
Die Opfer konnten die Angeklagten weder als Täter identifizieren noch ausschließen. Fingerabdrücke oder DNA-Spuren gab es nicht. Die Anklage stützte sich stark auf eine Rufdatenauswertung: Den Ermittlern waren verdächtige Wertkartentelefone aufgefallen. Diese wurden dem 29-jährigen Mazedonier und dem 33-jährigen Kosovaren zugeordnet. Letzterer hat früher in der Firma des Paares gearbeitet. Er soll sich im Haus ausgekannt und sogar beim Aufstellen des Tresors geholfen haben.

Die Männer bekannten sich nicht schuldig. Sie bestritten, die von der Polizei als verdächtig angesehenen Wertkartenhandys besessen zu haben. Allerdings wurde ein Gespräch mit diesen Nummern aufgezeichnet. Ein Sachverständiger für Phonetik bestätigte am Montag, dass auf dem Mitschnitt die Stimmen der Angeklagten zu hören sind. Ein Beschuldigter reagierte darauf mit Schulterzucken und dem Hinweis auf Erinnerungslücken, der andere sagte: "Ich habe oft mit fremden Handys telefoniert" - immer dann, wenn sein Guthaben abgelaufen sei.

Bewegungsprofile der Handys erstellt
Die Polizei erstellte auch Bewegungsprofile der angemeldeten Handys der Angeklagten. Diese waren seit Nachmittag des Überfallstages ident. Gegen 21 Uhr waren beide Geräte plötzlich nicht mehr eingeloggt, stattdessen wurden die Wertkarten-Handys aktiv, die den Tätern zugerechnet werden. Auch das Alibi, das ein Angeklagter vorwies, wurde durch dieses Bewegungsprofil ins Wanken gebracht.

Staatsanwalt Alois Ebner verwies in seinem Schlussplädoyer auf die vielen belastenden Details in der Rufdatenauswertung: "Wie will man das wegdiskutieren?" Die Verteidiger sahen jedoch keinen Beweis, sondern nur Indizien. "Es gibt offene Grenzen und viele Täter", so Anwalt Benno Wageneder. Sein Kollege Mirsad Musliu glaubt, dass die Polizei "zu rasch und zu eng ermittelt hat". Er warnte davor, dass man sich mit einem Schuldspruch, der rein auf der Telefonauswertung basiere, auf "sehr dünnem Terrain bewegen würde".

Richter: "Es reicht nicht für einen Schuldspruch"
So sah das offenbar auch das Gericht. Nach zweistündiger Beratung fällte der Schöffensenat schließlich einen Freispruch im Zweifel. Die Rufdatenauswertung lege einen dringenden Tatverdacht nahe, so Richter Josef Lautner. "Das trage ich vollkommen mit, aber es reicht nicht für einen Schuldspruch." Man wisse auch nicht, wer der unmittelbare Täter gewesen sei. Theoretisch könnten die beiden Angeklagten Beitragstäter gewesen sein. Ein mutmaßlicher Komplize ist auf der Flucht, gegen einen weiteren läuft ein Verfahren in Irland. Die Staatsanwaltschaft kündigte Nichtigkeitsbeschwerde an. Die Urteile sind somit nicht rechtskräftig.

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