Oma-Mord in OÖ

Enkel schrieb Seelennot in eigenem Lied nieder

Österreich
11.08.2013 10:48
Eine unschuldige Mädchenstimme singt einfühlsam Zeilen, die von einer erschütternden Seelenpein zeugen. Wenige Wochen, bevor Lukas S. (19) aus Taufkirchen/Pram seine Oma (68) ermordete, schilderte er auf einer selbst komponierten und eingespielten CD seine Not. Er behauptet, vom Opa (72) angestiftet worden zu sein.

"Hör einfach nicht auf diese Stimme in deinem Kopf, leb' dein Leben auf deine Weise, werde nicht ein Mensch, der du nicht sein willst. Das Einzige, was du tun musst, ist, du selbst zu sein. Und wenn du dich daran hältst, wird dein Leben in Ordnung kommen." – Zeilen, die bedrücken, angesichts dessen, was wenige Wochen nach der Aufnahme dieser CD – am 26. Oktober des Vorjahres – geschah: Lukas S. erschlug und erstach seine Oma Renate D. (68). Im Auftrag des Opas Leopold D. (72), wie er in seinem Geständnis einen Monat nach der Bluttat den Mordermittlern beichtete (siehe Infobox).

Großvater weist Schuld von sich
Eine Aussage, die vom beschuldigten Großvater allerdings von Anfang an bestritten wurde. Es habe keine Gespräche gegeben, er habe niemals mit dem Enkel über die Beziehung zur Oma gesprochen. Warum Lukas die Tat begangen habe und warum er ihn zu Unrecht als Auftraggeber bezichtige, sei ihm völlig unklar.

Eine Verteidigungsstrategie, die der Staatsanwalt nun aushebeln möchte. In einem schwierigen Indizienprozess, der am 26. August im Landesgericht Ried im Innkreis starten wird und für sechs Verhandlungstage anberaumt ist. Dabei ist eine Vielzahl von Zeugen – von Angehörigen bis zu ehemaligen Lehrern – geladen, damit die Geschworenen entscheiden können, wer lügt: Großvater oder Enkel.

"Geständnis" schon vor der Tat in Lied verpackt?
Nach monatelanger Recherche kann die "Krone" mit diesem ebenso eindringlichen wie erschütternden Liedtext ein besonderes Indiz vorlegen, das bisher den ermittelnden Behörden noch nicht bekannt war.

Im Herbst hatte Lukas mit einer gleichaltrigen Mitschülerin die CD mit dem Titel "Don’t Listen" (übersetzt also "Hör nicht zu") aufgenommen. Der junge Musiker hatte Lied und Text selbst komponiert, verfasst und am Klavier begleitet. Das Mädchen sang diese Zeilen, ohne dabei zu ahnen, welche dramatische Seelennot sich hinter den Worten von Lukas verbarg und welche Dimension dieses "Geständnis" in schlichtem Schulenglisch hatte.

Der Opa soll ihn unter Druck gesetzt haben
Denn in seiner Einvernahme durch die Kriminalpolizei schilderte Lukas genau diese erdrückende, für ihn ausweglose Situation: Sein dominanter Großvater soll im September und Oktober drei Mal auf den Lieblingsenkel, der von klein auf immer unter seiner Kuratel stand, eingeredet haben: "Ich mag und kann mit der Oma nicht mehr, sie muss weg, egal wie. Du musst mir dabei helfen. Wenn du es nicht tust, mach' ich dir das Leben zur Hölle."

Auch das Gutachten der Linzer Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner unterstützt die Version des Maturanten: Lukas war aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht in der Lage, sich den Aufforderungen des Großvaters zu widersetzen. Es war für ihn "einfacher", seine Großmutter zu töten.

Mit dem Song suchte Lukas einen Ausweg
Noch einmal Lukas in seinen Worten, mit dem Refrain von "Don’t Listen": "Am Ende bist du die einzige Person, die entscheiden kann, wie dein Leben sein soll. Aber ich will dir einen Rat geben. Bleib standhaft, damit du ohne das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben, weitermachen kannst. Und ja, ich weiß, es ist hart, standhaft zu bleiben." Ob Lukas nur Täter oder auch Opfer ist, muss der Richter entscheiden.

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