Spitzel sagt aus

Tierschützer-Prozess: “Da war nix Aufregendes”

Niederösterreich
18.03.2011 16:25
Reichlich wortkarg hat sich am Freitag im Wiener Neustädter Prozess gegen 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation die Vertrauensperson "VP 481" präsentiert, die 2007 etwa ein halbes Jahr lang als Spitzel in der Tierschutzszene aktiv war. Bei der Befragung durch Richterin Sonja Arleth offenbarten sich bei der 36-jährigen Zeugin hauptsächlich Erinnerungslücken. Das Verfahren gegen die 13 Aktivisten läuft seit 2. März 2010, an 80 Tagen wurde bisher verhandelt. Am Montag wird der Leiter der Sondereinheit Observation als Zeuge aussagen.

Die wenigen noch vorhandenen Erkenntnisse von "VP 481" enthielten keine Hinweise auf Verdächtiges: "Ich hab bei einigen Aktionen und Treffen mitgemacht, aber da war nix Aufregendes zu ermitteln", meinte sie am Freitag.

Die Richterin interessierte sich für die Treffen und Demos in der Tierschutzszene, wie sie abgelaufen seien und worum es gegangen sei. Es habe "nichts Aufregendes" gegeben und es sei "um die Tiere" gegangen, so die Informantin. An wie vielen Demonstrationen sie teilgenommen habe, könne sie nicht mehr sagen. "Es ist zwar geschrien worden, aber es war friedlich", erzählte sie. Auch bei Vereinstreffen sei sie anwesend gewesen: "Damals ists um irgendan Schimpansen gangen."

Anwalt: "Alles offen vom Bankraub bis zum Mord?"
Von ihrem polizeilichen Führer war sie angesprochen worden, weil "er weiß, dass ich Tierschützerin bin". "Ich sollte nur schauen, ob irgendwas kaputt gemacht wird oder ob irgendwelche illegalen Aktionen geplant sind", erläuterte sie ihren Arbeitsauftrag. Was unter "illegal" zu verstehen sei, sei aber "nicht wirklich" definiert worden. Es sei generell um Anschläge gegangen, sagte sie und erwähnte auch Buttersäure, nur um sich wenig später selbst zu widersprechen: An eine Aufklärung über mögliche Straftaten, die infrage kämen, könne sie sich nicht erinnern. "Es war also alles offen vom Bankraub bis zum Mord?", wunderte sich Anwalt Jürgen Stephan Mertens. "Wenn sie so wollen", antwortete die Frau.

Aufträge, wo genau sie hingehen solle, habe sie nicht bekommen. Sämtliche Infos habe sie nach den Treffen telefonisch an ihren polizeilichen Führer weitergegeben. Was dieser mit den Informationen gemacht habe, wisse sie nicht und es habe sie auch nicht interessiert.

An Gespräche mit dem erstangeklagten Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) könne sie sich nicht erinnern. "Aber den Balluch kennt man schon in der Tierschutzszene?", wollte Arleth wissen. "Nicht unbedingt", überraschte die VP. "Waren Sie überhaupt Tierschutz-interessiert?", fragte die Richterin daraufhin. "Schon." Sie habe selbst Hunde bei sich aufgenommen und sei jetzt im Pferdeschutz aktiv, gab sie an. "Wenn Unterschriften gesammelt wurden, hab ich unterschrieben."

Kein Geld für Spitzel-Tätigkeit bekommen
Heftig diskutiert wurde am Freitag auch darüber, ob dies der erste Einsatz der 36-Jährigen als Vertrauensperson war. Die Zeugin, die in Polizeibegleitung zum Gericht kam, verweigerte zunächst die Antwort und gab dann an, sie sei zuvor noch nie als Informantin tätig gewesen. Unbeantwortet blieb, woher die Frau den Führungsbeamten des Büros für verdeckte Ermittlungen kannte und wie oft sie zuvor mit ihm in Kontakt stand.

Zugestimmt habe sie dieser Tätigkeit aufgrund von "Interesse" daran, wie es im Tierschutz und bei der Polizei so laufe, führte sie nach mehrmaligem Nachfragen aus. Die Spitzel-Tätigkeit endete dann aufgrund "privater Probleme" und weil ihr Auto kaputt gewesen sei. Geld will sie für die Dienste nicht erhalten haben, lediglich Aufwände wie Spritkosten seien ihr ersetzt worden.

Auch die Kontaktaufnahme Balluchs mit der Frau Ende Jänner war kurz Thema. Balluch hatte sie angerufen, um ihre Identität abzuklären und sie zu einem Interview zu überreden. Dabei habe sie gesagt, sie könne sich an nichts mehr erinnern, weil sie damals "ständig ang'soffn" gewesen sei - was sie heute als Lüge bezeichnete.

Auch hatte sie gegenüber dem Erstangeklagten zunächst geleugnet, als Informantin tätig gewesen zu sein. "Ich hatte Angst. Ich hab ja nicht gewusst, was er wollte und wie er reagiert hätte, wenn ichs zugegeben hätte", meinte sie auf Nachfrage des Staatsanwalts. Dass es, wie der Fünftbeschuldigte vermutete, der Exekutive nicht recht gewesen sein könnte, bestritt sie.

"Man hat halt gemerkt, man war nicht willkommen"
Aufträge bezüglich der Basisgruppe Tierrechte (BaT) habe sie von der Polizei nicht erhalten. Dass es diese Gruppe gibt, "hab ich irgendwo einmal aufgeschnappt". "Ich bin einmal in das damalige Vereinslokal reingeplatzt", erzählte sie, weil sie gehört habe, dass auch VgT-Leute dort sein sollten. "Das hat aber nicht gestimmt". Weil die Blicke dort "ziemlich verhalten" gewesen seien, sei sie wieder gegangen. "Man hat halt gemerkt, man war nicht willkommen."

Namen von Verdächtigen will die Vertrauensperson von der Soko bzw. ihrem polizeilichen Führer nicht bekommen haben. Der vollständige Name des Zweitangeklagten, der im Bericht steht, überraschte sie bei einem Vorhalt. "Ich kannte den nur als F., ich hab gar nicht gewusst, dass der so heißt", gab sie sich ratlos. Woher der Nachname im Bericht also stammte, blieb ungeklärt.

Neben der kriminellen Organisation müssen sich sieben Beschuldigte auch wegen weiterer Delikte wie Nötigung, Sachbeschädigung und Tierquälerei verantworten. Die Urteilsverkündung ist für den 2. Mai vorgesehen.

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