Knappe Entscheidung

Prozess um Wiederbetätigung endet mit Freispruch

Österreich
18.03.2014 16:26
Mit einem Freispruch ist am Landesgericht Wiener Neustadt am Dienstag ein Wiederbetätigungsprozess zu Ende gegangen. Angeklagt war der Verfasser des Parteiprogramms der - 2009 nicht zur Landtagswahl in Oberösterreich zugelassenen und mittlerweile aufgelösten - NVP (Nationale Volkspartei). Zu Verfahrensbeginn im Juni 2013 hatte sich der Beschuldigte "nicht schuldig" bekannt. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig.

Als die NVP 2009 in Oberösterreich antreten wollte und ihr Parteiprogramm einbrachte, ortete die Landeswahlbehörde Wiederbetätigung und erklärte die Kandidatur für nicht zulässig. Verfassungsschützer wurden aktiv, Anzeigen und Prozesse in Linz und Wiener Neustadt folgten.

In dem Programm waren laut Anklage einige Passagen beinahe wortgleich aus einem SS-Lehrplan übernommen. Nun wurde ein Gutachten aus den Bereichen Politikwissenschaften und Parteienforschung eingeholt. Dieses wurde von der Verteidigung zum Beweis dafür beantragt, dass das NVP-Parteiprogramm nicht gegen das Verbotsgesetz verstoße.

Zwei Seiten aus SS-Bildungspapier übernommen
Der deutsche Gutachter Eckhard Jesse kam zu dem Schluss, dass das Programm rechtsextremistische und nationalistische Elemente enthielt, aber nicht nationalsozialistisch ausgerichtet war. Zum NSDAP-Programm gebe es keine Parallelen, und auch keine rassistischen Äußerungen. Der "wunde Punkt" sei allerdings, dass jene zwei Seiten, die sich als Plagiat aus dem SS-Bildungspapier herausstellten, nach Bekanntwerden dieser Tatsache nicht herausgenommen wurden.

Das ganze Programm sollte daraufhin neu geschrieben werden, rechtfertigte sich der Beschuldigte, einst NVP-Mitbegründer und Ehrenobmann. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen. Im Nachhinein gesehen wäre eine sofortige Korrektur vernünftiger gewesen, meinte der Mann, der sich in Wiener Neustadt bereits wegen Wiederbetätigung hatte verantworten müssen.

57-Jähriger distanzierte sich vom Rechtsextremismus
Der 57-Jährige betonte mehrmals, auch auf kritische Fragen von Geschworenen, sich von Rechtsextremismus und Nationalsozialismus zu distanzieren, tat sich aber schwer, seine damaligen parteipolitischen Ziele zu erklären. Schließlich sprach er von einem Modell einer postindustriellen Gesellschaft.

Ein aus Oberösterreich angereister Zeuge, der in der Causa NVP bereits in Linz vor Gericht stand, bestätigte, dass die Gruppierung das vom Angeklagten verfasste Parteiprogramm nach Bekanntwerden der Plagiats-Passagen hätte neu verfassen wollen. Auf die Frage nach dem Parteiaustritt des Ehrenobmanns meinte der 38-Jährige, das sei weniger ein Austritt als vielmehr der Parteizerfall gewesen.

"Im Zweifel für den Angeklagten"
Die Verteidiger ersuchten in ihrem Schlussplädoyer um einen Freispruch für den Ex-NVP-Funktionär. Sollten die Geschworenen doch Zweifel haben, obwohl das Sachverständigengutachten "sehr deutlich" war, dann müsse der Rechtsgrundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" gelten.

Die Geschworenen entschieden mit vier zu vier Stimmen, was einen Freispruch im Zweifel ergab, so Richterin Birgit Borns. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

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