"Jetzt ist's vorbei"

NÖ: Erneut Freispruch im Tierschützer-Verfahren

Österreich
27.05.2014 15:47
Im letzten der drei neuen Tierschützer-Verfahren am Landesgericht Wiener Neustadt ist am Dienstag ein ehemaliger ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) in allen Anklagepunkten - Nötigung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt - freigesprochen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.

Die Verhandlung war ursprünglich für zwei Tage anberaumt. Am Nachmittag erklärte Einzelrichter Erich Csarmann jedoch, auf weitere Zeugen zu verzichten. Der folgende Freispruch wurde vom Publikum mit tosendem Applaus quittiert. "So Mama, jetzt ist's vorbei": Mit diesen Worten schloss der 32-jährige Akademiker seine in Tränen aufgelöste Mutter in die Arme.

Den Freispruch bezüglich der schweren Nötigungen von Modehausketten-Eigentümern, denen in E-Mails Konsequenzen angedroht worden wären, falls sie Pelzprodukte weiter verkaufen würden, begründete der Richter so: "Es wurden Kampagnen in den Raum gestellt und Aktionen zivilen Ungehorsams angekündigt. Aber das waren keine Nötigungen. Durch abgehaltene Demos kam es sicher zu Beeinträchtigungen der Geschäftstätigkeit. Aber es waren alles friedliche Demos. Das waren eher Belästigungen, Kunden wurden angepöbelt, aber auch aufgeklärt, aber nicht mit einer Intensität, mit der man unmittelbar Auswirkungen auf den Geschäftsumfang machen kann. Letztendlich ergibt sich der Umsatz aus autonomer Kundenentscheidung."

Konkretisierte und objektivierte Übergriffe fehlten dem Richter. Er ließ auch durchblicken, dass er den von den Modehäusern bezifferten Schaden von mehreren Hunderttausend Euro für "nicht glaubhaft" hielt - eine Aufstellung der behaupteten Einbußen fand sich nicht im Akt.

"Man kann dem Angeklagten nicht alles unterstellen"
Hinsichtlich des angeklagten Widerstands gegen die Staatsgewalt schenkte Csarmann der Version des Angeklagten mehr Glauben als der eines Polizisten, wonach der Angeklagte bei seiner Festnahme handgreiflich geworden sei. Bei der ebenfalls angeklagten Sachbeschädigung - bei einer Demo waren Fenster durch Steinschläge zu Bruch gegangen - hielt der Richter die "Beweiskette" für "gerissen": "Man kann dem Angeklagten nicht alles unterstellen."

Während die im ersten Prozess erfolgten 13 Freisprüche von der Beteiligung an einer kriminellen Organisation rechtskräftig geworden waren, hatte das Oberlandesgericht Wien die Freisprüche in Bezug auf Delikte wie Tierquälerei und Nötigung aufgehoben. Damit standen insgesamt fünf der einstigen Angeklagten in den vergangenen 14 Tagen nochmals vor Gericht, die im Mai vorangegangenen vier Freisprüche sind bereits rechtskräftig.

Balluch: "Bin zutiefst erleichtert, aber auch gerührt"
"Ich bin zutiefst erleichtert, aber auch wahnsinnig gerührt. Jetzt sind wir endgültig rehabilitiert. Gar nichts ist übrig geblieben von der ganzen Anklagerei", reagierte VGT-Obmann Martin Balluch auf den Ausgang des Verfahrens. Er hofft natürlich, dass die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt den jetzt gefällten Freispruch akzeptiert.

Balluch selbst wird am 26. Juni auf Klägerseite in Wien vor Gericht ziehen. Denn da beginnt der von ihm gegen die Republik Österreich angestrengte Prozess, in dem er vom Staat 600.000 Euro an Anwaltskosten für den Tierschützer-Prozess fordert.

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