DNA auf Decke

Mordverdächtiger im Fall Julia Kührer zum 2. Mal in Haft

Österreich
06.12.2012 10:40
Das Kriminalpuzzle um Julia Kührer steht nach mehr als sechs Jahren möglicherweise doch noch vor der Klärung: Ermittler des Bundeskriminalamtes verhafteten am Mittwochabend jenen Mann, in dessen Erdkeller die Leiche der zum Zeitpunkt ihres Verschwindens 16-Jährigen gefunden wurde, zum zweiten Mal. Diesmal belastet ein Indiz den Hauptverdächtigen laut Ermittlern schwer: Auf der Decke, in die Julias sterbliche Überreste eingewickelt waren, fanden Experten seine DNA. Für den Anwalt des Verdächtigen "sagt das nichts", der Rechtsvertreter von Julias Eltern sieht einen "möglichen Durchbruch".

Das Verschwinden der Schülerin am 27. Juni 2006 aus der 1.600-Einwohner-Stadtgemeinde Pulkau in Niederösterreich war zu einem der größten Rätsel in der jüngeren österreichischen Kriminalgeschichte geworden. Der Fall Kührer erinnert bis heute an Natascha Kampusch - allerdings ohne glückliches Ende.

Im Sommer vergangenen Jahres wurden Julias sterbliche Überreste in einem Erdkeller nur etwa vier Kilometer von ihrem Heimatort entfernt gefunden. Besitzer des Grundstückes ist Michael K. Der Mann geriet sofort ins Visier der Ermittler und wurde verhaftet. Ihm gehörte in Pulkau eine Videothek, die eine Art Jugendtreff war. Nach dem Verschwinden der 16-Jährigen machte er sein Geschäft plötzlich zu.

Verdächtiger will selbst Opfer sein
In den damaligen Einvernahmen gab der heute 51-Jährige an, dass er Julia nur flüchtig gekannt habe - und tischte den Fahndern dann eine Geschichte auf, die den Thesen von "EU-James-Bond" Ernst Strasser um nichts nachsteht. Um ihm etwas anzuhängen, hätte der eigentliche Mörder die Leiche von Julia Kührer in seinem Keller versteckt. Wie auch immer: Michael K. kam frei.

Obwohl der Fall schon fast aussichtslos schien, gaben die "Cold Case"-Einheit des Bundeskriminalamtes und die Staatsanwaltschaft Korneuburg nicht auf. Letzter Strohhalm, bevor der Aktendeckel endgültig geschlossen werden sollte: eine blaue Decke, in die Julias sterbliche Überreste eingewickelt waren. Die Suche nach den nur 276 Käufern österreichweit verlief aber im Sand.

Spurenexpertin erzielte Durchbruch
Den Durchbruch bei den Ermittlungen brachte erst "Kommissar DNA": Mit einer neuen Untersuchungsmethode konnte Top-Expertin Christa Nussbaum - sie brachte schon bei unzähligen Mordverfahren Angeklagte ins Schwitzen - mithilfe der Tatortgruppe des Landeskriminalamtes Niederösterreich den genetischen Fingerabdruck von Michael K. auf dem Stück Stoff nachweisen.

Deshalb gab es nun einen zweiten Haftbefehl wegen Mordverdachts. Am Mittwoch gegen 18 Uhr klickten für den Hauptverdächtigen in seiner Wohnung in Wien die Handschellen.

Anwalt des Verdächtigen: "Das ist zu wenig"
Dass Julias Eltern nun endlich Frieden finden können, ist dennoch höchst ungewiss - zumindest, wenn es nach Farid Rifaat, dem Anwalt von Michael K., geht. Die DNA seines Mandanten auf einer Decke "sagt noch nichts", betonte Rifaat am Donnerstag. Er wäre "überrascht", gäbe es deshalb ein Geständnis. Man könne ja noch nicht einmal sagen, was die Todesursache von Julia Kührer gewesen sei.

Es stehe fest, dass sein Mandant die Decke nicht gekauft habe, so Rifaat. Dass der 51-Jährige mit dem Stück in Berührung gekommen sei, sei nicht auszuschließen. Deshalb sei er aber "noch lange nicht der Täter", meint der Anwalt. "Das ist zu wenig."

Anwalt der Eltern: "Wichtiges Indiz"
Jurist Gerald Ganzger hingegen, der Julias Eltern vertritt, sieht in der Festnahme des 51-Jährigen durchaus einen möglichen Durchbruch. Die DNA-Spur auf der Decke sei jedenfalls ein "sehr wichtiges, möglicherweise entscheidendes Indiz". Ganzger merkte an, dass der Verdächtige "bisher jeden Zusammenhang mit der Leiche verneint" habe.

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