Wegen Schnarchens

Mithäftling in Bauch gestochen – 15 Jahre Haft kassiert

Niederösterreich
30.11.2010 16:25
Wegen Mordversuchs an seinem Zellengenossen ist ein 20-jähriger Wiener am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt von einem Geschworenengericht zu 15 Jahren Freiheitsstrafe und Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtbrecher verurteilt worden. Er soll Ende Februar in der Justizanstalt Hirtenberg den ober ihm im Stockbett schlafenden Häftling durch zwei wuchtige Messerstiche schwer verletzt haben, weil ihn das Schnarchen des 35-Jährigen gestört hätte. "Bitte nicht in eine Anstalt", flehte der 20-Jährige am Ende der Verhandlung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mildernd waren neben dem jungen Alter des Angeklagten dessen Tatsachengeständnis und der Fakt, dass es beim Versuch geblieben war, so Richterin Birgit Borns. Erschwerend wirkten sich hingegen die Vorstrafen des jungen Mannes aus. Der Beschuldigte nahm Bedenkzeit, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Die Geschworenen hatten einstimmig auf versuchten Mord entschieden.

Nur dank moderner Medizin überlebt
Die "wuchtigen" Stiche mit einem Gemüsemesser mit neun Zentimeter langer Klinge trafen das Opfer in den Hals und in die linke Brust, wodurch der Kopfwendemuskel durchtrennt und der Herzbeutel verletzt wurde. In derartigen Stichen sah der Staatsanwalt einen Tötungsvorsatz. Der 35-Jährige habe nur dank moderner Medizin überlebt. Der Angeklagte weise acht Vorstrafen auf und zeige eine geringe Hemmschwelle, es gebe durch die Haften keinen Resozialisierungserfolg.

Angeklagter kann "zwischen Gut und Böse unterscheiden" 
Der Staatsanwalt forderte eine angemessene Bestrafung plus Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Laienhaft formuliert sei der Beschuldigte "nicht normal", was auch das psychiatrischen Gutachten bestätigte. Der 20-Jährige weise eine disoziale Persönlichkeit auf, zeige Charakterauffälligkeiten und eine geistige Abnormität. Er war allerdings zur Tatzeit zurechnungsfähig und stand, obwohl er Tage zuvor in Hirtenberg Cannabis konsumiert hatte, nicht unter die "Zurechnungsfähigkeit ausschließendem Einfluss von Drogen oder Substitutionsmedikamenten". Wie Schulkarriere und Lebenslauf zeigten, zähle der 20-Jährige "zwar nicht zu den intelligentesten Menschen der Gesellschaft, aber er kann zwischen Gut und Böse unterscheiden".

Opfer beschrieb Tat ein wenig anders als Angeklagter
Das Opfer hatte eine andere Erinnerung an den Tathergang als der Angeklagte. Während der 20-Jährige angab, der 35-Jährige sei nach dem Stich in den Hals von seinem Bett "runtergehupft" und habe ihn gefragt "was machst du?", worauf er ein zweites Mal zustach, glaubte dieser, beide Stiche im Bett liegend kassiert zu haben. Bis heute habe er Albträume, meinte der Zeuge zu seiner Schmerzensgeldforderung im Ausmaß von 7.000 Euro.

20-Jährigen wegen Schnarchens Ohrstöpsel angeboten
Er sei eigentlich mit allen gut ausgekommen, erzählte der Zeuge: "Ich habe nur meine Strafe runterbiegen und meine Ruhe haben wollen." In seinem früheren Haftraum sei er sekkiert und gehänselt worden, mit den "Junkies" wollte er auch nichts zu tun haben. Der 20-Jährige habe ihn andauernd geweckt und aufgefordert, sich auf eine Seite zu legen. Er habe ihm erklärt, für sein Schnarchen nichts zu können, und ihm Ohrstöpsel angeboten. Er sei erst durch den Herzstich munter geworden und wollte aus dem Bett, um der Justizwache zu läuten. Dass sein Angreifer Hilfe holte, sei ihm positiv anzurechnen.

Schnarchen soll schuld an Schlafentzug gewesen sein
Der 20-Jährige bekannte sich der Körperverletzung schuldig, bestritt aber die Tötungsabsicht. "Ich bin einfach ausgerastet", sagte er mehrmals auf Richterfragen, welches Ziel er mit den Messerstichen verfolgt habe - und weiter: Das Schnarchen habe ihn "ganz deppert" gemacht, er habe in dem Moment nicht nachgedacht und nur "schwarz" gesehen. Er hätte schon an Schlafentzug gelitten.

Schon als Kind Alkohol, Cannabis und Heroin konsumiert
Die Lebensgeschichte des jungen Mannes klang trist: Vater unbekannt, aufgewachsen bei der Großmutter, neun Jahre Sonderschule - kein Beruf. Dann mit 13 Einstieg in den Alkoholkonsum, "Gras", ab 14 Heroin, "aber nie gespritzt", sagte er. Das Taschengeld der Oma musste für den Drogenkonsum herhalten, es folgten Eigentumsdelikte als Handlungen der Beschaffungskriminalität.

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