Gebeine und Mauern

Erste Funde bei Grabungen am St. Pöltner Domplatz

Niederösterreich
11.08.2010 09:07
Am Domplatz in St. Pölten ist ein "Fenster in die Vergangenheit" geöffnet worden: Die zu Monatsbeginn gestarteten archäologischen Grabungen brachten bereits den ersten interessanten Fund in Form von Mauerzügen zutage, die vermutlich Bestandteil des hoch- bzw. spätmittelalterlichen Klosters waren.

"Das ist deshalb überraschend, weil diese Mauern im Georadarbild nicht abgezeichnet sind. Es war bisher nicht bekannt, dass das Kloster, das der Sage nach in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts von Adalbert und Ottokar gegründet worden ist, in seiner Ausdehnung im 13. bis 16. Jahrhundert bis in den Domplatz hinein gereicht hat", erläuterte Grabungsleiter Ronald Risy (Bild links). Damit werde die älteste Ansicht der Klosterkirchen St. Pölten in einer Randzeichnung einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert bestätigt.

Außerdem sind, wie vermutet, bereits unmittelbar unter der Asphaltoberfläche zahlreiche Bestattungen erkennbar. "Die aus heutiger Sicht sehr seichte Lage der Gräber ist auf eine mehrfache Absenkung des Platzniveaus im 19. Jahrhundert zurückzuführen", so Risy. Aus früheren Erkundungsgrabungen, einer Georadaruntersuchung und dem historischen Quellenmaterial war bekannt, dass sich am Domplatz ein zumindest ab der Mitte des elften Jahrhunderts bis Ende des 18. Jahrhunderts genutzter Stadtfriedhof befand. Aus diesem Grund rechnen die Wissenschaftler mit 20.000 bis 30.000 Bestatteten in diesem Bereich.

Die Bestattungen und Baubefunde werden fotogrammetrisch aufgenommen, die Bilder noch vor Ort entzerrt, in den Gesamtplan eingehängt und die Befunde digitalisiert. Den archäologischen Grabungen unter Aufsicht des Bundesdenkmalamts soll die im Masterplan der Landeshauptstadt enthaltene Neugestaltung des Domplatzes folgen. "Wer sich den Domplatz mit seiner derzeitigen Oberfläche genau anschaut, wird auch nicht bestreiten können, dass etwas getan werden muss", sagte Bürgermeister Matthias Stadler (Bild rechts). Den Vorgaben gemäß müssen gefundene Mauerreste erhalten bleiben, die Gebeine sollen nach archäologischer und anthropologischer Begutachtung in einem Sammelgrab beigesetzt werden.

Die Bevölkerung hat Gelegenheit, sich auf die Spuren der Vergangenheit zu begeben: Bis auf weiteres werden Führungen bei den Grabungen kostenlos angeboten, und zwar jeweils Freitag um 13 Uhr.

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