In Allentsteig

Darabos mit 200 Bauern wegen Pacht im Clinch

Niederösterreich
05.03.2012 14:49
Verteidigungsminister Norbert Darabos sorgt mit seinen Spar-Aktivitäten nicht nur beim Militär für Unmut. Er liegt außerdem mit rund 200 Bauern im Clinch, die die landwirtschaftliche Fläche rund um den Truppenübungsplatz Allentsteig in Niederösterreich bewirtschaften und fürchten, dass ihnen die Existenzgrundlage entzogen wird. Denn der Minister will von den Landwirten eine höhere Pacht. Diese wollen das nicht akzeptieren und bereiten eine Klage auf Restitution der von den Nazis beschlagnahmten Gründe vor.

Das Ministerium habe den Landwirten mitgeteilt, dass aufgrund der Budgetnot die Pacht erhöht werden müsse, erklärte Bezirksbauernobmann Dietmar Hipp nach einer Unterredung im Ministerium am Montag. Über die genaue Höhe hätten sich die Beamten allerdings ausgeschwiegen, man habe keinerlei Zahlen genannt. Das Ministerium versuche offenbar auf dem Rücken der Betroffenen "Geld zu machen". "Das ist unseriös. Das werden wir so nicht akzeptieren", so Hipp.

Hintergrund des Konflikts sind Pläne des Ministeriums, die Heeresforste an die Bundesforste auszulagern. Rund 200 Bauern, die die rund 3.000 Hektar großen landwirtschaftlichen Flächen rund um Allentsteig bewirtschaften, fürchten, dass ihnen dadurch die Existenzgrundlage entzogen wird.

Ein Großteil dieser Landwirte sind Nachfahren der zwischen 1938 und 1942 von dort Vertriebenen. Der Truppenübungsplatz - mit rund 157 Quadratkilometern fast genauso groß wie das Fürstentum Liechtenstein - wurde in dieser Zeit von den Nazis etabliert, die ansässige Bevölkerung dafür ausgesiedelt. Insgesamt verloren damals knapp 7.000 Menschen ihre Heimat. Ein Teil wurde angemessen entschädigt, ein Teil jedoch nicht.

Bauern und Co. bereiten Klage vor
Nun bereiten die Bauern eine Klage auf eine entsprechende Entschädigung vor, wie Hipp sagte. An der Klage sollen sich weit mehr als die 200 Bauern beteiligen, denn es gebe viel mehr Betroffene. Der Bauernbund und die Landwirtschaftkammer hätten ihre Unterstützung bereits zugesagt. Hipp kündigte zudem an, dass die Bürgerinitiative nächste Woche Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eine Unterschriftenliste übergeben werde. Im Raum steht auch eine Demonstration vor dem Ministerium in Wien. Wenn Minister Darabos auch diese Woche das Gespräch verweigere, werde man dieses "letzte Mittel" ergreifen, so Hipp. Aus dem Ministerium hieß es daraufhin, dass in puncto Pachterhöhung noch nichts entschieden sei.

Die Bauern zahlen für ihre Pachtverträge vergleichsweise wenig, dafür sind diese immer nur für ein Jahr gültig. Zudem müssen die Landwirte immer wieder damit rechnen, dass es durch die militärischen Übungen zu Schäden kommt, für die sie allerdings keine Entschädigung bekommen. Mehrere Bauern bewirtschaften auch andere Flächen, trotzdem bange mehr als die Hälfte angesichts der Pläne Darabos' um die Existenz, wie Hipp sagte. Die Bauern befürchten, dass sie mit der Auslagerung der Heeresforste ihre Pachtverträge verlieren. Für manche würde das bedeuten, dass sie die Hälfte ihrer Futterfläche verlieren und das sei existenzbedrohend, so Hipp.

Militärs sehen Übungen in Gefahr
Die Landwirte sind aber nicht die einzige Gruppe, die von den Plänen des Ministers verunsichert ist. Auch das Militär befürchtet, dass eine Auslagerung an die Bundesforste schlimme Folgen hätte. Derzeit wird das Areal vom Heer zwar im land-, forst- und jagdwirtschaftlichen Sinne bewirtschaftet, allerdings "unter dem Primat der militärischen Nutzung". Damit stehen die militärischen Bedürfnisse im Vordergrund.

220 Tage im Jahr sind Schießtage am TÜPL Allentsteig. Wann und wo die Heeresforste arbeiten dürfen, bestimmt daher das Militär. Die Land- und Forstwirte sowie die Jäger müssen auf die militärischen Bedürfnisse am Areal Rücksicht nehmen. Das Militär befürchtet, dass sich das unter der Verwaltung der Bundesforste ändern könnte und sich die militärischen Übungen nach den Forstarbeiten richten müssen. So hat Generalstabschef Edmunt Entacher schon vor längerer Zeit davor gewarnt, dass eine Auslagerung keinen finanziellen Vorteil für das Bundesheer bringe und zusätzlich den Streitkräften jede Flexibilität und damit auch die Handlungsfähigkeit auf ihrem größten und wichtigsten Truppenübungsplatz nehme.

Eine Auslagerung der Heeresforste ist bereits Ende 2010 aufgrund einer Abstimmungspanne im Parlament gescheitert. Die SPÖ und in der Folge auch der Großteil der ÖVP votierten bei einer von der FPÖ beantragten namentlichen Abstimmung versehentlich gegen die Auslagerung. Seitdem hat sich legistisch nichts mehr getan. Über seine genauen Pläne hüllt sich Darabos bisher aber in Schweigen. Es ist daher auch völlig unklar, welchen finanziellen Nutzen das Bundesheer durch eine Auslagerung der Heeresforste haben sollte.

Darabos um Kalmierung bemüht
Erst am Freitag hatte sich Darabos in der Causa um Kalmierung bemüht. Er sicherte den Bauern, die landwirtschaftliche Flächen rund um den Truppenübungsplatz bewirtschaften, den Erhalt ihrer Pachtverträge zu. Die Landwirte "können sich sicher sein, die Gründe weiter bewirtschaften zu können", versprach Darabos.

Der Ressortchef versuchte auch die Bedanken der Militärs zu zerstreuen. Die militärische Nutzung habe weiterhin "oberste Priorität". Zur Diskussion stünde lediglich die Bewirtschaftung der Heeresforste. Darabos spach von der Beseitigung von "Doppelgleisigkeiten". Der Verteidigungsminister will "in den nächsten Tagen" ein Konzept auf den Tisch legen und dann auch den Kontakt mit den Bauern und den Forstmitarbeitern suchen.

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