Heurigenmord-Drama

Bulgarischer Angeklagter fasst lebenslänglich aus

Niederösterreich
30.11.2009 18:48
Der Prozess um den Mord an einem Heurigenwirts-Ehepaar aus Pachfurth in Niederösterreich hat am Montagabend mit einem Schuldspruch für den 48-jährigen Angeklagten geendet. Der Bulgare fasste eine lebenslange Haftstrafe aus, legte aber Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.

Die Geschworenen am Landesgericht Korneuburg folgten der Forderung von Staatsanwältin Elisabeth Sebek, die in ihrem Schlussvortrag an die Beweise gegen den Beschuldigten erinnerte. Pflichtverteidiger Harald Ringelhahn verwies in seinem Schlussplädoyer dagegen auf einige Widersprüche in Zeugenaussagen. Das einzige gravierende Element für die Anklage sei die DNA-Spur.

In der Urteilsbegründung verwies Richterin Karin Santa auf die Erschwerungsgründe für die Strafbemessung: Der Beschuldigte sei bereits in Deutschland wegen mehrerer massiver Einbrüche verurteilt, und die Bluttat wegen eines geringfügigen Betrags verübt worden. Der Angeklagte hatte die Tat geleugnet und im Verfahren mehrmals beklagt, dass das Gericht seine Rechte beschneide. Das Urteil nahm er dementsprechend emotionsgeladen entgegen.

Ehepaar am Pfingstmontag erschossen
Der Mann hatte laut Anklage am 1. Juni dieses Jahres, am Pfingstmontag, in Pachfurth in Raubabsicht nach der Sperrstunde ein Heurigenlokal betreten, das Wirtsehepaar (50 und 49) erschossen und die vor ihm flüchtende Tochter (21) durch einen Schuss in den Rücken schwer verletzt. Der Bulgare bestritt bis zuletzt jeden Zusammenhang mit der Bluttat und begründete seine Anwesenheit in Österreich mit diversen Geschäften. Die im Verfahren vorgelegten Beweise umfassten DNA-Spuren am Tatort, die Identifizierung durch die 21-Jährige sowie zahlreiche Zeugenbeobachtungen des Fahrzeugs des Verdächtigen.

Tochter: "Werde das Gesicht nie vergessen"
Am Montagnachmittag hatte die Tochter des getöteten Ehepaars mit ihrer Aussage für den Höhepunkt des Tages gesorgt. Sie erklärte, dass sie "das Gesicht des Täters nie vergessen" werde und dass sie den Bulgaren als Täter wiedererkenne. "Das kann nicht die Wahrheit sein", entgegnete der 48-Jährige, als man ihn später mit der Aussage konfrontierte. Er selbst war zuvor, wie auch die Öffentlichkeit, aus Gründen des Opferschutzes aus dem Gerichtssaal in Korneuburg geführt worden. Erst nach gut einer halben Stunde durften die Zuhörer wieder in den Saal.

Heftige Reaktion der Tochter auf Bild des Beschuldigten
Auf der Flucht vor dem Täter war die 21-jährige Tochter im Lokal ihrer Eltern in den Rücken geschossen und schwer verletzt worden. Zur Identifizierung des Täters hatten Polizeibeamte der schwer verletzten Tochter noch in der Intensivstation des Krankenhauses einen Lichtbildkatalog mit Fotos von 14 Männern vorgelegt. Bei Lichtbild Nummer vier habe die 21-Jährige innegehalten und war "sichtlich aufgeregt", sagte ein Beamter. Die Überwachungsmonitore gaben akustische Signale ab, der Puls habe sich beschleunigt. Die Schwerverletzte habe in der Folge gesagt, den Verdächtigen vor allem an den Augen und Augenbrauen erkannt zu haben.

Sachverständige belastet Angeklagten schwer
Bereits am Vormittag war der Prozess nach der Wochenend-Pause mit den Aussagen weiterer Polizeibeamter und einer DNA-Sachverständigen weitergegangen. Die am Türgriff des Hintereingangs sichergestellte "Mischspur" zeige das Hauptprofil des Verdächtigen. Lediglich einer von 2,4 Millionen Menschen könne die Spur verursacht haben, erläuterte Gutachterin Christa Nussbaumer, 99,9 Prozent der Bevölkerung seien auszuschließen.

Die Sachverständige hatte Abriebe unter anderem von den Handflächen der Opfer, von den Türen des Lokals sowie von den gefundenen Patronenhülsen untersucht. Darüber hinaus wurden im Zuge der Obduktion Abriebe von Hals und Fingerkuppen der Toten genommen sowie vom Polo-Shirt der getöteten 49-Jährigen. Die Proben wiesen Merkmale von ein bis fünf weiteren Personen auf, wobei DNA-Merkmale des Verdächtigen enthalten seien.

Freund der Überlebenden schildert dramatische Momente
Als Zeuge geladen war weiters der Freund der jungen Frau, der sich während der schrecklichen Ereignisse im Obergeschoß des Hauses befunden hatte: Die Schilderung des jungen Mannes machte den Schrecken und die Dramatik der Nacht deutlich. Seiner Aussage nach waren er und seine Freundin gerade zu Bett gegangen, als Geräusche sie aufschreckten. Während er meinte, Schüsse vernommen zu haben, habe die 21-Jährige vermutet, dass die Mikrowelle hinuntergefallen sein könnte und sie nachschauen werde.

Er habe Angst gehabt und sei deshalb im Obergeschoß geblieben, schaute aber seiner Freundin vom Stiegenabgang aus nach: Als sie unten die Tür zum Heurigenlokal geöffnet habe, lief sie sofort zurück und "hat angefangen zu schreien". Unmittelbar darauf habe er ganz kurz den Täter gesehen, der seiner Freundin nachfeuerte. Daraufhin rannte der 20-Jährige sofort ins Zimmer zurück und kletterte über das Fenster auf den Balkon - von dort auf das Dach des Nachbarhauses. "Ich war unter Schock", sagte er. Als er einen Pkw kommen hörte, blieb er beim Dachfirst versteckt.

Der Wagen - "es war sicher ein weißer Peugeot" - sei dann ohne Licht vom Haus weggefahren. Er glaube auch, eine Autotür gehört zu haben, sagte der 20-Jährige, der nach der Bluttat psychologische Hilfe in Anspruch nahm. Als der Wagen weg war, kletterte er zurück und fand seine schwer verletzte Freundin: "Sie war Gott sei Dank noch am Leben. Ich habe ihre Hand gehalten und mit ihr geredet, damit sie wach bleibt." Er rief die Polizei an und dann auch noch eine Tante, die dann wenig später eintraf.

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