Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai), die Vereinigung der Österreichischen StrafverteidigerInnen und der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs taten am Donnerstag diesbezüglich deutlich ihren Unmut kund.
Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien wies die Kritik "aufs Vehementeste" zurück, wie Behördensprecherin Ilse-Maria Vrabl-Sanda betonte. Es werde "sorgfältigst ermittelt, da kann sich die Bevölkerung sicher sein".
Kritik an Innenministerin Fekter
Dass die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Korneuburg geleitet werden, hält Patzelt für bedenklich: "Man hätte damit eine Behörde außerhalb von Niederösterreich betrauen sollen, beispielsweise die neu geschaffene Korruptionsstaatsanwaltschaft." Völlig unbegreiflich sei auch, dass es drei Tage dauerte, bis der Akt - noch dazu unvollständig - von Krems in Korneuburg einlangte: "Das wirkt so, als ob man Akten immer noch mit Ochsenkarren durch die Gegend karren müsste." Spezielle Kritik übte er an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), die "in eklatanter Unkenntnis der Strafprozessordnung" der Mutter des ums Leben Gekommenen das Recht auf Akteneinsicht abgesprochen habe.
Der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs wiederum findet es "verwunderlich", dass die Staatsanwaltschaft im gegenständlichen Fall keine gerichtlichen Beweisaufnahmen beantragt hat. Er verweist auf den § 101 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO), demzufolge die Anklagebehörde als Leiterin des Ermittlungsverfahrens Beweisaufnahmen durch das Gericht beantragen kann, "wenn an solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht".
"Einvernahme unabhängigem Richter überlassen"
"Bei großzügiger Auslegung dieser Bestimmung hätte man zur Ansicht kommen können, dass man die Einvernahmen der Polizisten einem unabhängigen Richter überlässt, was gerade in diesem Fall das Vertrauen der Bevölkerung in die Klärung des Polizeieinsatzes gestärkt hätte", gab Fuchs zu bedenken.
Zumindest aber hätte die Staatsanwaltschaft die Erstvernehmungen nicht von Organen der Polizei durchführen lassen sollen: "Das Gesetz gibt der Staatsanwaltschaft seit 2008 die Möglichkeit, diese selbst vorzunehmen. Es wäre zu begrüßen gewesen, wenn das geschehen wäre, wo es doch um Vorwürfe gegen die Polizei geht. Es hätte ein besseres Bild gemacht, wenn die Staatsanwaltschaft von diesem Recht Gebrauch gemacht hätte."
Heftige Kritik der Strafverteidiger
Ins selbe Horn stieß am Mittwoch auch Richard Soyer, der Sprecher der Vereinigung der Österreichischen StrafverteidigerInnen (VÖS): "Es ist für mich ein Muss, dass sich die Staatsanwaltschaft in Wahrnehmung ihrer Leitungsfunktion aktiv in die Ermittlungen einbringt." Er hatte auch erklärt, bei den Ermittlungen entstünde "der Eindruck, als arbeiteten Strafverfolgung und Polizei Hand in Hand, um die strafrechtliche Dimension des Vorfalles herunter zu spielen."
Oberstaatsanwaltschaft weist Kritik zurück
Dass die Einvernahmen der Polizeibeamten von Organen der Polizei vorgenommen wurden, sieht die OStA demgegenüber als unproblematisch an: "Das Innenministerium hat damit das Landespolizeikommando Oberösterreich betraut, also eine gänzlich andere Organisationseinheit. Es kann daher auf keinen Fall behauptet werden, die Polizei würde gegen die eigenen Leute ermitteln", stellte die Behördensprecherin fest.
Vrabl-Sanda betonte in diesem Zusammenhang, die Anklagebehörde könne jederzeit ergänzende Befragungen in die Wege leiten und werde dies nach der Tatrekonstruktion vermutlich auch machen: "Es kann sich dabei natürlich die Notwendigkeit ergeben, dass es zu ergänzenden Beschuldigteneinvernahmen kommt."
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