Zwei Sonderflüge

Außenministerium holte Österreicher aus Ägypten heim

Niederösterreich
01.02.2011 12:18
Österreich hat in der Nacht auf Dienstag die ersten Staatsbürger aus Ägypten evakuiert. Nachdem bereits am Montagabend 182 Personen mit einem regulären AUA-Linienflug zurückkehrten, landete eine vom Außenamt organisierte AUA-Sondermaschine mit 138 Passagieren um Mitternacht in Schwechat. Dienstag früh folgte eine Maschine des Bundesheeres mit 66 Passagieren. Nach Angaben des Außenministeriums wurden damit rund 300 Menschen ausgeflogen. Etwa 1.500 Österreicher sollen sich noch in dem nordafrikanischen Land aufhalten.

Laut Außenministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal gebe es auch noch "eine kleinere Gruppe" Österreicher in den Touristenorten Sharm el-Sheikh, Hurghada und Luxor sowie eine "größere Gruppe" in der Hauptstadt Kairo, die das Außenamt um Unterstützung bei der Ausreise nach Österreich gebeten hätten.

Maschinen brachten 300 Menschen heim
Nach den zwei AUA-Flügen mit insgesamt mehr als 300 Passagieren war am Montag kurz vor Mitternacht die vom Außenministerium organisierte Bundesheermaschine Hercules C-130 in Kairo gestartet. Alle Österreicher, die sich zum Zeitpunkt der Abflüge der drei Maschinen auf dem Flughafen der ägyptischen Hauptstadt befanden, konnten mitgenommen werden.

Dass sich nach Angaben des Bundesheeres nur ein bis zwei Österreicher in der Bundesheer-Transportmaschine befanden, hätte sich "so ergeben". Am Dienstag stiegen jedenfalls großteils Nicht-Österreicher, hauptsächlich Personen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Tschechien aus dem Militärflieger, der nach einer Zwischenlandung in Athen um etwa sechs Uhr früh in Schwechat landete.

Evakuierte: "Es war wie im Film"
Eine deutsche Urlauberin fasste ihre Eindrücke zusammen: "Es war wie im Film". Eigentlich wollte die Familie mit einem von der deutschen Botschaft organisierten Lufthansa-Flug zurück in ihre Heimat fliegen. Durch "Zufall" habe man aber "gehört, dass dieses österreichische Militärflugzeug" kommen soll. Ihr geplanter Urlaub in Marsa Alam, 250 Kilometer südlich von Hurghada, endete jedenfalls bevor er begann.

Nach ihrer Ankunft auf dem Kairoer Flughafen war es der Frau und ihrer Familie zunächst nicht möglich, das Gebäude zu verlassen. Eine Nacht auf dem Flughafen - laut Augenzeugen unter prekärer Versorgungslage - veranlasste sie zur "Flucht" in der ägyptischen Hauptstadt. "Das ist schon herb dort", erzählte die Frau. Für Europäer sei die Vorstellung von Militärhubschraubern und Schüssen "ungewohnt" und "unvorstellbar". Die Situation auf dem Flughafen beschrieben sowohl die Frau als auch ihr Sohn als äußerst "chaotisch".

Heer plant weitere Evakuierungsflüge
Laut dem Presseverantwortlichen des Bundesheeres, Peter Barthou, seien auch in den nächsten Tagen Flüge geplant, um Urlauber aus Ägypten zu evakuieren, jedoch "nicht vor morgen". Derzeit warte man auf Berichte der heimischen Unterstützungsteams in Sharm el-Sheikh, Hurghada und Luxor. Danach wird der Krisenstab über die weitere Vorgehensweise entscheiden, so Launsky-Tieffenthal.

Die zusätzlichen Flüge sind eine Reaktion auf die vermehrten Anfragen von Bürgern und Angehörigen beim Außenministerium in den vergangenen Tagen und dienen dazu, "den Druck zu nehmen", so Launsky-Tieffenthal.

Unterstützungsteam vor Ort - mit Geheimplan
Seit Tagen hält sich nach Informationen der "Krone" bereits ein Unterstützungsteam, bestehend aus Spezialisten von Außen- , Innen- und Verteidigungsministerium, in Ägypten auf. In der Nil-Metropole Luxor saßen 40 Österreicher nach einer Kreuzfahrt fest  - in der Nacht auf Montag konnten sie mit einer Maschine der Egypt-Air nach Kairo gebracht werden, danach wurden sie heimgeflogen.

Als Fels in der Brandung fungiert vor Ort der ausgewiesene Krisenexperte und zweifache Familienvater Stefan Veit. In einer Blitzaktion wurde der Wiener nach Ägypten entsandt. In seinem silberfarbenen Krisenkoffer mit der Nummer EK/2/1 stets mit dabei ein Satellitentelefon, Laptop und die Landkarten der Region. Veit: "Wir wollen für den schlimmsten Fall einer totalen Eskalation gerüstet sein. Es gilt daher, mögliche Fluchtrouten zu erkunden und Kontakte mit den lokalen Behörden zu knüpfen."

Ständig läutet sein Handy - besorgte Bürger, die sich mit anscheinend noch so banalen Anfragen an ihn wenden. Immer bleibt er freundlich, immer gibt er Rat. Noch kann er entwarnen. Doch auch für den Katastrophenfall liegt längst ein Geheimplan vor: Wenn nach dem Internet und der Telekommunikation auch noch der Flugverkehr zusammenbrechen sollte, könnten die Hunderten hier noch verbliebenen Österreicher auf (längst eingestellten und dann wieder reaktivierten) Fährverbindungen in Sicherheit gebracht werden.

Flüge nach Ägypten kaum besetzt
Indes waren die AUA- und Flyniki-Flüge von Österreich nach Ägypten am Montag kaum besetzt. Die tägliche AUA-Maschine um 10.20 Uhr nach Kairo war laut der Airline nur zu rund 20 Prozent ausgelastet, die AUA-Flieger von Ägypten nach Österreich sind dagegen "voll besetzt". "Für die Flüge nach Ägypten gibt es Stornierungen, sie sind ziemlich leer", so ein AUA-Sprecher. Den Annahmen nach sollen sich unter den Passagieren etwa Personen befinden, die in ihre Heimat zurückfliegen wollten, um ihr Hab und Gut zu schützen - wie Ägypter, die in Österreich leben. In den vergangenen Tagen war es im Zuge der Unruhen auch zu Plünderungen gekommen.

Die AUA hatte bereits am Sonntag für den Vormittagsflug nach Kairo eine größere Maschine verwendet, um mehr Touristen zurückholen zu können. Am Dienstag sei wieder der Einsatz einer größeren Maschine geplant, die ein wenig zeitlich vorverlegt würde, um bei der Landung einen größeren zeitlichen Puffer zu haben.

Im Flyniki-Flieger nach Sharm el-Sheikh am Vormittag seien nur 20 Passagiere gesessen, obwohl der Airbus 321 Platz für 212 Personen biete, sagte eine Flyniki-Sprecherin. Seitens der auf Urlauberflüge spezialisierten Airline hieß es, dass derzeit "keine Zusatzflüge nach Ägypten geplant" seien. Die Flyniki-Passagiere, die sich gerade in Ägypten aufhielten, würden nicht umbuchen.

"Der Schutz steht im Mittelpunkt"
"Für uns steht der Schutz der Österreicher im Mittelpunkt - und zu warnen, nicht nach Ägypten zu fahren", sagte Außenamtssprecher Launsky-Tieffenthal. Gefragt, wie verantwortlich es wäre, dass nach wie vor Österreicher nach Ägypten reisten, meinte er: "Die Reisewarnung ist ein starkes Signal an jene, die Reisen nach Ägypten planen, und jene, die bereits in Ägypten sind." Reisebüros würden Umbuchungen anbieten, zugleich aber auch günstige Angebote für Ägypten-Reisen machen. Der Außenamtssprecher ging jedoch von einem "Überdenken" bei jenen Reisenden aus, die Ägypten-Urlaube geplant hatten. Auch die Berichterstattung der Medien könne dazu als "Abschreckung" beitragen.

Die Reisewarnung, die nach wie vor aufrecht bleibt, impliziere "auch eine mangelnde Möglichkeit zu helfen, wenn etwas passiert", betonte Launsky-Tieffenthal. Der Transport und die Versorgungslage seien "schlecht". Wenn Urlauber trotz Reisewarnung nach Ägypten reisten, gebe es auch die "Frage der Schuldigkeit" zu klären.

In Urlauberzentren "keine unmittelbare Gefährdung"
Die Urlauberzentren Sharm el-Sheikh und Hurghada sind laut Launsky-Tieffenthal zwar "ruhig" - dennoch seien auch hier die Auswirkungen der Unruhen zu spüren. So würden etwa Bankomaten über weniger Geld verfügen, die Preise für Treibstoff oder Lebensmittel seien gestiegen. Für Österreicher in den Urlauberressorts besteht laut Außenamt derzeit "keine unmittelbare Gefährdung". Die ägyptische Armee war am Sonntag auch in Teile der Touristenregion Sharm el-Sheikh am Roten Meer eingerückt.

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