In der Erklärung Soyers heißt es wörtlich: "Im Interesse gebotener sachlicher Information der Öffentlichkeit, vor allem aber auch der betroffenen jungen Frau, die auf diese Weise ein weiteres Mal zum Opfer gemacht wird, und schließlich im Sinne der von der Frau Bundesministerin für Justiz angestrebten Transparenz staatsanwaltlicher Entscheidungen stelle ich als Vertreter zu Unrecht angegriffener Staatsanwälte der Öffentlichkeit die wichtigsten Unterlagen aus dem Originalakt und zwei seinerzeit von Oberst Franz Kröll versandte E-Mails - in denen bloß Daten dritter Personen anonymisiert wurden - zur Verfügung."
Soyer: Akten belegen Einzeltäterschaft
Wie Soyer betonte, ergibt sich aus den nunmehr veröffentlichten Akten, "dass die Staatsanwaltschaften eng und vertrauensvoll mit den ermittelnden Polizeieinheiten kooperiert haben, umfangreichste Ermittlungen geführt wurden und allen sinnvollen Ermittlungsansätzen nachgegangen wurde". Es seien "sämtliche Ergebnisse eingehend bewertet" worden. Am Ende habe sich der Tatverdacht "dennoch nur gegen einen einzigen Täter" (nämlich den nach Natascha Kampuschs Flucht freiwillig aus dem Leben geschiedenen Entführer Wolfgang Priklopil, Anm.) gerichtet, so Soyer.
Auch Oberst Kröll, der damalige Soko-Leiter, ging zuletzt offensichtlich nicht mehr davon aus, dass Wolfgang Priklopil einen Komplizen hatte. Das belegt sein nunmehr veröffentlichtes E-Mail, datiert vom 4. Dezember 2009 (dieses wie auch alle anderen veröffentlichten Dokumente findest du als PDF-File in der Infobox).
In verschiedenen Medienberichten war immer wieder angedeutet worden, Kröll habe auf staatsanwaltschaftlichen Druck die Ermittlungen gegen seinen Willen vorzeitig eingestellt und damit die Suche nach einem möglichen Mittäter bzw. Mitwisser Wolfgang Priklopils aufgegeben. Dies habe sich der Polizist so zu Herzen genommen, dass er damit in den Selbstmord getrieben wurde, hieß es mancherorts. Der Offizier hatte sich im Juni 2010 in Graz das Leben genommen.
Soko-Leiter lag offensichtlich nicht im Clinch mit der OStA
Die zwei veröffentlichte Mails Krölls zeigen allerdings, dass dieser ein durchaus gutes Einvernehmen mit Oberstaatsanwalt Thomas Mühlbacher, dem 2009 eingesetzten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsleiter, gehabt haben dürfte. Am 23. Dezember 2009 erhielt Mühlbacher dann noch einmal Post vom Soko-Leiter, der ihm Weihnachtsgrüße übermittelte. Der Wortlaut "Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie frohe Weihnachten sowie ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2010. Vielen Dank für die Zusammenarbeit und Ihre stetige Hilfe und Unterstützung!" deutet nicht unbedingt auf schwerwiegende Differenzen zwischen dem Polizisten und dem Staatsanwalt hin.
Insgesamt publiziert wurden am Donnerstagabend der 24 Seiten umfassende Abschlussbericht von Oberstaatsanwalt Mühlbacher an das Justizministerium vom 18. Dezember 2009, ein weiterer Bericht und eine Anordnung Mühlbachers vom September 2009, Verfügungen und ein Vorlagebericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom Februar 2010 sowie zwei E-Mails von Oberst Kröll an Mühlbacher bzw. die vom Innenministerium eingesetzte Evaluierungskommission.
Auszüge aus staatsanwaltschaftlichem Abschlussbericht
Im Folgenden einige Auszüge und Schlussfolgerungen des 24-seitigen Abschlussberichts von Mühlbacher.
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