Lokalaugenschein

Wiens Drogen-Hotspots: 600 Festnahmen seit Juni

Österreich
16.11.2016 18:14

Handelskai, Thaliastraße und Praterstern: Sie gelten als bekannte Wiener Drogen-Hotspots. Um Dealer aus der Öffentlichkeit zu verdrängen, trat am 1. Juni 2016 eine Novelle des Suchtmittelgesetzes in Kraft. Seitdem wurden die skrupellosen Händler massiv zurückgedrängt. Insgesamt 600 Festnahmen und mehr als 30 Kilogramm an beschlagnahmten Drogen zählte die Polizei seit Juni. Ein Lokalaugenschein mit der Bereitschaftseinheit der Wiener Polizei.

Handelskai, 10 Uhr vormittags. Fünf Beamte der Bereitschaftseinheit besprechen den Tagesplan. Entlang der U6 wird regelmäßig patrouilliert. Erfahrungsgemäß wird laut Polizei-Abteilungsinspektor Harald Poschinger an den Stationen Handelskai, Dresdnerstraße und Jägerstraße mehr mit härteren Drogen wie Kokain und Heroin gehandelt. Morgens sei daher auch eine gute Zeit, um Drogenhändler abzufangen. Suchtkranke müssten sich in der Früh bereits ihre erste Ration holen und würden sich an den entsprechenden Knotenpunkten mit den Dealern treffen.

Suchtmittelgesetz
Die am 1. Juni in Kraft getretene Novelle des Suchtmittelgesetzes ermöglicht es der Polizei, in der Öffentlichkeit einfacher gegen den Handel mit Drogen vorzugehen. Grundsätzlich ist der Drogenhandel im öffentlichen Raum verboten. Wurden vor der Novelle Dealer beim Handeln erwischt, musste erst die Gewerbsmäßigkeit nachgewiesen werden. Seit der neuen Gesetzeslage ist der Nachweis nicht mehr erforderlich, Suchtmittelhändler können sofort festgenommen und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belangt werden.

"Spotter" und Dealer
Weiter geht's in Richtung Josefstädter Straße. In der U-Bahn fällt ein junger Mann auf. Er wirkt unruhig, nervös und schaut immer wieder auf sein Handy. Für Poschinger ist das ein eindeutiges Verhaltensmuster von "Spottern" (Drogenspitzeln, die Händler und Kunden vor der Polizei warnen) oder Drogenhändlern, die noch nicht sehr lange im Geschäft sind. Zwei Beamte bitten den jungen Mann auszusteigen. Er wird durchsucht und kontrolliert. Auf die Frage, was er auf seinem Handy gemacht habe, antwortet der Mann, er habe bloß Sudoku gespielt. Er darf gehen.

"Bekämpfen und verdrängen"
Seit der Gesetzesnovelle wurde die Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit aufgestockt. Täglich sind knapp 100 Polizisten in Fünfergruppen an den Drogenhotspots unterwegs. Ihre Aufgabe ist klar definiert: "Bekämpfen und verdrängen", so Poschinger. Dass der Drogenhandel verdrängt wurde, ist sichtbar.

"Konsumenten sind keine bösen Menschen ..."
An der Josefstädter Straße warten bereits die ersten Suchtkranken. Nässe und Minusgrade schrecken sie nicht ab. Händereibend und mit glasigen Augen warten sie auf ihre nächste Ration. Als sich zwei Polizisten nähern, lächeln sie. "Konsumenten sind keine bösen Menschen. Wir unterhalten uns gerne mit ihnen. Sie erzählen viel. Man erfährt nicht nur, wo gerade mehr los ist, sondern auch, was alles in ihrem Leben passiert ist. Da muss man eben ein bisschen Seelsorger spielen, aber das macht uns nichts aus", so Poschinger.

Erfolgreiche Bilanz
Um 11.30 Uhr bei der U-Bahn-Station Thaliastraße ist der Einsatz für heute beendet. Seit der Gesetzesnovelle vom Juni ist die Bilanz eindeutig: Es gab 600 Festnahmen in sechs Monaten, davon sind 400 der Justiz zugeführt worden. 1000 Tabletten, 35 Kilogramm Cannabiskraut, ein Kilogramm Kokain, ein halbes Kilogramm Heroin sowie ein Kilogramm Cannabis-Harz wurden in derselben Zeit aus dem Verkehr gezogen. Die meisten Suchtmittelhändler stammen laut Polizeisprecher Roman Hahslinger aus Nigeria, Algerien, Österreich und Afghanistan.

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