Schlüssel zum Gen

Wiener Forscher spüren Krebs-Schwachstellen auf

Wissenschaft
27.09.2016 06:01

Der menschliche Körper besteht aus über 35 Billionen Zellen, von denen sich in jeder Sekunde etwa zehn Millionen teilen. Sehr selten schleichen sich dabei Fehler (Mutationen) im Erbgut ein, die sich im Lauf des Lebens anhäufen. Treffen solche Mutationen in bestimmten Kombinationen zusammen, können Zellen entarten - es entsteht Krebs.

Am Wiener Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) entschlüsselt der Wissenschaftler Johannes Zuber jene Gene, die dafür verantwortlich sind. "Die Zahl der Mutationen in Krebszellen und ihre Anpassungsfähigkeit gegenüber Angriffen des Immunsystems und Medikamenten machen diese Krankheit so tückisch und schwer behandelbar. Allerdings führen Mutationen in Krebszellen auch zu Schwachstellen", so Zuber. Diese spürt er mit seiner Arbeitsgruppe durch neu entwickelte gentechnische Methoden erstmals systematisch auf.

Für Zuber steht die Krebsforschung an einer Zeitenwende: "Durch diese neuen Werkzeuge sind wir in der Lage, Gene in Krebszellen gezielt auszuschalten, um ihre Eignung als Therapie-Angriffspunkt zu erforschen. So können wir die Wirkung eines Medikaments testen, bevor es entwickelt wird." Bei der Entwicklung zielgerichteter Medikamente, die oft Jahre dauert und pro Medikament durchschnittlich eine Milliarde Euro kostet, könne man sich dadurch in Zukunft schon früh auf wirklich vielversprechende Ansätze konzentrieren.

Ein erster Durchbruch in der Anwendung dieses Verfahrens gelang Johannes Zuber bereits 2011 mit der Entdeckung des Gens BRD4 als Angriffspunkt zur Behandlung von Leukämie. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden Medikamente zur BRD4-Hemmung entwickelt, unter anderem vom Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, dem Hauptsponsor des IMP. Diese Partnerschaft zwischen unabhängiger Grundlagenforschung und einem erfahrenen Wirtschaftspartner ist für Zuber ideal - Entdeckung und Entwicklung greifen nahtlos ineinander und neue Ansätze kommen schneller in der Klinik an.

Klinische Studien zur Erprobung von BRD4-Hemmern haben bereits begonnen - für Johannes Zuber und sein Team ist dies vor allem Ansporn, die Suche nach den Schwachstellen des Krebses fortzusetzen. Unterstützt wird er dabei vom Europäischen Forschungsrat (ERC), dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und Boehringer Ingelheim.

Zur Person
Johannes Zuber wurde 1974 in Dresden geboren, studierte Medizin in Berlin und promovierte 2003 auf dem Gebiet der molekularen Krebsforschung. Während seiner ärztlichen Tätigkeit an der Berliner Charité rückten Leukämien ins Zentrum seiner klinischen und wissenschaftlichen Arbeit. Im Jahr 2005 wechselte er ans Cold Spring Harbor Laboratory in den USA, wo er im Team von Scott Lowe neue Methoden zur Erforschung von Leukämietherapien entwickelte.

Im Jänner 2011 gründete er sein eigenes Forschungslabor am IMP in Wien. Mittels gentechnischer Modelle und Screening-Verfahren erforscht sein Team krebsspezifische Schwachstellen für die Entwicklung zielgerichteter Krebstherapien. Für seine Arbeit wurde Johannes Zuber 2016 mit dem Deutschen Krebspreis ausgezeichnet.

In der Serie "Krone der Wissenschaft" stellen wir Projekte von Spitzenforschern und -forscherinnen in Österreich vor. Ausgewählt werden sie von Prof. Dr. Georg Wick, dem Leiter des Labors für Autoimmunität an der Medizinischen Universität Innsbruck.

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