Plastik und Glitzer

Wie kitschig darf Weihnachten sein?

Nachrichten
07.12.2016 13:12

Goldene Engelsfiguren, blinkende Girlanden, bunter Glitzerschmuck und Tannenbäume aus Plastik: Die Geschäftsmeilen und Einkaufszentren leben es vor. An jeder Ecke hängt Festtagsschmuck. Was über das Jahr verpönt ist, hat zur Weihnachtszeit Hochkonjunktur: Kitschartikel. Doch wie kitschig darf Weihnachten tatsächlich sein? krone.at hat sich auf Wiens Straßen und in Geschäften umgehört.

Das ganze Jahr über wird stilmäßig strenger Purismus gepredigt, nur zu Weihnachten, da wird ein Auge zugedrückt. Im Einkaufszentrum Q19 in Wien-Döbling wird einem die weihnachtliche Konsumkultur wieder einmal vor Augen geführt. Das Dekorationsgeschäft DEPOT strotzt vor kuriosen Artikeln. Geschäftsführer Christian Stöger sagt, dass Kitsch zu Weihnachten gehöre. Und wenn die Nachfrage da ist, dann wird dementsprechend aufgestockt. Laut ihm die seltsamsten Artikel: "Eine Backmischung für Bierbrot, ein Haarreifen mit Rentiergeweih und pinke Weihnachtskugeln mit rosaroten Federn." Warum nicht?

Mit kitschiger Dekoration ist es noch lange nicht getan: Ein Christbaum im Wohnzimmer ist ein Muss für viele Familien. Seit Jahren gibt es allerdings die Tendenz, statt eines echten Tannenbaums auf einen künstlichen Plastikbaum umzusteigen. So ist der Plastik-Tannenbaum auch bei Frau Susanne im kleinen Krimskrams-Geschäft auf der Taborstraße ein wahrer Verkaufsschlager. Zehn Stück hat sie seit Monatsbeginn bereits verkauft. "Praktisch und sicher ist er schon, aber doch sehr unnatürlich", so Susanne. Repräsentiert der Plastikbaum die Unnatürlichkeit der Weihnachtszeit oder ist er schlichtweg die Verkörperung des schlechten Geschmacks?

Plastik ist aber nicht jedermanns Sache. Eine Passantin versteht zwar Familien, die auf künstliche Bäume zurückgreifen, doch für sie würde so etwas nie infrage kommen. "Natürlich wäre es besser für die Umwelt, wenn nicht so viele Bäume abgeholzt werden würden. Wir kaufen daher lieber Bäume im Topf, die wir dann später auch wieder einpflanzen können. So muss kein Baum sterben", sagt die Dame. Sie legt auch viel Wert auf traditionellen Weihnachtsschmuck: "Ich halte lieber den Schmuck, der bereits die Bäume meiner Großeltern zierten, in Ehren."

Eine andere Passantin experimentiert jedes Jahr mit anderen Farben und Formen: "Ich habe zum Beispiel einen grünen Porzellanpudel, der glitzert, oder ein rosa Porzellanschwein mit einem gehäkelten Rock", erzählt die Dame. Sie ist zwar auch kein Fan von Plastikbäumen, aber im Vorjahr hatte sie einen Baum aus Karton. Das Dekorieren sei ein Familienspaß - die Zeit des Jahres, wo eben alle Geschmacksregeln gebrochen werden können.

Der Sinn für Ästhetik, der sonst so hartnäckig überwiegt, kapituliert Mitte November und lässt auch die frömmsten Kitschgegner im Stich. Ob guter oder schlechter Geschmack: Hauptsache ein gemeinsames Weihnachtsfest mit Freunden und Familie.

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