Polen entsetzt:

“Wiederwahl Tusks war Diktat aus Berlin”

Ausland
09.03.2017 20:51

EU-Ratspräsident Donald Tusk ist gegen den Widerstand Polens für weitere zweieinhalb Jahre als EU-Ratschef wiedergewählt worden. Nur das Heimatland Tusks habe gegen den früheren polnischen Ex-Premier gestimmt, erklärte ein EU-Diplomat am Donnerstag in Brüssel. Die Wiederwahl des liberalen Politikers sorgt in Warschau für Verstimmung. Heftige Kritik wurde an Deutschland geübt: "Wir wissen jetzt, dass es eine EU ist, in der Berlin den Ton angibt", sagte Außenminister Witold Waszczykowski.

Der Außenminister sprach gegenüber dem Nachrichtenportal wPolityce.pl von einem "Diktat aus Berlin". Besonders die Tatsache, dass die Wahl nicht verschoben worden war, um dem polnischen Gegenkandidaten die Möglichkeit zu geben sich zu präsentieren, wurde bemängelt.

Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo warnte, dass mangelnder Respekt gegenüber der polnischen Position die Stabilität der gesamten Union gefährden könnte. Aber nicht einmal die Unterstützung der Visegrad-Staaten konnte sich die rechtskonservative Regierung in Warschau sichern.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gratulierte Tusk via Twitter zur Wiederwahl. "Herzlichen Glückwunsch, Donald #Tusk, zur Wiederwahl als ER-Präsident und auf gute Zusammenarbeit in fordernden Zeiten", schrieb Merkel. Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel kommentierte die Wiederwahl Tusks auf Twitter so: "Habemus #EUCO Presidentum, Good luck!" (Wir haben einen EU-Ratspräsidenten, viel Glück!)

Diplomaten: Polen will nun EU-Beschlüsse blockieren
Polen stellt sich weiter gegen den Rest der EU: Nach ihrer Niederlage bei der Wahl des EU-Ratspräsidenten wolle die polnische Regierung weitere Beschlüsse beim Gipfel mit ihrem Veto verhindern, sagte ein Diplomat am Donnerstagabend in Brüssel. Polen plant demnach, "alle Punkte der Schlussfolgerungen zu blockieren".

Laut der Diplomatin eines anderes Landes will der maltesische EU-Vorsitz nun anstatt der Gipfelschlussfolgerungen aller Staats- und Regierungschefs lediglich eine eigene Schlusserklärung veröffentlichen. Ein EU-Vertreter sagte, ein solches Vorgehen wäre seines Wissens "ohne Beispiel" bei einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs.

Persönliche Fehde zwischen Kaczynski und Tusk
Die Regierung in Warschau legt Tusk zur Last, sich in die polnische Innenpolitik eingemischt zu haben. Das Zerwürfnis zwischen Tusk und der rechtsnationalen Regierung hat eine lange Vorgeschichte. Ex-Premier Tusk entstammt einem anderen Lager als die gegenwärtige Regierung. Zudem gibt Jaroslaw Kaczynski, Chef der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit, dem EU-Ratspräsidenten auch eine Mitschuld an der angeblich mangelhaften Aufklärung des Smolensker Flugzeugabsturzes im Jahr 2010. Bei dem Unglück starb unter anderem Kaczynskis Zwillingsbruder Lech.

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