Geplante "Rauferei"

Trumps China-Provokation nur ein Geschäftstrick?

Ausland
16.12.2016 18:28

Donald Trumps Schimpftiraden gegen China beweisen: Die Aufwertung Taiwans durch sein "historisches" Telefonat mit der dortigen Präsidentin war kein Zufall. Der Coup war wochenlang vorbereitet - und könnte ein erfolgreicher Geschäftstrick des neuen Präsidenten nach altbekanntem Muster sein: Gegner vor den Kopf stoßen, provozieren, um sie weichzuklopfen. Danach folgt der Deal zu einem billigeren Preis.

40 Jahre Beziehungen Peking-Washington stehen ab sofort auf dem Spiel - mit noch gar nicht abschätzbaren Folgen. Wer die Führung in Peking reizen will, dass es ärger gar nicht geht, braucht nur anzudeuten, dass Taiwan kein Teil Chinas, sondern ein eigener Staat ist.

Ein "Raufhansl" im Weißen Haus
Zur Erinnerung: 1949 hatten Maos Kommunisten den Bürgerkrieg gewonnen und die Volksrepublik China gegründet. Die Truppen der "Republik" China unter Tschiang Kai Scheck zogen sich auf Taiwan zurück. Die "Republik China auf Taiwan" gab den Anspruch, China zu repräsentieren, nie ganz auf.

Nach Präsident Richard Nixons historischem Besuch in China 1972 anerkannten die USA Peking als die einzige Regierung Chinas und beendeten die diplomatischen Beziehungen mit Taiwan. Die Führung in Peking sicherte zu, ihre Ansprüche auf Taiwan ruhen zu lassen, solange Taiwan kein selbstständiger Staat werden will (was unter der jetzigen Regierungspartei nicht mehr so sicher ist).

Nach seinem Telefonat mit Taiwans Präsidentin legte Trump noch nach: Die USA hätten keine Verpflichtung zur Ein-China-Politik. Verbunden mit den anderen Schimpftiraden Trumps ("Sie stehlen unsere Jobs") herrscht jetzt in Peking Krisenalarm.

USA in China hoch verschuldet
Das kann gefährlich werden: Würde der "Raufhansl" im Weißen Haus zu den US-Verteidigungsverpflichtungen gegenüber Taiwan stehen, falls Peking seinen Ein-China-Anspruch auf Taiwan mit militärischen Mitteln durchsetzt? Wie auch immer: Chinas Rache folgt auf dem Fuß, und sie kann für die USA sehr unangenehm sein. Nur ein Beispiel: Die USA haben 19 Billionen Dollar (rund 18 Billionen Euro) Schulden und China hält davon 1,2 Billionen (mehr als 1,1 Billionen Euro) an US-Schuldverschreibungen.

Ein Anruf genügte, um den trügerischen Status quo um Taiwan ins Wanken zu bringen und den jahrzehntealten Konfliktherd wieder auf die Tagesordnung der Weltpolitik zu bringen. Mit seiner Ein-China-Politik zwingt Peking andere Staaten, die heute freiheitliche Demokratie in Taiwan diplomatisch zu isolieren, wenn sie wirtschaftlich profitable Beziehungen mit dem mächtigen China unterhalten wollen.

Mit Trump siegte auch die Taiwan-Lobby
Im Beraterteam von Trump hocken aber reihenweise Leute, die aus ihrer Abneigung gegenüber China und ihren Sympathien gegenüber Taiwan keinen Hehl machen. Professor Peter Navarro hat 2011 ein Buch mit dem Titel "Tod durch China - Den Drachen herausfordern, ein weltweiter Aufruf zum Handeln" über die Bedrohung durch China geschrieben. Er kritisiert den bisherigen US-Präsidenten Barack Obama für den "ungeheuerlichen" Umgang mit dem "Leuchtturm der Demokratie" in Taiwan.

Auch der neue Stabschef des Weißen Hauses, Reince Priebus, gilt als Mann der Taiwan-Lobby. Er hatte in Taipeh die neue Präsidentin kurz vor ihrer erfolgreichen Wahl getroffen. Ähnlich der frühere UN-Botschafter John Bolton: Er hat schon im Jänner vorgeschlagen, die "Taiwan-Karte" zu spielen, um gegen Chinas aggressives Vorgehen im Süd- und Ostchinesischen Meer vorzugehen.

Trump: "Hat China uns gefragt, ..."
Auf jeden Fall reagierte Trump auf Chinas Protest wegen Taiwan mit einer vollen Breitseite: "Hat China uns gefragt, ob es okay ist, seine Währung abzuwerten, was unseren Firmen den Wettbewerb erschwert, oder einen massiven Militärkomplex im Südchinesischen Meer zu bauen?"

In der US-Handelskammer in Peking läuten die Alarmglocken. Der Vorsitzende James Zimmermann sagt, US-Unternehmen bräuchten "Gewissheit und Stabilität". Die Trump-Berater sollten sich möglichst schnell mit den "historischen Spannungen und der komplexen Dynamik in der Region" vertraut machen.

Als ob sie Nachhilfe nötig hätten: Wer das Wahlkampfpamphlet der Republikaner gelesen hat, wäre heute auch nicht so überrascht. "Als treuer Freund Amerikas hat Taiwan unsere starke Unterstützung verdient", heißt es da auf Seite 48. Genannt werden Freihandelsstatus und Waffenlieferungen einschließlich technologischer Hilfe beim Bau von U-Booten (die China gefährlich werden könnten).

Weiter heißt es: Die USA teilten mit den Menschen in Taiwan "die Werte der Demokratie, Menschenrechte, freie Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit". Für das autoritäre China gibt es da kein gutes Wort.

Taiwan als Spielball
Trump rechnet aber vermutlich anders als aus Sorge um die Menschenrechte. Er erinnert sich an seinen erfolgreichen Geschäftstrick: Gegner vor den Kopf stoßen, provozieren, um sie weichzuklopfen. Danach folgt der Deal zu einem billigeren Preis. Taiwan also nur ein Spielball Trumps?

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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