Kletterhalle Wien

Schreck! Reporter stürzt von 12-Meter-Slackline

Sport
29.11.2016 07:11

"Jetzt werden wir dir ein bisserl Angst machen", sagt mein Trainer leicht süffisant schmunzelnd. Wie Recht er doch haben sollte. Als er von mir haben will, dass ich von der Zehn-Meter-Wand ins Nichts springe und mich danach noch auf eine zwölf Meter hohe Slackline schwinge, wird mir dezent mulmig. Mein "Schnuppertag" in der beeindruckend voluminösen Kletterhalle Wien hatte es in jeder Hinsicht in sich (siehe Video oben).

Die Kletterhalle Wien in der Erzherzog-Karl-Straße 108. Von außen verhältnismäßig unscheinbar, bekomme ich drinnen den Mund vor Staunen kaum zu. Ein riesiges Areal mit vielen bunten Wänden verschiedenster Schwierigkeitsgrade zieht die Besucher in ihren Bann. "Es gibt kein bestimmtes Zielpublikum", sagt Trainer Ivan Turnier, "hierher in die Halle kommen die unterschiedlichsten Menschen, vom Hobby-Kletterer bis zum Wettkämpfer". Zu alt könne man für den Klettersport nicht sein, erklärt er mir. Ob sich demzufolge für mich mit meinen 31 Lenzen auch noch eine Weltkarriere ausgeht? "Absolut", schmunzelt er, "man muss halt umso eifriger trainieren, je später man beginnt".

Schmerzende Zehen
Und man muss vor allem schmerzresistent in den Zehen sein, behaupte ich! Die Kletterschuhe, die Ivan mir "anschnallt", sind eng. Saueng. Es zwickt und zwackt. "Aber es gibt noch engere Schuhe", sagt Ivan, "man braucht einen festen Halt". Na bumm! Für mich geht's zunächst zur Einsteigerwand. Die ist noch relativ einfach, sodass mein Gehirn sich mitunter noch auf die engen Schuhe und schmerzenden Zehen konzentrieren kann. Später, wenn's auf die 16-Meter-Wand raufgeht, sind meine Sinneskapazitäten ohnehin mit der Angstbewältigung beschäftigt.

Los geht's mit Bouldern, also dem ungesicherten Klettern in einer Höhe, von der aus man problemlos runterspringen kann, ohne sich dabei zu verletzen. Ich hangle mich von Knauf zu Knauf, noch ohne auf Regeln zu achten. Beim Auftreten "plumpst" es gehörig. "Gute Techniker hört man kaum auftreten", sagt Trainer Ivan. Er wird mir aber am Ende meiner ersten Einheit bescheinigen: "Zum Schluss waren deine Schritte schon sehr leise, man hat dich kaum noch gehört. Prima!"

Abseilen: sensationell
Hört man gerne! Bevor ich das Lob kassiere, mache ich aber noch einiges an Nervenkitzel mit. Zum Beispiel, als es daraum geht eine 16-Meter-Wand - wenn auch mit geringem Schwierigkeitsgrad - zu erklimmen. Zwar sichert mich Ivan mustergültig ("Wir sichern uns immer doppelt, mit zwei entgegengesetzten Karabinern"), trotzdem: Von 16 Metern runter ins Nichts zu schauen, macht mich doch ein bisserl zittrig. Aber ein tolles Gefühl ist es schon, sich - wenn auch leicht holpertatschig - ganz nach oben manövriert zu haben. Auch wenn die Unterarme ordentlich (über-)beansprucht sind und entsprechend wehtun. "Das ist normal", sagt Ivan, "aber bei den Profis kommt die Kraft hauptsächlich aus den Beinen". Verstanden! Apropos: Von 16 Metern abgeseilt zu werden, fühlt sich sensationell an. Richtig lustig! "Aber das legt sich mit der Zeit auch", sagt Ivan.

Von zehn Metern ins Nichts
Ich bin froh, die Einsteiger-Wand ebenso überlebt zu haben wie meine ersten zwei 16er-Wände, teilweise mit Überhang. Ich bin bereit für ein Feierabend-Bierchen. Da kommt's. "Jetzt werden wir dir ein bisserl Angst machen", raunt mir der Trainer zu. Das war's also nicht? Mitnichten. Ich soll eine zehn Meter hohe Erhöhung emporkraxeln und von dort - gesichert von und "gekoppelt" an Ivan, versteht sich - gleichsam ins Nichts springen. Das Raufklettern ist kein Problem, das Runterspringen schon. "Weiter nach vor", ruft mir Ivan zu, "du musst von ganz vorne abspringen". Zittrigen Schrittes torkle ich auf die Absprunglinie, ein bisserl wird mir schon Angst und Bang. "Spring endlich!", ruft mein lieber Kameramann zu. Ich zögere, überlege, wieder runterzuklettern. Aber dann: JUMP! Ein kurzer Angst-/Freudenschrei und schon baumle ich durch die riesige Halle. "Now I'm free, free falling", singe ich gedanklich den Mega-Hit von Tom Petty aus den 80er-Jahren. Und weil sich's gar so gut angefühlt hat, geht's gleich noch einmal rauf - und runter. Herrlich!

Noch weiter nach oben
Jetzt kann mich nix mehr umhauen, denke ich. Bis Ivan mich fragt, ob ich eine Slackline kenne und mit dem Zeigefinger Richtung Himmel deutet. Tatsächlich: Dort oben, in zwölf Metern Höhe, ist so ein Ding gespannt, auf dem ich balancieren soll. Eh klar, ich der Super-Held, dem schon beim Erklimmen der Zwei-Meter-Boulder-Wand zum ersten Mal schummrig wurde. Egal, ich klettere rauf. Aber schon der Aufstieg auf die Slackline wird - buchstäblich - zum Balance-Akt. Zwar hält mich Ivan vom Boden aus schön auf Zug, sodass die Absturzgefahr anfangs minimiert wird, aber es ist eine äußerst wackelige Angelegenheit. Es kostet mich viel an Überwindung, bis ich mit zwei Beinen auf der Line stehe. Und dann geht's voran. Wie ich später in der Video-Analyse erkenne, bewege ich mich dort oben in luftiger Höhe ähnlich grazil wie ein Storch in Schlittschuhen. Aber trotzdem komme ich voran. Ivans großzügiger Sicherungsstill bietet mir Sicherheit, ich halte mich am Seil fest, steige mitunter daneben, bleibe aber trotzdem oben. Irgendwann sind's dann aber doch zu viele Fehltritte, ich stürze ab. Immerhin gibt das ein schönes Bild für die Kamera, denke ich mir. Bis mir mein Kameramann zuraunt, dass er gerade die Optik gewechselt hat, als ich abgestürzt bin. "Ich hab die Szene jetzt leider nicht auf Band", sagt er mir. Auch gut - meine Kletterversuche waren schon unorthodox genug.

von Michael Fally

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(Bild: KMM)



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