Festnahme in Wien

Nach Terrorbedrohung: Ist Österreich noch sicher?

Österreich
21.01.2017 16:51

Die Terrorbedrohung hat Österreich erreicht! Staatsschützer und Cobra-Beamte verhinderten offenbar einen "sehr zeitnahen" Bombenanschlag durch einen erst 17-jährigen IS-Kämpfer in Wien. Die Polizei warnt auch weiterhin vor Gefahren in Menschenmengen auf öffentlichen Plätzen und ersucht die Bevölkerung um Hinweise zu herrenlosen Gepäckstücken. Ist unser Land eigentlich noch sicher? Die "Krone" sprach mit Sicherheitsexperten und Politikern.

Die Zahl der "Gefährder" hierzulande ist hoch, so Innenminister Wolfgang Sobotka: "296 Personen sind bekannt, davon sind 90 Rückkehrer aus dem Kriegsgebiet, 110 sind aktuell in den Krisenregionen, 45 wurden dort getötet. Es gab bereits 55 Verurteilungen, 147 Strafverfahren sind offen, 29 'Foreign Fighters' sind aktuell in Haft." Von ihnen stammen übrigens 130 aus Tschetschenien und mehr als 40 aus Bosnien. Interessantes Detail: Etwa 20 Prozent der Tatverdächtigen sind junge Frauen.

"Ich will wissen, wo sich die Personen aufhalten"
"Ich will einfach wissen, wo sich diese Personen aufhalten, um im Ernstfall schneller eingreifen zu können. Dazu muss es auch künftig eine Ein- und Ausreisekontrolle mit einem Abgleich der biometrischen Daten an der EU-Außengrenze geben", argumentiert Sobotka für Fußfesseln oder andere elektronische Maßnahmen zur Überwachung von "Foreign Fighters". Nur etwa die Hälfte von ihnen würde mit Behörden kooperieren. Auch bei einer Ausweitung der Videoüberwachung gehe es ihm "nicht um Orwell'sche Fantasien".

Genauso wichtig wie die Ermittlungsarbeit ist dem Innenminister die Prävention wie beim Projekt "Gemeinsam.Sicher". "Wir brauchen aus dem familiären Umfeld oder Freundeskreis Informationen über eine mögliche Radikalisierung." Sobotka wird dabei nicht müde zu betonen: "Wir sind keine Insel der Seligen."

Im Video: "Österreich ist keine Insel der Seligen mehr"

FPÖ fordert eine strikte Moscheen-Überwachung
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kritisiert in diesem Zusammenhang die "Wir schaffen das"-Linie von SPÖ und Grünen. "Höchste Zeit, dass vor allem in Wien die Moscheen strikt überwacht und Hassprediger ausgewiesen werden!", fordert der blaue Frontmann.

Dass technische Überwachungsmaßnahmen in Zeiten grenzenloser Terrorgefahr nötig sind, davon sei auch der Verteidigungsminister überzeugt, ist aus dem Umfeld von Hans Peter Doskozil zu hören. Der Minister sei "gerne bereit, über alle konkreten Vorschläge zu sprechen". Eine Verschärfung der Gesetzeslage wäre somit bald möglich.

Interview mit Konrad Kogler (52), Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit:
"Krone":
Herr Generaldirektor, wie konkret war die Terrorbedrohung?
Konrad Kogler: Durch die detaillierten Angaben eines gewissen Zeitraums waren die Warnungen über eine mögliche Bedrohung sehr konkret und hatten eine neue Qualität.

Ist der Verdächtige zuvor polizeilich schon aufgefallen?
Nur durch kleinkriminelle Delikte.

Wo und wie hat sich der Jugendliche derart radikalisiert?
Es gibt verschiedene Vermutungen, die zu einem salafistischen Umfeld führen.

Was ist der derzeitige Ermittlungsstand?
Wir müssen nun sichergestellte Handys und Computer auswerten, um abzuklären, mit wem er kommuniziert hat. Dazu sind wir mit mehr als 50 Diensten im Ausland im Kontakt.

Wie sicher ist jetzt Österreich?
In der öffentlichen Diskussion herrscht oft die Meinung vor, dass eh alles passt. Wir müssen aber weiterhin extrem vorsichtig sein. Erinnern Sie sich nur an den Fall eines 14-Jährigen, der ein Bombenattentat auf den Wiener Westbahnhof verüben wollte. Zwischen Vorbereitungs- und Tathandlung vergeht oft nur eine kurze Zeit.

Interview mit dem internationalen Terrorexperten Peter Neumann (43):
"Krone":
Herr Neumann, Sie sind am Kings College in London weltweit einer der führenden Terrorexperten und jetzt OSZE-Sonderbeauftragter. Haben Sie mit dieser Bedrohung gerechnet?
Peter Neumann: Es überrascht mich nicht im Geringsten, dass der Terror konkret jetzt auch Österreich erreicht. Ich habe das im Prinzip erwartet.

Kam das Ganze plötzlich?
Der IS hat vor Jahren jedes westliche Land als "Kreuzzügler-Staat" definiert, der angegriffen werden muss. Es wäre naiv anzunehmen, dass das kleine Österreich nicht betroffen ist.

Glauben Sie im konkreten Bedrohungsfall an einen "einsamen Wolf"?
Ich kann Ermittlungen nicht vorgreifen. Für mich spricht aber vieles für ein salafistisches Terrornetz.

Worauf müssen wir uns einstellen?
Möglich ist alles - von vergleichsweise kleinen Attentaten bis zu größeren Sprengstoffanschlägen.

Wie soll Österreich, wie soll der Einzelne reagieren?
Die Behörden sollten kühl und überlegt handeln, alles in ihrer Macht Stehende gegen die Bedrohung tun. Der einzelne Bürger: wachsam sein, aber nicht in Panik verfallen.

Kronen Zeitung

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