Wegen Mordversuchs

Messerattacke auf Syrer in Asylheim: 13 Jahre Haft

Österreich
02.02.2017 18:55

"Stirb, du Hurensohn!" Mit diesen Worten ist ein 46-jähriger Marokkaner im September 2016 in einer Asylunterkunft im Wiener Bezirk Simmering plötzlich mit einem Messer auf einen schlafenden Mitbewohner losgegangen. Wegen versuchten Mordes wurde der Mann am Donnerstag zu 13 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Das Motiv war nicht ganz klar, der 46-Jährige fühlte sich bedroht und hatte Angst vor einer Vergewaltigung. Der 27-jährige Mitbewohner des 46-jährigen Marokkaners soll in einem Gespräch erwähnt haben, dass der nun angeklagte Mann für sexuelle Gefälligkeiten mit anderen Männern bezahlen würde. Deshalb hatte der Marokkaner ständig Angst, vergewaltigt zu werden. Einen Tag vor der Tat suchte der Angeklagte deshalb Zuflucht in der Wohnung eines Freundes in Ottakring. Dort trank er einen Saft und wurde kurz darauf ohnmächtig. Als er wieder erwachte, hatte er Schmerzen im Analbereich. Er beschuldigte den Freund und einen Bekannten der Vergewaltigung.

Der 46-Jährige suchte ein Spital auf, wo er den Ärzten erzählte, dass er Opfer einer Vergewaltigung geworden sei. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass weder fremde Spuren noch Verletzungen, die auf eine Vergewaltigung hindeuten würden, zu finden waren. Dennoch wurde Anzeige gegen unbekannt erstattet. Der Freund und sein Bekannter wurden nicht ausgeforscht, der 46-Jährige konnte keine Angaben zu der Wohnung "in der Nähe der Thaliastraße" machen.

"Ich war psychisch belastet"
Nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde und er eine Aussage bei der Polizei gemacht hatte, ging er in der Stadt spazieren. "Ich war psychisch belastet und er (der 27-Jährige, Anm.) war der Grund, warum ich so belastet bin", sagte der 46-Jährige zum Vorsitzenden des Geschworenensenats, Thomas Kreuter. Als er in seiner Unterkunft in Simmering ankam, ging er in das Zimmer des 27-Jährigen und stach mit einem Messer, das zu Dekorationszwecken an der Wand hing, auf den unbedarften, schlafenden Mitbewohner ein.

"Ich hab ein Geräusch gehört, die Augen aufgemacht und gesehen, wie er auf mich einsticht", erzählte der Syrer im Zeugenstand. Dabei erwischte der 46-Jährige, der sich vor Gericht schuldig bekannte, mit dem ersten Stich den Brustkorb und den Oberbauch so heftig, dass der Bauchraum geöffnet wurde. Die acht Zentimeter lange Klinge trat zwei Zentimeter tief in die Leber ein, eine Rippe wurde gebrochen und eine Brustkorbarterie erwischt, wie Staatsanwältin Angelika Linzner erörterte. Zudem fügte ihm der 46-Jährige eine riesige Schnittwunde am linken Oberschenkel sowie zahlreiche Abwehrverletzungen zu, berichtete Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich.

Der 27-Jährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Wenn er nicht laut geschrien hätte und die anderen Mitbewohner zu Hilfe geeilt wären, hätte er den Angriff nicht überlebt.

Opfer: "Ich kann kaum schlafen"
"Ich kann kaum schlafen, weil ich immer daran denken muss", erzählte der 27-Jährige. Zudem leidet der Mann immer noch unter Schmerzen im Bereich der Leber und unter Atemproblemen. Der Syrer, der in seiner Heimat als Kaffeeröster tätig war und in Wien als Kellner gearbeitet hatte, konnte sich den Grund für den Angriff nicht erklären. "Ich stelle mir immer wieder die Frage: 'Warum hat er es getan?'" Zum Vorwurf des Angeklagten, aus Angst vor Vergewaltigungen den Messerangriff unternommen zu haben, meinte der 27-Jährige: "Ich habe diesen Mann immer unterstützt und ihm geholfen. Er schuldet mir immer noch 500 Euro."

Auch in der U-Haft war es kurz nach der Festnahme des 46-Jährigen zwei Mal zu tätlichen Auseinandersetzungen mit Mithäftlingen gekommen. Der Marokkaner beschuldigte die Insassen ebenfalls, ihn vergewaltigen zu wollen.

Falsche Identität als wahres Motiv?
Das Motiv für die Messerattacke könnte aber auch ganz woanders liegen: Der Marokkaner war mit falscher Identität von Italien nach Österreich gekommen. Mit falschem Namen gab er sich als Syrer aus, doch seine Mitbewohner in der Unterkunft erkannten schnell, dass es sich aufgrund seines Dialekts nicht um einen Syrer handelte. "Eines Tages kam er mit dem Koran in der Hand in die Küche und forderte uns auf, darauf zu schwören, dass wir nicht mit den österreichischen Behörden zusammenarbeiten würden und ihn nicht verraten", erzählte das 27-jährige Opfer. Daraufhin habe man den 46-Jährigen gebeten, sich eine andere Unterkunft zu suchen.

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