Appell an Parteien

Katia Wagner: Lasst die Schmutzkübel in der Ecke!

Österreich
13.09.2017 11:55

32 Tage sind es noch bis zu den Nationalratswahlen 2017, aber ein glasklarer Sieger steht heute schon fest: Das Unwort dieses Wahlkampfs lautet definitiv "anpatzen", dicht gefolgt von "Schmutzkübelkampagne" auf Platz 2 und "Dirty Campaigning" auf Platz 3.

Keine Woche vergeht, ohne dass der ohnehin schon knapp legislaturperiodenlang leidgeplagte Wähler mit gegenseitigen Beflegelungen sämtlicher Parteien zwangsbeglückt wird, um gleich anschließend eine Jammerei in guter, alter Opferrollenmanier serviert zu bekommen, dass alle anderen ja ach so böse und gemein sind und man selbst doch einfach nur über Inhalte sprechen möchte. Wer schon einmal einen Kinderspielplatz besucht hat, ist bei der Deutung dieses Verhaltensmusters klar im Vorteil.

Unrühmlicher, schmutziger Höhepunkt sind die von der SPÖ in Auftrag gegebenen Kurzvideos, die mehr oder weniger originell den konkurrierenden Spitzenkandidaten Sebastian Kurz in ein unvorteilhaftes Licht stellen sollen.

In einem dem Nachrichtenmagazin "profil" zugespielten Videokonzept mit dem klingenden Titel "Negative Campaign Buberlpartie" wird von der Agentur GGK MullenLowe eine geplante Videosequenz beschrieben, bei der im Stil einer fiktiven Kinofilmankündigung das Team rund um Sebastian Kurz und er selbst durch den Kakao gezogen werden sollen.

Tausende Euro Steuergeld für Anti-Kurz-Video
Laut SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler sei die Erstellung solcher Videos in Abstimmung mit dem jüngst aus guten Gründen abgesägten Dirty-Campaigning-Guru Tal Silberstein rein für "interne Zwecke" gewesen. Für den Steuerzahler eine mäßig befriedigende Antwort - da werden also Tausende Euro an Steuergeld für Anti-Kurz-Videos für den internen Gebrauch verblasen. Aber wer hat, der hat.

Selbst der Wahlkampfleiter der FPÖ, Herbert Kickl, meldet sich in der Video-Posse zu Wort: Niedermühlbichler versuche, "die Österreicher für dumm zu verkaufen, wenn dieser erzählt, die Videos seien nur für den internen Gebrauch produziert worden". Selbst wenn man dieser Erklärung nun wohlwollend glaubt und ein Anti-Kurz-Video namens "Buberlpartie" lediglich für interne Zwecke produziert werden sollte, legt das den Verdacht nahe, dass es offenbar sogar notwendig ist, selbst parteiintern gegen den Umfragenmeister Sebastian Kurz zu wettern. Auch ein Armutszeugnis.

Van der Bellen fordert von Parteien Anstand ein
Dass nun auch der schon verschollen geglaubte Bundespräsident Alexander van der Bellen seinen Dornröschenschlaf unterbrechen und ausrücken muss, um an die wahlkämpfenden Parteien zu appellieren und Fairness und Anstand einzufordern, sollte den Dirty-Campaigning-Akteuren und denen, die es noch werden wollen, durchaus zu denken geben.

Der Wähler bleibt auf der Strecke
Was bei dem allseitigen Feuerwerk an schmutzigen Wahlkampfmethoden, peinlichen Anpatz-Videos, untergriffigen Beflegelungen und Schein-Aufrufen zur Fairness auf der Strecke bleibt, ist ganz offensichtlich der, um den es sich eigentlich die letzten 32 Tage voll und ganz drehen sollte: der Wähler. Nach Jahren der Zwistigkeiten innerhalb der Regierung und nach einem mindestens ebenso schmutzigen und zehrenden Bundespräsidentenwahlkampf 2016, die er tapfer über sich ergehen ließ, hätte er sich eigentlich bei dieser Wahl Inhalte und Ideen redlich verdient. Angesichts der Verzweiflung über unbefriedigende Umfrageergebnisse der ein oder anderen Partei wird dies allerdings wohl ein frommer Wunsch bleiben.

Katia Wagner

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