"Krone"-Interview

Held von Paris: “Spüre noch das Blut der Opfer”

Sport
29.06.2016 16:40

Nach den Anschlägen von Istanbul ist der IS-Terror wieder omnipräsent - Salim Toorabally verhinderte am 13. November, dem schwarzen Freitag von Paris, eines der geplanten Attentate im Stade de France: Die "Krone" traf den Security-Mann bei der EURO, die für ihn "sehr sicher abläuft".

Vor Frankreichs Test am 13. November gegen Deutschland wollte beim Eingang L ein Terrorist ins Stade de France. Salim Toorabally - 43, ein Muslim aus Mauritius - hinderte IS-Kämpfer Bilal Hadfi daran, weil er kein Ticket hatte. Später sprengte sich dieser als dritter und letzter Selbstmordattentäter vor der EM-Arena in die Luft.

"Krone": Welches Bild geht Ihnen nicht mehr aus dem Kopf?
Salim Toorabally: Als ich nach den ersten zwei Detonationen zu Hilfe geeilt bin, lagen  verletzte Menschen am Boden, Körperteile und Hautfetzen der Attentäter verstreut umher.

"Krone": Wie haben Sie da reagiert, konnten Sie bei diesem Anblick einen kühlen Kopf bewahren?
Toorabally: Ich habe als ausgebildeter Rettungsmann nicht nachgedacht, intuitiv gehandelt und sofort Erste Hilfe geleistet.

"Krone": Wie genau?
Toorabally: Auf Verletzte beruhigend einreden, sie in Seitenlage bringen, ihre Wunden abdecken - ich spüre noch heute das Blut der Verletzten und Opfer an meinen Händen.

"Krone": Empfinden Sie auch Hass auf die Terroristen?
Toorabally: Ich dachte nicht, dass so etwas in Frankreich passieren kann. Selbstmordattentäter? In Syrien vielleicht, aber nicht hier.

"Krone": Der dritte Attentäter, Bilal Hadfi, tauchte zuvor bei Ihrem Eingang auf...
Toorabally: Ja. Er wollte ohne Ticket in das Stadion, sagte, sein Freund sei schon drinnen und habe die Karten...

"Krone": Welchen Eindruck machte der gebürtige Franzose?
Toorabally: Einen ängstlichen, hektischen. Er redete zudem mit zitternder Stimme.

"Krone": Und dann? Hatten Sie einen Verdacht?
Toorabally: An eine Tragödie mit Verletzten und vier Toten denkt man nicht. Er gab nicht auf, stapfte vorm Eingang umher - und verschwand später in der Menge. Ich hatte längst meine Kollegen informiert.

"Krone": Wann erfuhren Sie, dass sich Hadfi ebenfalls gesprengt hat?
Toorabally: Fünf Tage später. Die Polizei legte mir Fotos vor, ich erkannte ihn sofort wieder.

"Krone": Sie werden seither als Held gefeiert. Wie groß war anfangs das Medienecho?
Toorabally: Aus der ganzen Welt gab es Anfragen. Die englische Zeitung "Daily Mail" machte das erste Interview, lud mich auf eine einwöchige Reise in meine Heimat Mauritius ein.

"Krone": Warum?
Toorabally: Damit mich andere Medien nicht finden. Denn mein Haus war relativ schnell von Journalisten belagert.

"Krone": Ehrungen, Vorträge - Sie sind ein gefragter Mann.
Toorabally: Ich wurde zu einer NFL-Konferenz nach Florida eingeladen, habe dort vor 500 Leuten über Sicherheit referiert. Ich war beim Nationalteam. Kapitän Lloris, Matuidi und Co. meinten, ich sei für sie mehr als ein Held.

"Krone": Ähnlich sprach ja auch Staatspräsident Hollande.
Toorabally: Als ich im März bei der Rückkehr ins Stade de France, dem Test gegen Russland, wieder arbeitete, bat man mich in den VIP-Raum. Plötzlich stand ich vor Hollande. Er meinte: "Das ist nicht für Sie eine Ehre, sondern für mich. Denn Sie haben Großes für Frankreich geleistet."

"Krone": Klingt's nicht absurd, dass Sie weiterhin im Sicherheitsdienst und auch am Ort des Schreckens tätig sind?
Toorabally: Ich hatte anfangs schon  Zweifel, bekam Jobangebote aus anderen Branchen, weil mein Gesicht für etwas steht. Aber...

"Krone": Aber?
Toorabally: Ich sehe es aus Solidarität zu den Franzosen und zu Europa. Ich will, dass  niemand Angst haben muss. Und das am liebsten für immer.

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(Bild: KMM)



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