Pilot war kerngesund

Hannes Arch vor Todesflug: “Würde nichts bereuen”

Sport
10.09.2016 16:41

Der Schock sitzt tief, das Team der Elberfelder Hütte trauert. Nach der letzten Proviantlieferung dieser Saison zum Stützpunkt des Alpenvereins zerschellte der Hubschrauber mit Kunstflug-Ass Hannes Arch am Steuer - wie berichtet - an einer Felswand. Die Wrackteile und der überlebende Passagier, der noch zu den letzten Sekunden vor dem Absturz befragt wird, sollen das Todesrätsel klären. Arch selbst - erst kurz vor seinem Tod hatte er gemeint, nichts in seinem Leben bereuen zu müssen - war jedenfalls zum Unglückszeitpunkt kerngesund.

"Es tut weh" - mehr kann Hüttenwirt Herbert Mayerhofer nicht sagen. "Schon seit ewig" hat ihm Hannes Arch durch die Luft Proviant geliefert. Dann diese verhängnisvolle letzte Lieferung der Saison. Am Montag beginnt die Winterpause.

Nachdem Hüttenwart Reinhard B. (62), der vom Deutschen Alpenverein Wuppertal zur Überprüfung auf der Elberfelder Hütte war, spontan mit Arch in den Robinson R66 (700.000 Euro teuer, 250 km/h Spitzengeschwindigkeit) eingestiegen war, hob der Hubschrauber gegen 21.10 Uhr ab. Bei bestem Nachtflug-Wetter. Doch nach nur knapp 400 Metern in der Luft krachte der Hubschrauber gegen eine Felswand.

"Wussten nicht, was uns erwarten würde"
Die Bergretter boten in jener Nacht eine Spitzenleistung: Trotz vieler schwerer Bergegeräte schafften sie die eigentlich fünfstündige Route in nur drei Stunden. "Wir wussten nicht, was uns erwarten würde. Dann die schöne Überraschung: Ein Überlebender!", so Harald Rader senior, Einsatzleiter der Bergrettung Heiligenblut. "Es ist ein wahres Wunder, dass er den Absturz überlebt hat."

Reinhard B. war trotz seiner schweren Verletzungen bei vollem Bewusstsein. Er war im Wrack eingeklemmt, stundenlang musste er neben der Leiche von Hannes Arch ausharren und auf Rettung hoffen. "Er konnte den Polizeihubschrauber wahrnehmen, der die Unglücksstelle lokalisierte. Gegen 4.30 Uhr wurde das Opfer geborgen, drei Notärzte haben den Mann stabilisiert. Um 5.30 Uhr konnte er mittels Heli-Seilbergung ins Klinikum Klagenfurt geflogen werden", so Rader.

Wrackteile geborgen
Die Obduktion von Hannes Arch hat indes keinerlei Hinweise auf einen körperlichen Kollaps im Cockpit ergeben. Das toxikologische Gutachten steht allerdings noch aus. "Die Wrackteile wurden am Samstag geborgen und werden weiterhin untersucht", so Polizeisprecher Michael Masaniger. Die große Frage: technischer Defekt oder Pilotenfehler? Auch wird gerätselt, ob es für den angemeldeten Nachtflug genügend Mondlicht gab.

Hannes Archs große Liebe
Für den verunglückten steirischen Profipiloten war das deutsche Topmodel Miriam Höller sechs Jahre - neben seiner Fliegerei - die große Liebe. Auch der Hang zur Gefahr verband den Grenzgänger und die Stuntfrau. Als sich die 29-Jährige im Sommer komplizierte Beinbrüche zuzog, wich das Kunstflug-Ass nicht von ihrer Seite. Er wachte bei ihr am Krankenbett.

Und Miriam reiste ihrem Hannes sogar mit eingegipsten Füßen nach. Eben aus dem Spital entlassen, postete sie: "Ab jetzt geht es nur noch bergauf!" Doch das Schicksal schlug noch erbarmungsloser zu und raubte ihr das große Glück.

"Ich würde nichts bereuen"
Ende August, also nur wenige vor seinem Todesflug, sprach Hannes Arch mit einem Reporter von "Daily Sports" noch ausführlich über "Herzblut, Sinn und Leidenschaft" seiner so geliebten Fliegerei. "Hannes hat mich mit dem Hubschrauber abgeholt und ich war fasziniert, einen Tag mit so einem außergewöhnlichen Menschen, für mich ein Held, zusammenarbeiten zu dürfen", erinnert sich Matthias Stelzmüller, Chefredakteur von "Daily Sports".

"Du musst mutig sein, wenn du gegen den Strom schwimmst. In den Dolomiten bergsteigen oder klettern zu gehen und dort meine Leistung zu bringen hat für mich mehr gebracht, als was ich in der Schule gelernt habe", erzählte der Meisterflieger von seiner Zeit als Schulschwänzer. "Ich wollte immer auf die Berge und über den Wolken sein. Weil von oben hast du eine bessere Sicht und einen viel weiteren Horizont."

Wie eine schicksalshafte Vorahnung sagte der Grenzgänger am Ende des Interviews: "Man darf nicht vor dem Leben davonlaufen, weil Leben ist Risiko und Leben ist Abenteuer." Und auf die Frage, ob er sein Risiko bereuen würden, sollte er morgen abstürzen, sagte Arch lakonisch: "Ich würde nichts bereuen."

Beisetzung im engsten Familienkreis
Die Beisetzung von Hannes Arch soll nun "im engsten Familienkreis stattfinden, teilte eine Sprecherin am Samstagnachmittag mit. Der Leichnam wurde nach der Obduktion bereits freigegeben. Das Team des österreichischen Air-Race-Piloten verabschiedete sich mit berührenden Worten. "Wir sind am Boden zerstört!", heißt es auf der Website des 48-Jährigen. "Worte können nicht beschreiben, wie wir alle fühlen."

krone.tv-Nachruf auf Hannes Arch:

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(Bild: KMM)



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