Lokalaugenschein

Urlauber: “Sonst würden die Terroristen gewinnen”

Ausland
18.08.2017 18:22

Ein junger Mann kniet mitten auf der Rambla nieder, faltet die Hände zum Gebet. Neben ihm entzündet eine Frau eine Kerze und stellt sie mitten auf ein Mosaik - das Herzstück des prächtigen Boulevards. In dieses Herz stach am Donnerstag der islamistische Extremismus. Die "Krone" war am Freitag zu einem Lokalaugenschein in Barcelona.

Augenzeugen berichten gegenüber Journalisten aus aller Welt über die dramatischen Augenblicke. Über den Kleinlastwagen, und wie er Dutzende Menschen niedermähte. "Ich wollte gerade die Straße überqueren, als der Laster an mir vorbeiraste. Ich schätze, mit 80, 90 km/h", erzählt Rebecca (34).

Keine 50 Meter weiter blieb der Todeslenker stehen, stieg aus und flüchtete in eine Seitengasse. Knapp zwölf Stunden später werden an diesem Punkt die Blumen, Kerzen und Gedichte niedergelegt. Menschen stehen kreisförmig um das Mosaik des spanischen Künstlers Juan Miro. Eine Gedenkstätte. Wut, Fassungslosigkeit und Trauer ist in ihren Gesichtern zu sehen. Hinter dunklen Sonnenbrillen kullern Tränen die Wangen herunter.

Dann brandet Applaus auf, aufmunternde Sprechchöre hallen durch die Häuserschlucht. Immer und immer wieder. Man gewinnt den Eindruck, als wolle die schillernde Metropole so rasch wie möglich zur Normalität zurückkehren. Beim "Krone"-Lokalaugenschein am Freitagvormittag ist der verheerende Terrorakt zwar allgegenwärtig, dennoch spazieren Hunderte Touristen die Rambla rauf und runter, Polizisten lösen nach und nach die Absperrbänder rund um den Tatort ab.

Aus einem nahen Glockenturm schlägt die Uhr Punkt zwölf. Die Menschen halten inne. Kurz darauf füllt sich der Boulevard urplötzlich mit Tausenden Menschen - eine Demonstration, ein Marsch des Friedens. "No tinc por" - "Ich habe keine Angst", skandieren die unerschrockenen Bürger einer Weltstadt auf Katalanisch.

"Die Terroristen hätten ja sonst gewonnen"
Eine Österreicherin wurde bei dem Attentat leicht verletzt, sie konnte das Spital bereits wieder verlassen. Trotz der erschreckenden Vorkommnisse war das erste Flugzeug von Wien nach Barcelona praktisch ausgebucht. Pärchen, Familien mit Kindern. Sie zeigen sich schwer erschüttert, traten die Reise aber dennoch an. "Die Terroristen hätten ja sonst gewonnen."

Oliver Papacek und Andi Schiel, Kronen Zeitung, aus Barcelona

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