Unser Tennis-Hero

Der Dominator! Warum alle Dominic Thiem lieben

Sport
17.06.2017 20:00

Der erst 23-jährige Dominic Thiem hat das ganze Land wieder in Tennis-Begeisterung versetzt! Warum ihn alle lieben, und was ihn so erfolgreich macht? Fast hätte ihn eine hartnäckige Erkrankung gestoppt.

Geschafft! Mit dem triumphalen Drei-Satz-Sieg über Novak Djokovic hat Dominic Thiem in Paris auch den letzten der aktiven Tennisheroen bezwungen: Nach Federer, Nadal, und Murray konnte unser Dominator nach fünf vorangegangenen Niederlagen auch den Letzten der "Großen vier" besiegen. Der 23-Jährige bestätigte damit, was sein Trainer und Mentor Günter Bresnik schon immer prophezeit hatte: "Der Bua kann jeden schlagen!"

"Er zwang Djokovic in die Knie und in den Sand", war auch die grenzenlose Begeisterung von ORF-Kommentator Oliver Polzer über Dominics Meisterstück unüberhörbar. Und genau darin liegt ein Erfolgsgeheimnis des neuen Sterns am Tennishimmel: Selbst nach seinem größten Sieg bleibt er bescheiden, mit beiden Beinen am Boden und hebt nicht ab. Er ist ein feiner und nachdenklicher Mensch.

Niederlagen, wie jene zwei Tage später im Semifinale gegen den Paris-Zehnfach-Champion Nadal, setzen ihm zu. "Er nimmt sich Rückschläge noch zu sehr zu Herzen", wie sein Entdecker und Trainer Günter Bresnik feststellt.

Beobachten gelernt hat Klein Dominic, noch ehe er laufen konnte. Denn dem am 3. September 1993 in Wr. Neustadt (NÖ) als Sohn des Tennislehrers Wolfgang und der Trainerin Karin Thiem geborenen Buben war die Begeisterung für diesen Sport in die Wiege, Pardon: ins Ballwagerl gelegt. Von dort aus beobachtete der Dreikäsehoch nämlich die große Tenniswelt, in die er einmal ausziehen sollte, um sie zu regieren.

Aber bis dahin war es noch ein weiter, sandiger Weg. Von Training zu Training, Tennisplatz zu Tennisplatz, Turnier zu Turnier. Legendär hört sich dabei die Geschichte um einen Wohnungsverkauf zur Finanzierung seiner Karriere an. Tatsächlich verkaufte seine Großmutter Helga ein Appartement in der Wiener Innenstadt, "um die aufwändige Ausbildung sowie die Reisen ihres Enkerls bezahlen zu können". Mit einer rührenden Geste bedankte sich Dominic heuer nach seinem achten Turniersieg in Rio de Janeiro dafür. "Die Rio-Trophäe schenk ich meiner Oma. Meine Großeltern haben mich immer unterstützt."

Doch Erfolg kann man bekanntlich weder kaufen noch planen. Und so gab es auf dem weiten Weg bis nach Rio immer wieder Enttäuschungen, Niederlagen und Rückschläge. Etwa mit zwölf, als Trainer Bresnik darauf bestand, die bisher zwar perfekte beidhändige auf eine weit aggressivere einhändige Rückhand umzustellen. Monatelanges eisernes, beinhartes Drill-Training, bis der Backhand-Paradeschlag endlich so saß, dass Kanonenbälle, die Dominic heute entlang der Linie platziert, selbst Allzeitstar Roger Federer dann und wann um die Ohren fliegen.

Aber bis dahin mussten noch ganz andere Probleme bewältigt werden. Es war vor allem die Familie, die dem Teenager auf seinem Weg nach oben die nötige Kraft und Ruhe gab. So beispielsweise beim "schulbürokratischen Problem", wie man es nennen könnte: Wegen der zeitraubenden Turnierreisen lieferte Dominic so manche Hausaufgabe nicht pünktlich ab. Nicht etwa, dass ihm der Lernstoff zu schwierig war. Es war eher die Sturheit seiner Zeichenprofessorin, die den 15-jährigen Gymnasiasten nicht verstehen konnte - und wollte!

Da Dominic eine Zeichnung nicht rechtzeitig abgeliefert hatte und er der gestrengen Frau Professor offenbar zu deutlich erklärt hatte, was er von ihrer Terminbitzelei hielt, folgte eine Disziplinarkonferenz - die schließlich Dominics Schulkarriere beendete. Weltweit bestaunen heute Millionen Fernsehzuseher die künstlerischen Zeichnungen, die Dominic nach seinen Siegen auf die TV-Kameras malt, um seine Fans zu grüßen.

Fast hätte eine hartnäckige Darmerkrankung den Jungstar gestoppt: Schuld war das Bakterium Campylobacter. "Er hat es sich wohl 2010 in Costa Rica geholt", vermutet Bresnik. Quälende Krämpfe und Schmerzen waren die Folge, auch Spitalsaufenthalte. Oft traute er sich gar nicht sagen, wie schlecht es ihm ging - aus Furcht dann nicht Tennis spielen zu dürfen.

Den Durchbruch schaffte der 17-jährige Thiem mit dem Finaleinzug beim Junioren-Grand-Salm in Paris 2011. Kurios war dann sein erster Sieg auf der ATP-Tour im Oktober desselben Jahres: In Wien traf Dominic ausgerechnet auf den großen "Tominator" Thomas Muster, sein großes Idol. Tom wollte als lebende Tennislegende (44) das Rad der Zeit zurückdrehen - doch der Grand-Slam-Sieger anno 1995 verlor gegen "Nobody" Dominic.

Der Autor dieser Zeilen lernte damals als Trainerkollege Mama Karin Thiem beim Stadthallenturnier kennen. Und fiebert seither immer per SMS mit ihr live mit, wenn es gilt, die Daumen für Dominic zu halten. Anfangs musste Mama Thiem vorm Fernseher noch so manche Beruhigungstablette nehmen.

Doch weder Tabletten noch Aufputschmittel sind für die einzigartige Athletik von Österreichs neuer Nr. 1 verantwortlich. Hinter dem Wunder Thiem steht schlicht und einfach eine Macht wie eine Mauer: das Team Thiem! Geschlossen und professionell managen Bresnik, Papa Wolfgang, Physiotherapeut Alex Stober und Werner Lazelberger das Tennis-Ass.

Zudem hat auch Triathlet-Evergreen Sepp Resnik mit seinem "militärischen Waldtraining" zur überragenden Fitness Dominics beigetragen. Vor allem die eher eigenwilligen Methoden des Kondi-Gurus - nächtliche stundenlange Dauerläufe im Regen samt Bäumestemmen - zählten zu den Härtetests, mit denen der 64-jährige Ex-Bundesheer-Soldat dem Youngster "die Wadeln viererichtete". Resniks ehernes Trainingsmotto: "Dominic soll dem Gegner auf dem Platz gegenüber stehen und sagen können: 'Ich trainiere härter und zu Zeiten, die du nicht kennst. Deshalb bin ich besser als du!'" Erfolg basiert nicht auf Talent, sondern auf 90 Prozent harter Arbeit.

Doch das "Wunder Thiem" beruht noch auf einer weiteren Stärke des 1,85 Meter großen Stars: Mit seinem Gardemaß überragt er nicht nur etliche Tenniskollegen, sondern verkörpert auch den "Offizier und Gentleman des Sports". Denn trotz hochdotierter Werbeverträge von Babolat bis Rolex und seinen 7 Millionen Dollar an eingespieltem Preisgeld ist Dominic der nette Bursche von nebenan geblieben, der grüßen, Bitte und Danke sagen kann und Menschen in die Augen schaut, wenn sie mit ihm reden. Er wohnt auch nicht in einer Villa, sondern in einer kleinen Mietwohnung in Mödling.

Das wissen mittlerweile auch viele weibliche Dominic-Fans. Aber das ist eine andere Geschichte...

Christoph Matzl, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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