Ganz ohne Gewalt

Buntbarsche regeln Rangordnung durch Pinkeln

Wissenschaft
02.02.2017 11:14

Löwen brüllen, um anderen zu imponieren, Hirsche tragen dazu große Geweihe und Gorillas trommeln auf ihre Brust. Buntbarsche können all das nicht, trotzdem klären sie beim Aufeinandertreffen gewaltlos, wer stärker ist: Indem sie um die Wette ins Wasser pinkeln, berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Die Studie erschien im Fachmagazin "Behavioral Ecology and Sociobiology".

Die Wissenschafter um Dario-Marcos Bayani von der Universität Bern haben Buntbarsche, die vom Tanganjikasee in Afrika stammen (Neolamprologus pulcher), jeweils paarweise, aber durch durchsichtige Wände getrennt, in Becken gesetzt. Die Tiere konnten einander zwar sehen, aber nicht berühren oder gar miteinander kämpfen. Das wäre auch unfair gewesen, denn ein Fisch war stets deutlich größer als der andere. Die Trennwand war entweder massiv, sodass die beiden keine chemischen Signale austauschen konnten, oder durchlöchert. Außerdem hatten die Forscher den Fischen zuvor Farbstoff injiziert, damit ihr Urin dunkelblau und dadurch gut im Wasser zu sehen war.

Schmutziger Wettbewerb: Wer hat mehr Urin?
Wenn die zwei Fische einander erblickten, folgten fast unmittelbar Scheinangriffe und Drohgebärden, berichten die Verhaltensforscher. Außerdem entleerten sie schubweise ihre Blasen. Die größeren Exemplare hatten freilich jeweils das größere Organ und konnten damit öfter Urin absetzen. Wenn diese Geruchssignale durch eine löchrige Zwischenwand unter den Konkurrenten ausgetauscht werden konnten, war die Sache viel rascher geklärt, als wenn die Wand dicht war. Dann pinkelten die dominanten Fische noch mehr, vermutlich weil die anderen nicht adäquat mit Kapitulation reagierten. Die Kleinen führten dann wiederum öfters Angriffe in Richtung der Großen aus, weil sie wohl nicht so gut erkennen konnten, dass diese viel stärker waren.

Klärzung des Rangverhältnisses rasch und ohne Kampf
"Die Fische sahen einander zwar, aber offensichtlich reichte dies nicht aus, um die potenziellen Gegner richtig einzuschätzen", erklärte der österreichische Biologe Michael Taborsky, der am Institut für Ökologie und Evolution der Uni Bern forscht, im Gespräch mit der APA. Sie bräuchten offensichtlich auch die Geruchsstoffe als Information. Wenn das Signal des Konkurrenten beeindruckend ist, wie eine große Duftmarke bei den Buntbarschen oder zum Beispiel ein mächtiges Geweih bei Hirschen, dann sei das wohl sehr beeindruckend für das jeweils schwächere Tier, sagte er. Dadurch eskaliert eine Auseinandersetzung nicht, und die beiden können die Rangverhältnisse rasch und ohne Kampf klären.

Testosteron-Zwischenprodukt als Signal?
Welche Bestandteile des Urins als Signalstoffe fungieren, ist allerdings unklar, so die Forscher. In einer früheren Arbeit hat Taborsky mit Kollegen aber schon herausgefunden, dass die Fische Zwischenprodukte des Testosteron-Stoffwechsels ausscheiden, wenn sie einen potenziellen Konkurrenten sehen. Möglicherweise sind es also Substanzen, die mit diesem Geschlechtshormon in Verbindung stehen, die den Urin der Fische informativ für andere machen.

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