Vorfall in Sachsen

Bürgerwehr schlägt und fesselt Iraker an Baum

Ausland
02.06.2016 07:35

Seit Mittwoch kursiert ein Video in den sozialen Netzwerken, das für Empörung sorgt. Die Aufnahmen stammen aus einem Lebensmittelgeschäft im sächsischen Arnsdorf und sie zeigen, wie ein Flüchtling aus dem Irak von drei Mitgliedern einer Bürgerwehr geschlagen und aus dem Laden gezerrt wird - vor den Augen geschockter Kunden. Wie mehrere deutsche Medien berichten, wurde der 21-jährige psychisch kranke Iraker später mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt. Zunächst ließ die Polizei die Bürgerwehr-Mitglieder laufen, nun ermittelt sie gegen sie.

Hintergrund des Zwischenfalls soll ein Streit um eine Handywertkarte gewesen sein. Der Iraker hatte laut bild.de Probleme damit und sei mehrere Male in den "Netto"-Markt in Arnsdorf gekommen, wo er eine neue verlangt habe.

Im Video ist zu sehen, wie der 21-Jährige, der in der örtlichen Psychiatrie untergebracht ist, mit einer Verkäuferin diskutiert. "Du hast das vertelefoniert. Du kannst dir eine neue kaufen. Stell die Flasche hin!", hört man die Verkäuferin sagen. Doch der Iraker, der eine Weinflasche in der Hand hält, will sich nicht abwimmeln lassen. Mit der Flasche soll der Mann zuvor mehrere Angestellte und die Filialleiterin bedroht haben.

"Schon schade, dass man eine Bürgerwehr braucht"
Plötzlich tauchen vier Männer im Geschäft auf, entreißen dem Iraker die Flasche, schlagen und zerren ihn aus dem Gebäude. Angestellte und Kunden beobachten den Zwischenfall, ohne einzugreifen. Nur am Ende des Videos hört man eine Frauenstimme: "Ist schon schade, dass man eine Bürgerwehr braucht."

Bis zum Eintreffen der Polizei war der 21-Jährige laut einem Bericht der "Sächsischen Zeitung" an einen Baum gefesselt. Die eintreffenden Beamten sollen die vier Männer bloß weggewiesen haben. Unter ihnen war auch ein örtlicher CDU-Politiker. Mit dem Vorfall konfrontiert meinte Detlef Oelsner, der im Vorjahr auch für den Posten des Bürgermeisters kandidiert hatte, lediglich: "Wir haben Zivilcourage gezeigt und hätten das bei jedem anderen ebenfalls getan. Auch wenn es ein Deutscher gewesen wäre."

Discounter-Kette will Bürgerwehr nicht gerufen haben
Dieser Ansicht sind auch viele, die das Video in rechtsextremen Foren menschenverachtend kommentieren und das Eingreifen der Bürgerwehr loben. Sowohl Kriminalpolizei als auch der Staatsschutz ermitteln derzeit. Laut "Netto" wurden die vier Männer nicht von den Angestellten gerufen. "Das gezeigte Vorgehen im Video widerspricht unseren Unternehmensvorgaben", es werde in keinster Weise gebilligt, erklärte die Discounter-Kette auf Facebook.

"'Netto'-Mitarbeiter wollten helfen"
In einer Stellungnahme gegenüber krone.at bedauerte die Diskonterkette den Vorfall: "Wir distanzieren uns vom Vorwurf, dass die gezeigte Situation mit Fremdenfeindlichkeit unserer Mitarbeiter in Zusammenhang steht. Unsere Mitarbeiter haben dem Kunden helfen wollen. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir unsere Kunden unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder Alter gleich behandeln. Das gezeigte Vorgehen im Video ist nicht Teil unserer Unternehmensvorgaben und wir entschuldigen uns für den Vorfall."

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