Worte statt Taten

Bankrott in Asylfrage: EU tanzt um den heißen Brei

Ausland
17.09.2016 19:09

Nach diesem Gipfeltreffen in Bratislava ist klar: Von der EU in ihrem jetzigen Zustand ist keine wirkliche Lösung des Flüchtlings- und Migrationsproblems zu erwarten. Allen brennt dieses Problem unter den Nägeln, aber die 27 Staats- und Regierungschefs haben nur Worte statt Taten gefunden. Von der groß angekündigten Verstärkung des Schutzes der EU-Außengrenzen sind nur Tropfen auf dem heißen Stein übrig geblieben. Der französisch-deutsche Vorschlag einer EU-Armee zum Schutz der Außengrenzen verläuft vollkommen im Sand.

Das heiße Eisen der Aufteilung von Flüchtlingen ("Quotenzuteilung") wurde in der slowakischen Hauptstadt vorsichtshalber gar nicht diskutiert. Fest steht nur: Der alte Aufteilungsschlüssel der EU-Kommission ist tot.

"Niemandem vorspielen, dass wir eine Einheit sind"
Fazit: Wenn Staaten wie Österreich oder Staatengruppen wie jene entlang der Balkanroute mit der Flüchtlingsfrage fertigwerden wollen, müssen sie untereinander selbst die Initiative ergreifen. Denn alles, was auf den Brüsseler EU-Tisch kommt, wird zwischen dem Hü und Hott der 27 verschiedenen Meinungen zerrieben. Besonders sauer war Italiens Regierungschef Matteo Renzi, der mit dem Flüchtlingsproblem allein gelassen wird: "Wir sollten niemandem vorspielen, dass wir eine Einheit sind", machte er seinem Ärger Luft.

Kommentar von Kurt Seinitz: EU-Tanz um den heißen Brei
Zugegeben: Es war "nur" ein Nachdenk-Gipfel - und kein Entscheidungs-Gipfel. Aber so was an heißer Luft, die dieses Gipfeltreffen der großen Worte produziert hat, ist doch sehr deprimierend.

Was hier die Staatenlenker als "offene Diskussion" verkauft haben, war ein Tanz um den heißen Brei. Die wirklichen Knackpunkte wie Flüchtlingsquoten oder CETA wurden gar nicht erst angepackt. Stattdessen wurde in schon öder EU-Routine eine Liste an Wunschträumen ("Fahrplan von Bratislava") aufgestellt.

Diese Art von Geisterbeschwörung, genannt "Geist von Bratislava", erinnert an den berüchtigten Gipfel von Lissabon 2000, die Geburtsstunde des Lissabon-Vertrags. Damals war großspurig verkündet worden, die EU in zehn Jahren, also 2010, zum erfolgreichsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, in welchem der Wohlstand wie Manna vom Himmel fällt. Das Ergebnis ist bekannt.

Die Gräben des Misstrauens innerhalb der EU sind tiefer denn je - und sie können auch durch noch so viele gemeinsame deutsch-französische Auftritte (Francois Hollande im Schlepptau von Angela Merkel) nicht wettgemacht werden.

Ein jämmerlicher Teufelskreis: Das Versagen der EU-Institutionen infolge ihrer Fehlkonstruktion erzeugt auf nationaler Ebene immer mehr eine Rette-sich-wer-kann-Panik. Doch kein Einzelstaat kann die Probleme alleine lösen.

In diesem Dilemma werden die Menschen mit ihren Ängsten allein gelassen. Das Gefühl der Unsicherheit verleitet zum Ruf nach dem - nur vermeintlichen - starken Mann. Wo ist die Lösung? Wer sie hat, bekommt den Friedensnobelpreis. Bitte melden!

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