"Brauchen Abkommen"

Asyl: Niessl warnt vor Massenlagern an der Grenze

Österreich
17.08.2016 07:21

Der neue Realo-Kurs der SPÖ in Sachen Flüchtlingspolitik kommt bei der Bevölkerung gut an. SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern macht derzeit in Brüssel Druck für die Flüchtlingsnotverordnung, die dafür sorgen würde, dass Asyl nur in Einzelfällen gewährt wird. Klare Zustimmung erntete Kern dafür von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, der allerdings auf ein Rückführungsabkommen mit Ungarn besteht: "Kein Abkommen mit Ungarn bedeutet Massenlager an der Grenze!"

Bundeskanzler Kern hat an der Rolle des Hardliners offenbar Gefallen gefunden. Nach seiner unter einigen EU-Regierungschefkollegen und der Brüsseler Elite umstrittenen scharfen Linie gegen die Türkei macht der SPÖ-Chef jetzt Druck für die Flüchtlingsnotverordnung. Asyl würde dann in Österreich nur noch in besonderen Fällen gewährt werden. Bereits in drei Wochen will der Kanzler im Ministerrat die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.

Vorangegangen war der Weichenstellung ein Treffen im Kanzleramt vor einer Woche. Kern, Kanzleramtsminister Thomas Drozda, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Staatssekretärin Muna Duzdar von der SPÖ besprachen mit Innenminister Wolfgang Sobotka und Justizminister Wolfgang Brandstetter von der ÖVP die Linie in der Flüchtlingsfrage.

Realo-Kurs der SPÖ kommt gut an
In der Bevölkerung kommt Kerns Realo-Kurs jedenfalls außerordentlich gut an, in Umfrageinstituten wird bereits ein Ansteigen der Beliebtheitswerte des Kanzlers registriert. Hingegen herrscht in weiten Teilen der SPÖ nach dem neuen, forschen Ton des Kanzlers eher betretenes Schweigen. Klare Zustimmung erntete Kern allerdings aus seiner Partei postwendend von Burgenlands Landeshauptmann Niessl.

"Bundeskanzler Kern hat meine volle Unterstützung für den Beschluss der Notverordnung im Ministerrat am 6. September", sagte Niessl am Dienstag zur "Krone". Das Burgenland habe im vergangenen Jahr in der Grenzregion mehr als 300.000 Menschen versorgt. "Das war eine absolute Ausnahmesituation", so der Landeshauptmann. Jetzt müsse in der Regierung eine Einigung über die weitere Flüchtlingspolitik getroffen werden.

Niessl warnt vor Massenlagern an der Grenze
Andernfalls könnte das Burgenland als Grenzregion enorme Probleme bekommen. Niessl warnt: "Kein Abkommen mit Ungarn bedeutet Massenlager an der Grenze. Das wollen wir auf keinen Fall." Positiv bewertet Niessl in diesem Zusammenhang das erste Treffen zwischen Kanzler Kern und Ungarns Premier Viktor Orban Ende Juli in Budapest. "Die Notverordnung kann nur dann wirkungsvoll sein, wenn Österreich mit den ungarischen Nachbarn an einem Strang zieht", drängt der einflussreiche SPÖ-Politiker auf eine Fortsetzung der Gespräche.

Anfang September ist wieder ein Treffen von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Innenminister Wolfgang Sobotka mit ihren ungarischen Amtskollegen in Wien geplant. Vor der für 2. Oktober in Ungarn angesetzten Volksabstimmung gegen die EU-Flüchtlingsquote ist jedoch nicht zu erwarten, dass es zu einer Einigung mit der Regierung in Budapest kommen kann. Und die Stimmung bei unseren Nachbarn wird durch Plakataktionen noch angeheizt. Unter der Frage "Wussten Sie?" wird etwa plakatiert: "Seit Beginn der Migrationskrise stieg die Belästigung von Frauen in Europa sprunghaft an."

Mit Scanmobil gegen Schlepper
Das Flüchtlingsdrama mit 71 Toten auf der Ostautobahn (A4) am 27. August 2015 hat für die burgenländische Polizei übrigens einige Änderungen im Dienst zur Folge gehabt: Im April wurde mit dem Grenzmanagement eine Hauptmaßnahme als Folge des Dramas umgesetzt. Seit etwa sechs Wochen wird außerdem ein spezielles Kontrollfahrzeug, ein sogenanntes Scanmobil, in Nickelsdorf eingesetzt.

Noch heute, ein Jahr nach dem Fund der 71 toten Flüchtlinge in dem Kühl-Laster, beschäftigt die Exekutive das Geschehene. Um einen 27. August 2015 nicht noch einmal zu erleben, hat man mehrere Maßnahmen ergriffen. "Ab diesem Tag wurden besonders im Bereich Neusiedl am See Verkehrsschwerpunkte durchgeführt. Das war die erste Auswirkung, die wir hatten", erinnert sich Polizeisprecherin Daniela Landauer im Gespräch. Wenige Tage später begann der große Flüchtlingszustrom, der abermals Änderungen mit sich brachte.

Video: Vorbereitungen für neuen Grenzzaun in Nickelsdorf

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