"Krone"-Rezension

The xx: Rückkehr zur musikalischen Gemeinsamkeit

Musik
13.01.2017 11:53

Mit nur zwei Alben und mystisch-introvertierten Live-Shows mutierten die Indie-Electropopper The xx innerhalb kurzer Zeit zum akustische Vorzeigeexport aus Brexitannien. Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith mussten sich nach dem kometenhaften Aufstieg in den letzten Jahren aber erst einmal selbst finden, um weiter relevant zu bleiben. Das neue Album "I See You" beweist: die Erfolgsgeschichte ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.

(Bild: kmm)

Als die britischen Indie-Popper The xx 2009 mit ihrem Debütalbum "xx" auf Platz drei der britischen Albumcharts vorstießen, hatten die Hipster dieser Welt ein neues musikalisches Sprachrohr gefunden. Verträumte Klanglandschaften trafen auf elegische Elektronikversatzelemente, die Stimmen von Romy Madley Croft und Oliver Sim duellierten sich sanft und unaufgeregt mit den Beat-Stafetten von Jamie Smith und der vertonte Minimalismus beherrschte das Vorgehen. Die Kompositionen beschränkten sich auf das Wesentliche und die introvertierte Bühnen-Umsetzung entwickelte sich zum Vater Unser für die Generation Tinder. Drei junge Menschen erreichten eine Bekanntheitssphäre, die ihnen eigentlich zutiefst zuwider war.

Spaltung im Fanlager
Drei Jahre später folgte mit "Coexist" der endgültige Durchbruch in der alternativen Musikwelt. Das Album war noch in sich gekehrter, wirkte an manchen Stellen fast schon provokant aufmüpfig und schaffte es perfekt, menschliche Verschlossenheit mit klanglicher Öffnung zu verbinden. Der Lohn dafür waren unzählige Gold-Auszeichnungen und hohe Chart-Platzierungen rund um den Globus. Das Londoner Trio brachte Club-Musik auf immer größere Bühnen in immer größeren Hallen und wollte im Prinzip nur denselben Grad an Verständnis haben, den ihre Hörer aus ihren verträumten Kompositionen zogen. Doch "Coexist" war Segen und Fluch zugleich, schließlich spaltete es mit der inwendigen Auffassung von Electro-Pop sogar im eigenen Fan-Lager.

Nach mehr als vier Jahren Wartezeit war es nun Zeit, aus der Selbstisolation auszubrechen und sich mit sich selbst und allen anderen zu versöhnen. "I See You" ist das Ergebnis gereifter Endzwanziger, die sich aus den Fesseln aller Zweifel befreien und in knackig-kurzen Dance-Kapiteln zum fröhlichen Eskapismus laden. Das Album wurde in fünf verschiedenen Städten aufgenommen, Freunde und Familie waren dezidiert eingeladen, bei der Produktion vorbeizuschauen und die drei temporären Einzelgänger verwandelten sich wieder in eine kreative Bande. Davor zog Romy zeitweise nach L.A., Oliver war das globale Gesicht einer Kampagne von Dior und Soundtüftler Jamie Smith revolutionierte 2015 mit seinem Solo-Album "In Colour" die elektronische Musikwelt.

Allgemeiner Nerd-Konsens
Flügge geworden, fanden sich die drei nun rechtzeitig wieder zusammen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und eines der rar gewordenen, kommerziell erfolgreichen Musikmärchen der "Generation Social Media" wieder auf Schiene zu bringen. Schon die vorab ausgekoppelte, an The Human League mahnende Single "On Hold" bewies, dass The xx wieder nach einem nachhaltigen Konsens streben. Dazwischen bereiten die Briten einen bunten Teppich schwelgerischer Melodik auf, in die man sich freudig fallen lassen kann, ohne nach einem Sicherheitsnetz zu japsen. "I Dare You", das mit einem Sample versetzte "Lips" oder der eher kühle Closer "Test Me" decken die breite Palette an The xx-Emotionen ab und lassen uns teilhaben, an einer wiedergewonnenen, dicken Freundschaft dreier Nerds, die plötzlich Allgemeinkonsens wurde.

Live zu sehen sind The xx am 23. Februar im Wiener Marx Project. Alle Infos und Karten gibt es auf der HOMEPAGE der Künstler.

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