"Krone"-Interview

The Dead Daisies holen Classic Rock aus dem Koma

Musik
11.06.2015 15:36
In den 80er-Jahren war der Classic Rock eine Zeit lang das populärste Musikgenre des Planeten, in den USA erfreut sich das gitarrenlastige Treiben bis heute großer Beliebtheit. Nach wie vor liegt es aber an den "alten Hasen", wenn es darum geht, eine nur offensichtlich angestaubte Musikrichtung wieder zu modernisieren. The Dead Daisies sind mit ihrem neuen Album "Revolución" ein gutes Beispiel dafür.
(Bild: kmm)

Der Terminus "Supergroup" wird gemeinhin nicht immer positiv wahrgenommen. Beim US-Kollektiv The Dead Daisies ist mit der Zunge schnalzen aber durchaus erlaubt, denn nicht nur die Namen hinter dem Projekt sind großartig, auch die musikalische Leistung kann sich sehen lassen. Gitarrist Richard Fortus (Guns N' Roses), Keybarder Dizzy Reed (Guns N' Roses), Bassist Marco Mendoza (ex-Thin Lizzy) und Gitarrist David Lowy haben sich unlängst mit dem ehemaligen Mötley-Crüe-Sänger John Corabi verstärkt, um dem hedonistischen Arena-Rock wieder neues Leben einzuhauchen.

Einen ersten Vorgeschmack lieferte die Band mit den wechselnden Drummern bereits im Wiener Hard Rock Cafe und beim "Rock In Vienna", mit Whitesnake präsentiert die All-Star-Band das neue Album "Revolución" im Herbst noch einmal im Wiener Gasometer. Das Album wurde übrigens in Kuba eingespielt - aufgrund des langjährigen Embargos gegen die USA alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Wie es dazu kam, welche hochtrabenden Pläne The Dead Daisies verfolgen und dass es in einer Band mit haufenweise Top-Stars auch mal schwierig werden kann, all das erzählten uns Corabi und Mendoza am Rande des "Rock In Vienna" bei einem gemütlichen Backstage-Plausch.

"Krone": John, Marco – nach eurem intimen Gig im Hard Rock Cafe Vienna war euer Auftritt beim "Rock In Vienna" eure Österreich-Premiere. Mögt ihr es, auf Festivals zu spielen?
John Corabi: Ganz ehrlich ist mir das völlig egal, wo ich spiele. Festivals, Theatersäle, Arenen – das macht keinen Unterschied für mich. Wir sind gesegnet, dass wir die Welt bereisen und überall Musik machen dürfen.
Marco Mendoza: Du lernst mit jedem Auftritt dazu, vor allem in einer relativ neuen Band wie den Dead Daisies ist das natürlich großartig. Das Ziel ist natürlich vor so vielen Leuten wie möglich zu spielen, um unser neues Album "Revolución" breitflächig bekannt zu machen. Wir wollen uns natürlich eine Fanbase erarbeiten, aber die Musik spricht für sich selbst und es fügt sich ohnehin alles von selbst. Das Hard Rock Cafe war überfüllt mit Menschen, das war großartig.
Corabi: Außerdem konnten wir gratis essen, das ist sowieso nie verkehrt. (lacht)

"Krone": Ihr seid euren Fans auch unheimlich nahe, posiert gerne für Fotos und schreibt Autogramme. Viele Rockstars bilden ja gerne eine Mauer zwischen sich und den Fans.
Corabi: In den USA spiele ich auch noch mit meiner Soloband und ich sage meinen Jungs immer, dass wir uns nach der Show an die Bar setzen, um etwas zu trinken und mit den Fans zu kommunizieren. Ich sitze da, entspanne mich und jeder kann von mir Unterschriften und Fotos haben – kein Problem! Ich mag das wirklich. Beim Auftritt im Hard Rock Cafe traf ich Freunde aus Rom und ging mit ihnen raus, um eine zu rauchen. Dann kamen Leute daher und wollten Fotos und der Besitzer wurde schon nervös, dass vielleicht zu viele Leute bei mir wären. Aber das ist okay, das sind unsere Fans. Mir macht das nichts.
Mendoza: Das ist Teil des Business und ist doch toll. Da haben sich Freundschaften daraus gebildet und es ist schön, wenn dir Fans sagen, dass sie deine Musik mögen. Meine Persönlichkeit ist ohnehin darauf ausgelegt, dass mich gerne mit Leuten unterhalte und ihnen auch zuhöre.
Corabi: Aber man kann auch mal gehen. Wenn ich mal genug habe, dann gehe ich einfach und setze mich in eine Ecke. Das muss man auch verstehen, so geht es ja jedem Menschen.
Mendoza: Ich kann aber auch die andere Seite verstehen. Ich habe viele Freunde im Rock-Business und das ständige Dasein für die Fans raubt dir auf Dauer natürlich auch Energie. Eine Mauer zwischen Fans und Band kann auch cool sein, weil es die ganze Sache in gewisser Weise einfach mysteriös und geheimnisvoll macht. Aber wir haben jetzt auch nicht den großen Rockstar-Status, um uns verkriechen zu können. Im Endeffekt macht es so einfach Spaß und wir können unsere Alben damit auch promoten.

"Krone": John, du bist das neueste Mitglied der Dead Daisies und schon so etwas wie der Gruppensprecher. Wie kam es dazu?
Corabi: Seit ca. vier Monaten, das stimmt. Oder noch weniger. Anfang März stieß ich wohl dazu, bevor wir nach Australien flogen, um das Album zu produzieren. Ich weiß auch nicht, wie es zu dieser Gruppensprecherrolle kam.
Mendoza: Er ist einfach ein Typ zum Plaudern. Trifft gerne Leute, labert viel, es war offensichtlich, dass er diese Rolle übernimmt. Die anderen brauchen mehr Freiraum als er, das passt schon sehr gut.

"Krone": Alle Mitglieder der Dead Daisies sind sehr bekannt aus verschiedensten Bands. Ist es mit so vielen talentierten Leuten einfacher, Musik zu schreiben?
Corabi: Dieses Album war wirklich einfach zu machen. Es ist oft verrückt, dass etwas total Simples einen Song komplett verändern und verbessern kann. Ich hatte teilweise Melodien im Kopf, die ich sang und die wirklich gut klangen. Dann kam plötzlich Marco ins Spiel, baute eine Harmonie ein und wir waren wie weggeblasen vom Ergebnis. So leicht war das. Alle hatten Ideen und wir warfen alles zusammen.
Mendoza: Am Härtesten war wirklich zu entscheiden, welche Songs wir jetzt aufnehmen würden, weil wir so viele hatten. Manchmal öffnest du die Tür der Kreativität und wirst förmlich erschlagen vom Feedback.

"Krone": Einerseits habt ihr alle großartige Fähigkeiten, andererseits gilt es natürlich auch, fünf große Egos zusammenzubringen. Ist das immer so einfach?
Corabi: Wir alle sind schon so lange in dem Business, dass wir gewisse Dinge mittlerweile einfach klar sagen können, ohne wie Arschlöcher zu klingen. Marco kann mir auch sagen, was Sache ist, ohne dass ich das zu persönlich nehme. Am Ende geht es darum, dass wir die besten Songs für die Band erschaffen.
Mendoza: Aber du hast schon Recht, wir alle wollen natürlich auch unsere Ideen durchboxen und da kann es schon mal zu Diskussionen kommen. Das ist aber Teil des Jobs, man lernt auch, miteinander umzugehen. Als Bassist ist es mir auch wichtig, mit meinem Instrument den Song bestmöglich zu unterstützen. Ich lass mich aber auch gerne zu etwas überreden, wenn die jeweilige Idee besser ist. Obwohl wir die Sache aus fünf verschiedenen Perspektiven sehen, war es bei "Revolución" wirklich einfach, zusammenzuarbeiten.
Corabi: Wir haben 16 Songs in 32 Tagen geschrieben und aufgenommen. Das ist eine Menge. Gemixt, gemastered und auch das Artwork gemacht - alles fiel in diese Zeit.

"Krone": Das meiste Material habt ihr in Kuba geschrieben, wo ihr nach Dekaden die erste amerikanische Band wart, die dort spielte. Wie kam es dazu?
Corabi: Ich kannte unseren Manager David Edwards und er hat glaube ich gut ein Jahr an dieser Konstellation gearbeitet. Ich kam erst ins Spiel, als das Ganze schon passierte.
Mendoza: Die Idee hinter den Dead Daisies ist es auch an Orte zu kommen, wo sonst noch niemand vorher war. Ich könnte dir eine Liste von gut 30 Ländern und Märkten geben, in denen ich gerne spielen würde, aber mit Kuba hat sich das durch eine Stiftung ergeben. David hat mit Rolling-Stones-Bassist Darryl Jones gesprochen und das war der ausschlaggebende Punkt für unsere Grundidee. Die Stones haben wirklich fast jeden Winkel auf diesem Planeten abgegrast und eigentlich sogar schon andere Planeten bespielt – wenn du verstehst, was ich meine. Nachdem das Embargo auf Kuba aufgehoben wurde, fanden wir die Idee dort zu spielen wirklich cool. Er hat uns also den Weg bereitet und unser Manager David hat sich dann reingehauen. Wir wurden dann auch eingeladen und das war eine wirklich starke Erfahrung.

"Krone": Ihr habt dort auch mit einer Menge lokaler Musiker gespielt – war das eine wichtige Inspiration für euer aktuelles Album?
Mendoza: Das Kollektiv war einfach sensationell und wir hatten nur zwei Tage miteinander geprobt.
Corabi: Ich persönlich habe gar nie mit ihnen zusammengespielt und habe die Texte erst nachgesungen.
Mendoza: Das ist aber als Kompliment für John zu verstehen! Er kam in eine völlig neue Situation, fügte sich perfekt ein und meisterte seinen Teil der Arbeit bravourös. Manchmal war das schon sehr schwierig, aber er hat das hervorragend gemacht. Für ihn war das wie eine Art Hausaufgabe, auch um die Konzerte gut zu spielen. Wir wussten aber, dass er das kann und er hat es bewiesen. Außerdem liebe ich ihn, er hat so einen schönen Mund. (lacht)

"Krone": Wenn ihr schon so viele Songs geschrieben habt, wird es da schon bald einen Nachfolger für "Revolución" geben?
Corabi: Ob es für ein Album reicht, weiß ich nicht, aber drei, vier Songs haben wir schon noch in petto. Wenn wir uns auf ein weiteres Album konzentrieren, dann werde ich mal schauen, ob sie den "Test Of Time" bestanden haben und noch immer gut genug sind, um vielleicht darauf zu landen.
Mendoza: Seit John bei uns ist, ist der kreative Prozess gewaltig gestiegen – die Flagge der Dead Daisies weht so kräftig wie nie zuvor. Die Idee eines weiteren Albums geistert natürlich in unseren Köpfen herum, wir wissen nur noch nicht genau wann und wie. Zuerst wollen wir aber einmal so oft wie möglich mit "Revolución" live spielen und möglichst viele Menschen damit abholen. Ich bin mir aber sicher, dass die Arbeiten zu einem weiteren Album noch einfacher und vor allem noch witziger werden.

"Krone": In welchem Land werdet ihr beim nächsten Mal tätig sein?
Mendoza: Keine Ahnung, vielleicht auf den Fidschi-Inseln. (lacht)
Corabi: Wir haben noch nie irgendwas geplant. (lacht) Außer die jetzige Tour mit KISS und unser Manager meinte, wir bräuchten ein neues Album, bevor wir auf Tour gehen würden. Wir hatten also von Anfang an nur ein kleines Aufnahmefenster. Das nächste Mal werden wir aber viel mehr Zeit haben und die Songs noch genauer entwickeln können.
Mendoza: Das ist Ding des Managements. Wir sind Künstler und oft ziemlich zerstreut, wenn es um Entscheidungsfindung geht.
Corabi: Die Idee mit Australien war großartig. So etwas ähnliches habe ich schon damals mit Mötley Crüe gemacht. Wir haben nicht in L.A. aufgenommen, sondern sind dafür nach Vancouver gefahren. Zuhause kommen immer all deine Freunde vorbei und bringen alles zum Stillstand.
Mendoza: Im Ausland bist du viel fokussierter und wir hängen da auch zusammen wie eine Familie. Haben Frühstück, essen zusammen und schlafen zusammen, aber das ist eine andere Geschichte. (lacht)

"Krone": Wie wäre es mit den österreichischen Alpen aus Aufnahmeort?
Mendoza: Warum nicht. Oder Velden – ich liebe Velden. Dort gibt es ja das "Bluesiana". Gudrun Kofler, die Chefin, kennen wir recht gut. Die gute Gundi. (lacht)

"Krone": John, deine ex-Band Mötley Crüe befindet sich gerade auf großer Abschiedstour. Glaubst du nicht, dass sie dich für einen Abschiedsgig auf die Bühne wünschen werden?
Corabi: Nein. Ich werde auch keine Show besuchen. Ich habe keine Probleme mit ihnen, aber im Internet scheint Nikki Sixx aus irgendwelchen Gründen nicht mit mir zu können und geht hart mit mir um. Ich habe keine Ahnung warum. Somit wird das nicht passieren.
Mendoza: Hart kann auch gut sein.
Corabi: Nein, hart ist nur gut, wenn es in einer Frau steckt, aber nicht, wenn es sich um Internetgerüchte handelt. (lacht)

Wer den Auftritt der Dead Daisies verpasst hat, kann das am 19. November im Wiener Gasometer nachholen, wo sie als Vorband der 80er-Rock-Legenden Whitesnake am Start sein werden. Karten erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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