"Krone"-Interview

The Corrs: Ein Comeback mit Knalleffekt

Musik
19.07.2016 13:53

Etwa zehn Jahre lang war das irische Geschwisterquartett The Corrs aus den europäischen Hitparaden nicht wegzudenken - Songs wie "Breathless" oder "Dreams" haben sich zu dauerhaften Ohrwürmern entwickelt. Ohne besonderen Hintergrund und ohne Ansage zerstreuten sich Andrea, Caroline, Shannon und Jim dann in alle Winde. Acht Kinder und zahlreiche Soloalben später gab es heuer mit "White Lights" das große Comeback samt gefeiertem Wien-Konzert in der Stadthalle F. Wir haben mit den vier Vollblutmusikern über die Beweggründe für die Rückkehr und das Phänomen "The Corrs" und die Magie der Musik gesprochen.

(Bild: kmm)

"Krone": Nach zehn Jahren der Abwesenheit seid ihr mit vielen Liveshows und dem Studioalbum "White Light" wieder ins Rampenlicht zurückgekehrt. Wie fühlt ihr euch jetzt, nachdem ihr wieder die ersten Erfahrungen gesammelt habt?
Caroline Corr: Das Wort Comeback klingt für uns immer noch sehr eigenartig, denn für uns war es eher eine lange Pause. Wir haben natürlich lange nicht gespielt, aber niemals offen gesagt, dass wir jetzt aufhören. Wir sind glücklich darüber, dass wir noch ein Album machen durften und die Leute uns wieder annehmen. Die Plattenfirma war sofort wieder an Bord, als sie unser Material hörte, was natürlich großartig war. Wir waren uns wirklich nicht sicher, ob das heute noch alles so funktionieren würde.

"Krone": Was war denn eigentlich der Grund, dass ihr nach der langen Pause wieder angefangen habt, gemeinsam zu musizieren?
Shannon Corr: Caroline war ausschlaggebend dafür, sie hat uns alle dazu motiviert. Sie hatte schon länger diese Idee und dann war einmal der richtige Zeitpunkt für uns alle da. Innerhalb der letzten zehn Jahre sind acht Kinder in die große Familie gerückt, so einfach war das also nicht zu koordinieren. (lacht) Wir hatten dann wieder Lust und haben uns überhaupt keinen Druck auferlegt. Es sollte für die Menschen nie den Geruch eines "Comebacks" haben, nur weil wir aus irgendeinem Grund unbedingt wieder zurück müssen. So war es nie und so sollte es auch nicht wirken. Anfangs haben wir nicht einmal der Plattenfirma davon erzählt und alles unter dem Radar gemacht. Wichtig war uns, dass wir Freude an der Musik und an uns haben, das wir etwas Schönes kreieren können. Jeder hat kleine Songstücke geschrieben und schon nach den ersten Tagen hatten wir mit "Strange Romance" eine wunderschöne Nummer fertiggestellt. Wir haben unter uns einen unausgesprochenen Deal gemacht und die Magie hat sich dann wie von selbst eingestellt. Dafür, dass wir keine Pläne hatten, sind wir ziemlich weit gekommen und bislang lief alles fantastisch. (lacht)

"Krone": In den letzten zehn Jahren hat sich das Musikgeschäft fundamental verändert. Heute wird gestreamt und gedownloadet und in den Charts sind meist keine handgefertigten Songs, sondern beat- und basslastige Stücke an der Spitze. Fühlt ihr euch da in gewisser Weise etwas fehl am Platz?
Andrea Corr: Eigentlich waren wir immer schon fehl am Platz. (lacht) Als wir rauskamen, war der Grunge gerade populär, dann Brit Pop und Alternative Rock - da haben wir ohnehin nirgendwo reingepasst. Wir waren immer ehrlich zu uns selbst und nur so kann es funktionieren. Ohne Ehrlichkeit wirst du keinen Erfolg haben und die Leute werden dich nicht mögen. Das war auch bei "White Light" so. Klar, das Business hat sich gewaltig verändert. Alleine schon deshalb, dass kaum noch jemand Geld für Musik bezahlt, das ist in relativ kurzer Zeit wirklich massiv anders geworden. Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir in einer Zeit musizierten, als die meisten Menschen noch Geld für die Musik ausgegeben haben, die ihnen gefiel. So teuer war es eigentlich nie, seien wir uns ehrlich. Am Wichtigsten sind aber immer noch die Ehrlichkeit und die Fähigkeit, einen guten Song zu schreiben - das blieb unverändert. Ich denke, wir waren und sind immer noch fehl am Platz und gerade deshalb funktioniert es.

"Krone": Mit eurer Diskografie wäre es locker möglich gewesen, ohne neues Album durch die Hallen Europas zu ziehen, ihr habt euch aber anders entschieden. Ist es noch zeitgemäß, ein Album aufzunehmen und dachtet ihr auch mal daran, nur mit den großen Klassikern zu touren?
Jim Corr: Wir haben innerhalb der letzten Jahre einige Best-Ofs mit diversem neuen Material veröffentlicht, aber unser Fokus lag schon darauf, wieder mal ein richtiges Album zu machen.
Andrea Corr: Es war niemals ein Masterplan dahinter, wir haben einfach an Songs geschrieben und plötzlich waren genug für ein Album vorhanden. Wir sind selbst überrascht, dass wir jetzt Interviews geben, vor vielen Menschen auf die Bühne gehen und dabei "White Light" präsentieren. (lacht) Als Musiker suchst du doch immer nach etwas Neuem, du willst dich nicht dauernd wiederholen. Wir wollen uns selbst herausfordern und werden diesen Weg jetzt auch weitergehen.

"Krone": Das Album kam nicht nur bei euren Fans sehr gut an - hattet ihr nach der langen Abwesenheit vielleicht auch kurz Angst, dass es mit "White Light" nicht so gut funktionieren könnte?
Shannon Corr: Du machst dir immer Gedanken darüber, was die Leute darüber denken und wie sie es aufnehmen. Die Fans waren von Anfang an happy mit dem Album, aber es ist auch ein Corrs-Album. Es heißt nicht, dass wir uns in der Zukunft nicht verändern könnten, aber im Prinzip haben wir unsere Schiene ohnehin schon vor vielen Jahren gefunden. Kritik wird es immer geben und damit muss jeder zurechtkommen - es gibt kein perfektes Album für alle. Wir sind älter und reifer geworden und mittlerweile muss es uns passen. Wir achten nicht mehr so darauf, dass es allen anderen gefallen muss. Gefällt es den Leuten, dann ist das toll. Wenn nicht, dann können wir auch nichts machen. Diese Verantwortung, dass man es jedem Recht machen muss, die kann niemand schultern.

"Krone": Im September 2015 gab es im Londoner Hyde Park vor rund 60.000 Menschen eure bombastische Comeback-Show. Habt ihr schon auf der Bühne gespürt, dass die geschwisterliche Magie wieder zurückgekehrt ist?
Shannon Corr: Wirklich alles daran war einfach entzückend. Dass wir beim ersten Gig nach langer Zeit vor 60.000 Leuten spielen, war ein phänomenaler Erfolg für uns. Auch dass uns BBC Radio so unterstützt hat, war so nicht zu erwarten. Das Tollste an der ganzen Sache war ja, dass unsere Kinder uns einmal von einer ganz neuen Seite sehen konnten. Sie sahen, dass wir Musiker und Singer/Songwriter sind - eben unsere Profession ausleben. Wie viele Kinder sehen ihre Mutter, wenn sie mit dem Schlagzeug rockt? (lacht) Unsere Kids sahen auch, wie 60.000 Menschen mit uns gemeinsam "Runaway" sangen und dieses Erlebnis kann ich noch heute gar nicht in Worte fassen. In diesem Moment haben wir wirklich gespürt, wie dieser Song die Menschen berührt und was er in ihnen auslöst. Wenn ein Song so geliebt wird, dann ist er immer da, er bleibt für die Ewigkeit. Trotz all der Beats und elektronischen Hits, die du vorher angesprochen hast - ein großer Song bleibt ein großer Song, und das für immer. Vor diesem Auftritt hatten wir Schmetterlinge im Bauch. Zu sagen, wir wären etwas nervös gewesen wäre die absolute Untertreibung. (lacht) Dann entstand daraus pure Magie und auch die Plattenfirma war absolut sprachlos. Da wussten wir, dass alles gut wird.
Andrea Corr: Es gibt einige Momente in unserer Karriere, die so besonders und wunderbar waren, dass man sie nicht mehr wiederholen kann. Diese Hyde-Park-Show gehört definitiv dazu.

"Krone": Einige von euch haben andere Projekte gemacht oder sich solo entfaltet - das ganz große Rampenlicht gibt's natürlich nur dann, wenn ihr alle zusammen als die Corrs auftretet. Habt ihr es die letzten Jahre vermisst?
Caroline Corr: Das kommt immer darauf an. Niemand von uns hatte Lust, etwas zu machen, was nach den Corrs klingt. Jeder von uns hat seine eigene Reise angetreten und sich selbst individuell versucht. Mir hat es zum Beispiel geholfen, mehr Sicherheit und Selbstvertrauen auf der Bühne zu kriegen und es war toll, auch einmal mit anderen Menschen zu arbeiten. Du kannst all das aber nicht mit den Corrs vergleichen. Eigentlich kannst du gar nichts mit den Corrs vergleichen. (lacht) Die Corrs sind ein weltweites Phänomen, wenn du weißt, was ich meine. Es gibt auch eine wunderbare Beziehung zwischen den Soloarbeiten und einem Corrs-Album, es steckt überall machen und dadurch mit unseren Fans auf Konzerten in einen Dialog zu treten.

"Krone": Wir alle wissen, dass es nicht immer sehr einfach unter Geschwistern ist. Wie hat sich das bei euch die letzten Jahre über entwickelt? Seid ihr untereinander ruhiger und friedvoller geworden oder war ohnehin schon immer alles sehr entspannt?
Andrea Corr: Wir hassen uns noch immer. (lacht) Wir wissen wirklich zu schätzen, dass wir alles so gut miteinander machen können. Da wir uns seit jeher schon viele Freiräume ließen und auch individuell unterwegs sind, hat uns immer wieder ins Bewusstsein gerufen, was wir an uns haben und wie gut unsere künstlerische Beziehung funktioniert. Es ist gut zu wissen, dass wir alle zusammenhalten und jeder für sich die beste Arbeit für die Band erledigt und alles zusammen gut klappt. Wir sind eine große Familie mit einer langen gemeinsamen Geschichte und nur wir kennen unsere Reise. Wir kennen alle Aufs und Abs und wissen, wie glücklich wir uns schätzen können, dass wir uns wirklich nahestehen. Wir respektieren uns gegenseitig, das war nicht immer so, aber heute ist das definitiv so. Jeder hat sein eigenes Leben und seine eigene Meinung und damit können wir untereinander sehr gut umgehen. Es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Beziehung nach all den Jahren noch so gut ist, dessen sind wir uns auf jeden Fall bewusst. (lacht)

"Krone": Könntet ihr euch eigentlich vorstellen, die Corrs-Familie in absehbarer Zukunft durch eure eigenen Kinder zu erweitern?
Andrea Corr: Das ist eine Frage für meine Tochter. (lacht) Ich glaube jede singende Mutter hat einen bestimmten Einfluss auf ihr Kind, das kann gar nicht anders sein. Derzeit plant sie aber wohl noch nicht so viel. Als guter Elternteil lässt du deine Kinder selbst herausfinden, was richtig für sie ist. Das muss nicht immer das Richtige für uns sein, aber man muss so viel Toleranz haben.
Shannon Corr: Beide unserer Eltern waren Musiker und da kam die Magie dieser Kunst automatisch auf uns über. Jedes Kind muss einfach die Passion finden, die ihm innewohnt. Es gibt viele gute Musiker, die das Talent hätten, aber nicht die Lust dazu und umgekehrt. Man weiß nie, was passiert, aber wir würden sie nie irgendwohin drängen. Talente sind gegeben, die kann man sich nicht immer erarbeiten.

"Krone": Könnt ihr euch eigentlich noch mit den Riesenhits der 90er identifizieren, nachdem das doch eine völlig andere Ära war?
Caroline Corr: Das ist ganz interessant, denn natürlich gibt es Momente wo du dir denkst, dieses große Drama der gebrochenen Herzen aus den jungen Tagen verstehst du nicht mehr, aber andererseits ist das auch ein Teil deines Lebens und wird es immer sein. Viel hängt auch mit dem Publikum zusammen. Wenn sie mitsingen und die Energie mit uns gemeinsam tragen, dann verstehe ich sofort wieder, warum ich diesen oder jenen Song geschrieben habe.

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